Faulspiel (German Edition)
Sie vielleicht der Herrgott, der die Fußballweisheit mit Löffeln gefressen hat? Sie wollen mir Ratschläge geben? Ich weiß zu gut, wie das Gefühl ist, wenn die Karriere auf einmal abrupt zu Ende ist. Ich habe das alles schon erlebt und hinter mir. Vielleicht wäre es besser gewesen, Kaiser spielen zu lassen, vielleicht hätten wir mit ihm auch den Titel gewonnen. Aber stellen Sie sich vor, er hätte sich noch mehr verletzt, als er sowieso schon war und er hätte deswegen diese Europameisterschaft nicht spielen können, oder im schlimmsten Fall wäre es ihm so ergangen wie mir, was hätten Sie dann gesagt?“
„Dieses Risiko, sich zu verletzen, geht jeder Leistungssportler ein. Und jeder ist sich darüber im Klaren, dass deshalb die Karriere morgen zu Ende sein kann. Doch Sinn des Spieles ist, am Ende den Pokal und damit den Triumph in Händen zu halten, auch wenn man sich dabei verletzt. Und jetzt gehen Sie mir besser aus den Augen!“
Wutschnaubend stand Kerstner auf und stürmte aus der Hotelhalle. Am Ausgang begegnete ihm Max Kaiser, den er bald über den Haufen gerannt hätte.
„Hallo, Trainer, wohin so eilig? Sie sehen aus, als wäre der Leibhaftige hinter Ihnen her.“
„Ah, Max, gut dass ich dich treffe, wir müssen uns unbedingt nochmals unterhalten. Es geht um deine Vertragsverlängerung. Ich kann dir einiges erklären und bin von der Vereinsführung bevollmächtigt, dir ein noch besseres Angebot zu machen.“
Max sah ihn belustigt an.
„Ich hatte Ihnen meine Entscheidung bereits mitgeteilt und ich glaube, im Moment werde ich daran auch nichts ändern. Zunächst einmal läuft mein Vertrag noch eine Saison, wenn ich nicht die Option der Ausstiegsklausel ziehe. Außerdemsteht mir zur Zeit der Kopf nicht nach Vertragsverhandlungen. Ich möchte jetzt erst einmal eine erfolgreiche Europameisterschaft spielen, und dann sehen wir weiter! Ansonsten können Sie ja in der Zwischenzeit Ihr Angebot meinem Management unterbreiten!“
Max ließ Kerstner einfach stehen und ging mit den anderen zurück ins Hotel.
Seitenlange Informationen flimmerten über den Bildschirm:
Vladimir Bako, geboren am 16.02.1977 in Skopje, Jugoslawien,
1994 bis 1996 Mitglied der UCK im Kosovo, 1996 politisches
Asyl in Kaiserslautern beantragt, etliche Vorstrafen wegen
Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitzes,
Verstoß gegen das Kriegswaffen Kontrollgesetz, Mordanklage
1998, wurde mangels Beweisen freigesprochen.
Nicht bewiesene enge Kontakte zur russischen Mafia und
zur Ndrangheta.
Vermutlich Drogenhändler im großen Stil.
Nicht eindeutig nachgewiesene Kontakte zu kolumbianischen
Drogenkartellen.
Heiratete 1996 eine deutsche Frau.
Erhielt damit eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung.
2000 Antrag auf deutsche Staatsbürgerschaft, abgelehnt
.
Hans Wolf überflog nachdenklich die Informationen, die ihm die Datei über Vladimir Bako alias Igor gab.
Die Auskünfte, die er über so genannte Bürgerkriegsflüchtlinge, vor allen Dingen aus den ehemaligen Bürgerkriegsländern in Osteuropa erhielt, glichen sich immer öfter. In vielen Fällen hatte er es mit Leuten zu tun, die unter dem Vorwand der politischen oder religiösen Verfolgung in Deutschland Asyl beantragten. Die Bundesrepublik war für die ,Flüchtlinge‘in fast jeder Hinsicht ein Schlaraffenland. Sie machten sich das deutsche Sozialsystem zu Nutze, viele wurden früher oder später straffällig und hatten nach kurzer Zeit ein ellenlanges Vorstrafenregister. Scheinehen wurden geschlossen, um damit einer drohenden Ausweisung zu entgehen.
In den meisten Fällen hatte er es mit Kleinkriminellen zu tun, die sich durch Diebstähle, Einbrüche oder kleinere Drogendelikte über Wasser hielten. Aber immer öfter gingen ihm richtig ,dicke Fische‘ ins Netz. Das waren Verbrecher, die für mafiose Organisationen arbeiteten und vor keinem Kapitalverbrechen zurückschreckten. Diese Typen hatten absolut keine Hemmschwelle mehr, selbst ein Menschenleben bedeutete für sie kaum etwas.
Schien ja ein schlimmer Finger zu sein, dachte er. Er hatte im Zusammenhang mit den Informationen, die ihm Marcel Runge gegeben hatte, und nach der Auswertung des Notizbuchs schon etwas klarer gesehen.
Dieser Bako schien der Mittelsmann für die ganz dicken Fische zu sein. Vermutlich war er indirekt der Mann für das Grobe. Derjenige, der den Dreck wegräumte und den Weg bereitete für die kriminellen Machenschaften seiner Auftraggeber. Aber auch einer, der auf eigene Rechnung
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