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Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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zu spüren, denn plötzlich wurde er wieder ernst, als wäre er selbst überrascht von seiner Reaktion.
    Das Köcheln der Krebse, die in der Hitze inzwischen eine feuerrote Farbe angenommen hatten, war das einzige Geräusch in der Stille.
    »Aber ihr jagt sie doch, nicht wahr?«, brach Jade das Schweigen. »Du warst in der Mordnacht in der Stadt, oder? Mit dem Tier aus der Kiste?«
    Zu ihrer Enttäuschung senkte Faun hastig den Blick. »Tam ist in der Lage, alles und jedes zu finden«, murmelte er. »Und auch jeden. Manche nennen ihn deshalb einen Jäger.«
    »Gibt es denn Echos im Nordland?«
    Kaum merklich nickte er.
    »Und fürchtet ihr sie ebenso wie wir?«
    Faun runzelte die Stirn. »Worauf willst du hinaus?«
    »Auf gar nichts. Ich weiß nichts über sie«, antwortete Jade freimütig. »Aber ich muss mehr über sie erfahren. Ich habe sie gesehen. In der toten Stadt. Sie haben mir Angst eingejagt, ich dachte, sie würden mich töten.«
    »Es ist nicht gut, über sie zu sprechen«, sagte er mit belegter Stimme. »Sie finden dich, wenn du sie suchst. Sie hören sogar das Echo deiner Gedanken, sie sind selbst ein Widerhall des Bösen. Wenn sie erst einmal auf deiner Spur sind, bist du verloren. Sie werden dich im Schlaf heimsuchen und erwürgen. Sie werden dein Blut trinken und dich zerfleischen.«
    Jade musste an der Stuhllehne Halt suchen. Von draußen drang das Klopfen und Sirren des Fahrstuhls herein.
    »Aber sie … haben doch eine Sprache, nicht wahr?«, wandte sie leise ein. »Sinahe – weißt du, was das bedeutet?«
    »Es bedeutet, dass du des Todes bist«, gab er unfreundlich zur Antwort. »Sie haben keine Sprache, glaube mir.«
    Das Messinggitter wurde zur Seite geschoben. Hundekrallen kratzten über den Marmor. »Faun?«, ertönte Tams Stimme.
    Faun stieß sich von der Wand ab, als habe er nur auf die Gelegenheit gewartet, die Küche zu verlassen.
    »Warte!«, rief Jade und machte einen Schritt auf ihn zu. Ihre Hand schnellte vor, um ihn am Arm zurückzuhalten. Faun fuhr herum, als hätte eine Schlange ihn gebissen. »Fass mich nicht an!«, zischte er.
    Jade zuckte zurück, erschrocken und unfähig, etwas zu erwidern.
    An der Tür blieb er stehen und drehte sich noch einmal zu ihr um. Sie versuchte, Bedauern in seinen Zügen zu entdecken, doch da war nur Kälte.
    »Ach ja, was deine andere Frage angeht«, sagte er gefährlich leise. »Ich war in dieser Nacht nicht im Palastviertel. Und schon gar nicht mit ihm. Ich habe gar keinen Schlüssel zu seinem Käfig.« Ärger blitzte in seinem Blick auf. »Und bevor du auf dumme Gedanken kommst: Solange ich da bin, ist er ruhig. Aber jeden von euch würde er töten. Ich kann nicht versprechen, dass der Käfig als Schutz genügt, wenn er wittert, dass ihr in der Nähe seid.«
    Als Faun gegangen war, stand Jade noch einige Sekunden wie benommen da, dann stürzte sie zum Fenster und riss es auf. Sie musste sich hinauslehnen, um zu sehen, wie Tam und Faun das Haus verließen. Die Jäger am Ende der Straße drehten sich zu ihnen um. Jade glaubte, im Nebel Moiras gefleckten Mantel zu erkennen, aber das konnte auch eine Täuschung sein. Als hätte Tams Stimme sie angelockt, fand sich eine Schar von Vögeln zusammen und umkreiste wie eine wirbelnde Wolke die Gruppe. Jade konnte sie nur als dunkle Schatten wahrnehmen. Es war gespenstisch, dass kein einziger Vogel einen Laut von sich gab.
    *
    Eine Stunde später brach der Sturm los. Jade wusste es, als sie den Brandgeruch bemerkte. Schüsse erklangen und Schreie wie bei einer Treibjagd. Der Wind kam aus der Richtung der toten Stadt, und als Jade aus dem Fenster blickte, sah sie Flammen. Rauchschwaden trieben über der Wila. Sie spürte kaum, wie sie die Finger in die Fensterbank krallte. Ihr Spiegelbild im Fluss hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen und weinte. »Ich weiß«, murmelte Jade. »Ich habe auch Angst.«
    Sie waren eine schweigsame Gesellschaft. Lilinn hatte die Fensterläden in der Küche geschlossen und saß starr wie eine Statue zwischen Jakub und Jade. Eng waren sie zusammengerückt und lauschten den Schüssen.
    »Sie werden noch die ganze Stadt in Schutt und Asche legen«, flüsterte Jade, als es einmal für mehrere Minuten still war.
    »Das ist nun mal der Preis für das Leben eines Lords«, gab Lilinn zurück. Jade konnte spüren, wie sie zitterte.
    »Wir sind nicht in Gefahr«, wiederholte Jakub seine immergleiche Beschwörung. »Sie werden das Larimar verschonen. Morgen ist alles vorbei.«
    Jade

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