Faunblut
dann ließen sie einander los. Jakub verbeugte sich, und auch Jade sank in den Knicks, den sie noch am Nachmittag mit Jakub geübt hatte. Inmitten ihrer Eskorte von Lords rauschte die Herrscherin an ihnen vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Als Jade den Kopf demütig senkte, entdeckte sie, dass die Lady sogar schwarze Handschuhe trug. Kein Stückchen Haut schimmerte durch die Gewänder. Die schwarze Hand zuckte nach oben und die Eskorte blieb auf der Stelle stehen.
»Erhebt euch«, befahl ein Lord.
Jade richtete sich zögernd auf und erstarrte. Die Lady musterte sie aus Augen, grau wie Rauchquarz, und mit einem Blick, der scharf und geschliffen wie ein Edelstein war. Jetzt lief Jade doch ein Schauer über den Rücken.
»Jakub!«, sagte die Lady. »Von allen meinen Verrätern der amüsanteste.« Ihre Stimme war wohlklingend und voll, und es hörte sich beinahe so an, als ob sie hinter der Maske lächelte. Die Luft schien in einem dumpfen Ton nachzuvibrieren; die Härchen an Jades Unterarm sträubten sich. Plötzlich schien die Lady vor ihnen aufzuragen und die Aura von gleißender Dunkelheit zog jedes Wort und jedes Geräusch an sich. Und warum klingt ihre Stimme hinter der Maske nicht gedämpft und undeutlich? , fragte Jade sich irritiert.
Wenn Jakub Angst hatte, ließ er es sich nicht anmerken. »Mylady«, sagte er mit einer weiteren Verbeugung. »Ich danke Euch für die Ehre, vor Euch sprechen zu dürfen.«
Die Lady wandte ruckartig den Kopf. Die kalten grauen Augen fixierten wieder Jade. Jades Herz machte einen Satz. Für eine Sekunde war sie überzeugt, dass man sie als Erste in den Audienzsaal befehlen würde. Doch dann wandte die Lady sich ab. Die schwarze Hand gab dem Lord ein kaum merkliches Zeichen.
»Mitkommen«, befahl er. Und an Jade gewandt, fügte er hinzu: »Nur er, du nicht.«
Jakub warf ihr einen auffordernden Blick zu, und Jade sank gehorsam in einem weiteren Knicks zusammen und murmelte: »Sehr wohl, Mylord.« Wie Jakub es ihr eingeschärft hatte, blieb sie mit gesenktem Kopf in dieser Position. Es war eine Geduldsprobe, so lange stillzuhalten, sie zitterte vor Anspannung. Die Flügeltüren brauchten eine Ewigkeit, bis sie endlich zufielen. Kaum war das Schloss eingeschnappt, sprang sie auf und rannte zum Ende des Flurs. Hier, wo sich mehrere Gänge kreuzten, verharrte sie und lauschte. Die Stille zerrte an ihren Nerven. Was, wenn sie sich doch geirrt hatte? Nach weiteren fünf Minuten hielt sie es nicht länger aus. Wo würde ich mich verbergen? , dachte sie. Im alten Thronsaal vielleicht? Auf jeden Fall in den Räumen, in denen ich früher gelebt habe. Sie rief sich den Plan ins Gedächtnis und rechnete fieberhaft nach. Noch vier Gänge bis zum Gebäude mit dem marmornen Innenhof, der das Herz des Palasts bildete. Die Gänge auf Jakubs Plan aufgezeichnet zu sehen, war die eine Sache, aber sie tatsächlich bewältigen zu müssen, eine ganz andere. Jade keuchte, als sie den zweiten Gang erreichte. Sie hielt inne und versuchte mit allen Sinnen, eine Schwingung aufzufangen, aber der Ruf des Prinzen war verstummt, als hätte es ihn nie gegeben. »Wo bist du?«, flüsterte sie. Noch war ihr niemand begegnet, aber sie hörte Stimmen und Gelächter und sogar Fetzen von Musik. Die Stimmen wurden lauter, etwas polterte in der Nähe. Eine Festgesellschaft! Fieberhaft suchte sie nach einer Ausweichmöglichkeit, raffte den Rock und fegte um die Ecke. Erst als die Tür direkt neben ihr aufging, begriff sie, dass ihr die Akustik in diesem seltsamen Gebäude einen Streich gespielt hatte. Gelächter brach in den stillen Flur, dann stürzte eine Gruppe von maskierten Menschen aus der Tür. Glanzlose, aufgeraute Seide raschelte. Eine Adelige schrie auf, als sie gegen Jade stieß und stolperte. Jade zuckte zurück und wollte fliehen, aber es war zu spät. Ein Arm packte sie um die Taille.
»Wen haben wir denn hier? Die blaue Blume der Sehnsucht!« Atem, der nach Asche und Wein roch, schlug ihr ins Gesicht, als der Maskierte über seinen eigenen Scherz lachte. Daran, wie gehorsam die Gesellschaft in sein Lachen einfiel, erkannte Jade, dass er der Herr war.
»Warum bist du noch nicht beim Fest?« Er wirbelte Jade herum, als würden sie tanzen, und ließ sie mitten im Schwung los. Ein anderer Mann fing sie auf.
»Lass sie, Davan!«, sagte er mürrisch. Davan! Der Maskierte war einer der Lords! Von Weitem hatte sie ihn oft auf seinem Prachtwagen gesehen. Und jetzt erkannte sie ihn auch trotz seiner
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