FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
erfolgten nicht schnell genug.
Der Bombenbauer hatte das Land verlassen. Abdul Basit Mahmoud Abdul Karim – besser bekannt als Ramzi Yousef – war fünfundzwanzig Jahre alt, stammte aus Pakistan und war im Dezember aus Afghanistan in die Vereinigten Staaten gekommen. Der selbstsichere und redegewandte junge Mann sprach sieben Sprachen und hatte an britischen Universitäten Chemie und Maschinenbau studiert. Er gehörte zu einem globalen Netzwerk, das sich von den Canyons der Wall Street bis zu den Bergen des Hindukusch erstreckte.
Die Verschwörung war noch im Gange. Ihre Konturen waren für das FBI kaum zu erkennen. Viele Verschwörer waren in New York untergetaucht.
In aller Bescheidenheit wandte sich der FBI-Mann John Anticev wieder an Emad Salem und bat ihn, erneut undercover für das FBI zu arbeiten. Es kam zu einem bitteren Wortwechsel. Salem war empört, weil man ihn aus den Ermittlungen herausgedrängt hatte.
»Ich habe euch gesagt, dass sie in New York City Bomben zünden werden, und ihr habt rein gar nichts unternommen«, tobte er. »Ihr habt mich fallenlassen.«
Anticev entgegnete, seine übervorsichtigen Vorgesetzten hätten ihm mit ihrem »bürokratischen Mist […] ständig Steine in den Weg gelegt«.
»Ich möchte mit dem Leiter des FBI sprechen«, forderte Salem. »Die Informationen, die ich geliefert habe, waren teuer und wertvoll genug, um den Arsch des Landes vor dieser Bombe zu retten […] Wie viele Katastrophen wären entstanden, wenn das World Trade Center einstürzt, weil ein paar blöde Arschlöcher Muslim spielen?« [591]
Salem sprach nicht mit dem FBI-Chef, der ohnehin praktisch in Isolationshaft lebte. Aber nach einer qualvollen Diskussion stieg er wieder als FBI-Informant ein. Salem erhielt über eine Million Dollar für seine Arbeit. Er war tapfer und scheute keine Gefahr. In kritischen Augenblicken war er kurz davor, in die Rolle des Agent provocateur zu schlüpfen. Aber er lieferte die Beweise, die den blinden Scheich hinter Gitter brachten.
Am 7. Mai 1993 hatte Salem eine lange Unterredung mit dem Sudanesen Siddig Ali, einem der engsten Berater des blinden Scheichs. Er erfuhr, dass der Scheich den Sitz der Vereinten Nationen in die Luft sprengen lassen wollte – »das große Haus«, wie er es nannte. Salem besprach die Sache dann mit dem Scheich persönlich. Am 23. Mai suchte der Informant den Scheich in seiner Wohnung in Jersey City auf; in seiner Aktentasche hatte er ein Aufnahmegerät.
»Im Hinblick auf die Vereinten Nationen wüsste ich gern: Betrachten wir es als das Haus des Teufels?«, fragte Salem. »Denn ich werde einen vernichtenden Schlag führen, keinen Pfusch, wie es im Trade Center gelaufen ist […].«
Der Scheich erwiderte: »Mach einen Plan, mach einen Plan […], um Schaden zuzufügen, um der amerikanischen Armee Schaden zuzufügen. Aber die Vereinten Nationen […] werden für die Muslime nachteilig sein. Es wird ihnen schwer schaden.«
»Also vergessen wir die Vereinten Nationen?«
»Nein.«
»Wir nehmen uns die Armee vor.«
»Ja.«
Am 27. Mai hörte Salem von Siddig, der Anschlag gegen die Vereinten Nationen sei wieder auf der Tagesordnung. Und er hatte zwei neue Ziele: den Lincoln- und den Holland-Tunnel, die Verkehrsadern, die Manhattan mit dem Festland verbanden.
»Das große Haus, darum kümmere ich mich«, erklärte Siddig. »Es werden jeweils fünf Minuten dazwischenliegen. Bumm! Gott, die ganze Welt! Bumm! Das wird die ganze Welt wahnsinnig machen.« [592]
Der engste Verschwörerkreis traf sich am Abend des 23. Juni 1993 in einem sicheren Unterschlupf in Queens. Das Gebäude wurde durch das FBI ton- und videoüberwacht. Zunächst füllten sie 200-Liter-Kanister mit Treibstoff und Ammoniumnitratdünger, ein Grundrezept für selbstgebastelte Terrorbomben seit den 1970er Jahren. Dachten sie jedenfalls: Salem hatte die Saboteure sabotiert, indem er ihnen Scotts Super Turf Builder im Wert von 150 Dollar besorgt hatte, einen Dünger ohne Explosivkraft.
Die Verhaftungen gingen schnell über die Bühne, mit einer Ausnahme.
Der blinde Scheich suchte in einer Moschee in Brooklyn Zuflucht. Die Frage, wie man mit ihm verfahren sollte, sorgte beim FBI für peinliche Szenen. In den oberen Rängen wollte niemand ein Verfahren gegen ihn einleiten. Sessions und seine Führungsriege zögerten wie ein Mann. Sie schlugen vor, den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak zu bitten, ihn zu übernehmen. Es wäre viel bequemer, den Scheich
Weitere Kostenlose Bücher