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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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[305]  
    Eigentlich war Hoovers Hass auf Ideologien und Interessengruppen noch größer als der auf einzelne Personen; vor allen Dingen verabscheute Hoover alles, was die Stabilität des politischen Systems der USA bedrohte, und wer diese Bedrohung verkörperte, war lebenslang sein Feind.
    Hoovers Ablehnung der Rassengleichheit kann seine Feindseligkeit gegenüber der Bürgerrechtsbewegung jedoch nur teilweise erklären.
    Anfang 1957 wuchs seine Sorge über einen Zusammenhang zwischen dem Kommunismus und der Bürgerrechtsbewegung. In der Gründung der Southern Christian Leadership Conference (SCLC) mit ihrem noch unbekannten Vorsitzenden, dem siebenundzwanzigjährigen Martin Luther King, sah das FBI diese Gefahr.
    Hoover konzentrierte sich zunächst auf Bayard Rustin, den Hauptstrategen von SCLC-Aktionen des zivilen Ungehorsams und gewaltlosen Widerstands – von Boykotten, Sit-ins und Protestmärschen. Über Rustin gab es bereits ein umfangreiches Dossier beim FBI. Der Mann schien wie geschaffen dafür, Hoover auf die Nerven zu gehen. Er war Sozialist, Pazifist, bekennender Schwuler und hatte ein ganzes Register von Haftstrafen wegen Kriegsdienstverweigerung und Unzucht. Er blieb die folgenden 20 Jahre lang im Visier von FBI-Ermittlungen.
    Das Gleiche galt für einen weißen New Yorker Geschäftsmann und Anwalt mit dicker Brille, den Rustin Ende 1956 Martin Luther King vorstellte: Stanley David Levison. Er war an der Ausarbeitung der Satzung der Southern Christian Leadership Conference beteiligt. Und er wurde Kings engster Vertrauter – schrieb seine Reden, gab dem Manuskript von Kings erstem Buch den letzten Schliff, erledigte seine Steuererklärung und diente als Testpublikum für Kings erste große Rede an das weiße Amerika, die er am 17. Mai 1957 vor dem Lincoln Memorial hielt.
    Zu diesem Zeitpunkt war Levison bereits seit fünf Jahren beim FBI aktenkundig. Man hielt ihn für einen der wichtigsten Geldgeber der Kommunistischen Partei im Untergrund seit 1952. Obwohl es dafür nur Indizien gab, hatte Hoover keinen Zweifel daran.
    Trotzdem strich das FBI Levison nur sieben Wochen vor Kings Rede am Lincoln Memorial von seiner Liste der amerikanischen Top-Kommunisten. Dabei stützte man sich auf Hinweise der zuverlässigsten Informanten innerhalb der Kommunistischen Partei. Sechs Wochen nach der Rede, am 25. Juni 1957, vermerkte das FBI, Levison sei »ein Mitglied der Kommunistischen Partei ohne offizielle Funktion und im Bereich der Massenorganisation für die Partei tätig«. Er schien seine Führungsrolle im kommunistischen Untergrund zugunsten eines Engagements für die Bürgerrechte aufgegeben zu haben. [306]  
    Hoover glaubte jedoch weiterhin felsenfest daran, dass hinter Martin Luther King und der Bürgerrechtsbewegung der Kommunismus stand.
    Hoovers Agenten in Chicago und New York betrieben seit Jahren die Anwerbung eines Mannes, der in der Führung der Kommunistischen Partei Amerikas Respekt und Vertrauen genoss. Die Operation mit dem Codenamen Solo war beispiellos in den Annalen des Kalten Krieges.
    Ihre verheerende Konsequenz lag darin, dass sie Hoover in seiner Überzeugung bestätigte, dass die Spitze der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung insgeheim mit Kommunisten durchsetzt war – was ihn dazu bewog, einen offenen politischen Feldzug gegen King zu beginnen.

25
    »Vertrauen Sie niemandem«
    Während eines Staatsbanketts für den König von Marokko am 26. November 1957 führten J. Edgar Hoover und Richard Nixon ein Gespräch darüber, dass Präsident Eisenhower jeden Moment sterben könne. [307]   Eisenhower hatte am Nachmittag zuvor einen Schlaganfall erlitten. Nixon war sofort ins Weiße Haus geeilt, wo ihm der Stabschef des Präsidenten, Sherman Adams, mitteilte: »Sie könnten in vierundzwanzig Stunden Präsident sein.« [308]  
    Im Frühjahr 1958 war Eisenhower wieder genesen, bis auf gelegentlich auftretende, geringfügige Einschränkungen im Sprach- und Denkvermögen. Nicht lange nach Eisenhowers Schlaganfall erlitt Hoover wohl selbst einen leichten Herzinfarkt, der nirgends dokumentiert ist und von ihm so weit wie möglich geheim gehalten wurde. Bei beiden Männern führte die Erkrankung zu einer Verhaltensänderung. Sie wurden reizbarer, ungeduldiger und fordernder. Doch während Eisenhower auch in sich ging und auf Tauwetter im Kalten Krieg setzte, wurde Hoover noch härter. Seine wenigen engen Vertrauten beim FBI erlebten ihn als zunehmend aufgeblasen und prahlerisch.
    Im

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