Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
Vom Netzwerk:
schaffen. Sie versuchte, nicht zurückzuschauen, aber als sie die Biegung fast hinter sich gelassen hatten, wandte sie sich doch noch einmal um. Jostan Larimar und die Fee standen immer noch an der Wassertreppe und winkten ihr nach.
    Das Ufer war verwaist, viele Stadtbewohner zögerten noch, ihre verbarrikadierten Fenster zu öffnen und sich wieder auf den Marktplatz und in die Nähe des Palastviertels zu wagen. Selbst Jade hatte sich unbehaglich gefühlt, als sie gestern mit Ben zur Kirche gegangen war. Die Brände waren längst gelöscht, aber der Geruch von verkohltem Holz und schmorenden Drähten ließ sich nicht so leicht vertreiben. Von zweien der Adelspaläste waren nur noch die Grundmauern übrig und die Kirche war dunkel von Ruß. Die Käfige standen immer noch auf dem Kirchplatz – leer und verlassen, als hätten sogar die Schwarzhändler eine Scheu davor, dieses Eisen zu berühren. Das Ungewöhnlichste aber war, dass alle Türen zum Palast offen standen, obwohl sich noch niemand außer den Rebellen und den Jägern hineinwagte. »Neue Gesichter, neue Herren«, hatte Ben gemurmelt. »Fragt sich nur, ob achtzehn Jahre und zwei Kriege genügen, damit die Menschen schlauer werden.«
    »Menschen und Echos«, sagte Jade mit Nachdruck.
    »Menschliche Echos«, meinte Ben mit einem zahnlosen Lächeln. Er ging sehr aufrecht, sein Blick war klar, und Jade fragte sich wieder einmal, ob er jemals wirklich verrückt gewesen war.
    Und natürlich hatte er mit seiner Klarsicht auch diesmal recht behalten: Es war noch nicht die Zeit, Feste zu feiern. Noch hatte nichts seine endgültige Form gefunden. Würden Echos und Menschen zusammenleben? Würde es Herren und Diener geben oder, wie Jakub hoffte, einen Rat, der aus den verschiedenen Parteien bestand und gemeinsam entschied? Es war immer noch ungewohnt, die Echos in der Stadt zu sehen. Neue Gesichter , dachte Jade, als sie zusah, wie zwei Gestalten in Richtung des Goldenen Tores über den Kirchplatz liefen. Weiße Haut schimmerte in der Sonne. Dafür fehlten andere Gesichter in der Stadt umso schmerzlicher: Tanía, Nell, Leja, Ruk und andere, die auf der Schädelstätte begraben worden waren. Und einem Menschen habe ich das Leben genommen.
    Jade schluckte und wandte den Blick zum Wasser. Ein durchdringender Pfiff und ein heiseres Bellen schreckten sie jedoch gleich wieder auf.
    »Noch jemand, der sich verabschieden will«, rief Martyn ihr zu und deutete zum Ufer.
    Jade musste blinzeln, und im ersten Moment fuhr ihr der Schreck in die Glieder, als sie zwei riesige graue Hunde sah. Tams Wächter!
    Doch dann entdeckte sie Moira.
    »Ich dachte schon, ich hätte dich verpasst!«, rief sie und grinste. Sie trug nicht länger die Jägertracht, sondern schwarze Leinenhosen und eine Uniformjacke, die einem Offizier gehört haben mochte. Ihr braunes, glattes Haar wehte im Wind. Sie pfiff die Hunde zu sich und folgte dem Boot flussabwärts, bis es endgültig zum Halten kam. Kies knirschte unter dem Kiel. Jade wollte ans Ufer springen, doch die Jägerin winkte ab und verschränkte die Arme.
    »Keine Zeit für lange Szenen«, sagte sie. »Ich bin auf dem Weg zum Palast.«
    »Wieder eine Versammlung?«, fragte Martyn.
    Moira nickte. »Neue Mächte, neue Truppen. Bald werden wir neue Uniformen tragen, für die Menschen, die Echos, oder für beide.«
    »Warum tust du das?«, rief Jade. »Du musst keine Jägerin mehr sein. Du könntest gehen und frei sein.«
    Moira zog den rechten Mundwinkel spöttisch nach oben. »Gib nicht zu viel auf die Freiheit, Jade«, sagte sie und streckte vorsichtig ihren verletzten Arm, als wolle sie prüfen, wie belastbar er war. »Sie ist hart erkämpft worden, aber das ist nur die halbe Geschichte. Eine solche Freiheit steht immer auf Messers Schneide. Noch herrscht Gleichgewicht. Aber selbst wenn es diesen Rat geben wird, muss jemand dafür sorgen, dass die Balance bestehen bleibt. Nur darum geht es, verstehst du?«
    Gern hätte Jade ihr gesagt, wie gut sie sie verstand und wie viel ihr diese seltsam spröde Freundschaft bedeutete, aber sie kannte die Jägerin gut genug, um einfach nur zu nicken.
    »Wie geht es deinem Freund?«, fragte sie stattdessen.
    Moira zuckte mit den Schultern, doch um ihre Lippen spielte tatsächlich ein Lächeln.
    »Kommt zurecht.« Einer von Tams Hunden winselte und sie legte ihm die Hand auf den Kopf. »Wirklich gute Hunde!«, sagte sie anerkennend. Dann winkte sie Jade zu und ging, ohne sich umzuschauen, davon.
    *
    Die letzten

Weitere Kostenlose Bücher