FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
illegalen Aktivitäten jener zu beschneiden, die entschlossen sind, unsere Gesellschaft zu zerstören«. Sullivan hatte ihn bereits in der Schublade. Er arbeitete seit zwei Jahren daran. Er würde die Hindernisse, die der Informationsbeschaffung im Wege standen, praktisch beseitigen. Das Weiße Haus gab ihm grünes Licht für die Durchsetzung dieses Ziels.
Sullivan führte fünf Besprechungen mit den Nachrichtendienstchefs und ihren Stellvertretern durch. »Für sich genommen ist jeder von unseren Nachrichtendiensten relativ klein und hat begrenzte Möglichkeiten«, erklärte er beim ersten Treffen am 8. Juni im FBI-Hauptquartier. »Vereint vergrößert sich unser Potential unbegrenzt. Durch gemeinsames Handeln können wir unser Leistungsvermögen in der Informationsbeschaffung enorm steigern und, das ist meine feste Überzeugung, die Antworten erhalten, die der Präsident wünscht.« [470] Bei der alten Garde wurden hohe Hoffnungen geweckt. »Ich sah diese Sitzungen als perfekte Gelegenheit, wieder zu den Methoden zurückzukehren, die wir brauchten«, erklärte Bill Cregar, beim FBI verantwortlich für die Spionageabwehrprogramme gegen die Sowjets. »Und Sullivan sah es genauso.« [471] Das Haupthindernis, so sahen es beide, war Hoover selbst. Er wollte die Tätigkeit des FBI nicht mit der CIA und den übrigen amerikanischen Nachrichtendiensten koordinieren. Ganz im Gegenteil: Er hatte die Kommunikation mit seinen Kollegen sogar so gründlich abgebrochen, dass der Kontakt zwischen Huston und Sullivan die einzig verbliebene offizielle Verbindung war.
Das daraus hervorgehende Programm lief unter dem Namen Huston-Plan. Aber es war von A bis Z Sullivans Werk. Und es hatte das heimliche Plazet des Präsidenten der Vereinigten Staaten.
Der Plan forderte eine enge Zusammenarbeit der amerikanischen Nachrichtendienste. Die trennenden Mauern sollten eingerissen werden. Die Restriktionen gegen die Nachrichtenbeschaffung in den Vereinigten Staaten würden fallen. FBI-Agenten und ihre Kollegen bei anderen Nachrichtendiensten könnten ungehindert die Kommunikation amerikanischer Staatsbürger mit dem Ausland kontrollieren, die elektronische Überwachung amerikanischer Dissidenten intensivieren, deren Post lesen, in deren Wohnungen und Büros einbrechen, Studenten in den ersten Semestern verdeckt bespitzeln – kurz gesagt das weiterführen, was das FBI seit Jahrzehnten getan hatte, nur in größerem Umfang, nur besser und in Zusammenarbeit mit der CIA und dem Pentagon.
Der Plan passte zu Nixons Philosophie der nationalen Sicherheit: Tu alles, was nötig ist. Er wusste, dass die Verletzung des Postgeheimnisses gegen Bundesgesetze verstieß und Einbruch auch dann strafbar war, wenn ihn das FBI beging. Aber so konnte man nun mal am besten Informationen sammeln. Und Nixon glaubte, bei einem Präsidenten wäre ein solches Vorgehen nicht illegal.
Huston legte den Plan dem Weißen Haus vor, und er wurde am 14. Juli vom Präsidenten abgesegnet. Aber Hoover sperrte sich. Er »ging an die Decke«, berichtete Sullivan, sobald ihm klar wurde, dass der Plan auf seine Kappe gehen sollte – nicht auf Nixons. Der Präsident hatte nichts unterschrieben, seine Zustimmung war nur mündlich erfolgt. »So stehe ich allein als der Mann da, der die Entscheidung getroffen hat«, sagte er. »Ich werde die Verantwortung persönlich nicht mehr übernehmen, obwohl ich es viele Jahre lang getan habe […] Es wird immer gefährlicher, und wir könnten leicht erwischt werden.« [472]
Hoover verlangte ein Treffen mit Nixon. Und er ließ es auf eine Machtprobe mit dem Präsidenten ankommen.
Nixon meinte, »angesichts der Terrorkrise« sei der Plan »gerechtfertigt und verantwortbar«. Aber ihm war klar, dass es »kaum eine Rolle spielen würde, was ich entschieden oder gebilligt habe«, wenn sich Hoover sperrte. »Selbst wenn ich ihm eine direkte Weisung erteilt hätte, so hätte er sie zwar zweifellos ausgeführt, aber bald dafür gesorgt, dass ich mich veranlasst sehe, einen Rückzieher zu machen. Es war nicht einmal auszuschließen, dass er aus Protest zurücktreten würde.« [473]
Auf Hoovers Drängen ließ Nixon den Plan fallen. Nixons engste Berater behaupteten, der FBI-Direktor sei ein unzuverlässiger Verbündeter im Krieg gegen den Terror. »Man muss Hoover klarmachen, wer Präsident ist«, teilte Huston am 5. August Haldeman mit. »Er ist völlig unvernünftig geworden, und sein Verhalten ist den Inlandsoperationen unseres
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