FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
gleichen Sommer machte sein Buch Masters of Deceit , ein weitschweifiges Traktat über den Kommunismus, Hoover zum reichen Mann. Das von seinen Mitarbeitern, vorrangig von William Sullivan verfasste und unter seinem Namen und mit seinem Foto auf dem Cover veröffentlichte Werk verkaufte sich mehrere hunderttausend Mal; patriotische Gruppen wie die American League waren Großabnehmer. Eine vom Kongress nur halbherzig durchgeführte Untersuchung nach seinem Tod ergab, dass Hoover 20 Prozent der Nettoeinnahmen aus dem Buchverkauf über eine steuerbefreite Stiftung für pensionierte FBI-Beamte gewaschen und mindesten 71000 Dollar auf der hohen Kante hatte, nach heutigem Wert über eine halbe Million Dollar.
Masters of Deceit erschien im Verlag des sagenhaft reichen texanischen Ölmagnaten Clint Murchison, von dem die lukrative Idee stammte. Murchison war Hoovers stiller Teilhaber. Er hatte auf eine Quelle gewettet: Wenn sie sprudelte, machte er Profit; blieb sie trocken, würde er keinen Cent verlieren. Hoover (und Clyde Tolson, seine Nummer zwei) pflegten im Sommer auf Murchisons elegantem Anwesen in La Jolla, Kalifornien, Urlaub zu machen, und bewohnten dort die beste Suite, Bungalow A. Sie machten Pferdewetten, aßen und tranken, alles auf Kosten des Hauses. »Es war der pure Luxus«, erinnerte sich Hoovers Berater Deke DeLoach Jahre später. Mit den Vergnügungsreisen nach La Jolla schrammte »Hoover ganz nah an einem echten Skandal vorbei«. [309]
Hoover genoss seine Privilegien. Ein Kreis von Bediensteten, allesamt FBI-Mitarbeiter, umsorgte ihn in seinem Haus an der 30th Place, einer baumbestandenen Straße mit stattlichen, von gepflegten Gärten umgebenen Häusern im Nordwesten Washingtons, wo er seit dem Tod seiner Mutter vor zwanzig Jahren lebte. Das Bureau stellte ihm Chauffeure, Handwerker, Gärtner und Diener zur Verfügung, dazu auch Buchhalter, die seine Honorare in Höhe von mehreren zehntausend Dollar verwalteten: Zuwendungen für Reden und Artikel unter seinem Namen sowie Spenden für seinen Dienst an der Öffentlichkeit, die er von Firmenmagnaten erhielt. Hinzu kamen reichlich fließende Steuermittel, mit denen er seinen luxuriösen Lebensstil finanzierte.
Er hatte fünf auf Hochglanz polierte, gepanzerte Cadillacs in Washington, New York City, Chicago, Miami und Los Angeles stehen. Seine Fahrer brachten ihn an jeden gewünschten Ort. Wenn er sich in Washington aufhielt, also elf Monate des Jahres, verließ er um Punkt 11. 45 Uhr seinen Schreibtisch und begab sich zum Mittagessen ins Mayflower Hotel. Normalerweise bestellte er sich eine Scheibe Roastbeef oder, auf Anraten des Arztes, Hühnersuppe und einen Teller Hüttenkäse. Um 18. 15 Uhr ließ er den Arbeitstag meistens mit einem Jack Daniel’s und einem Steak in Harvey’s Restaurant ausklingen, einem der wenigen kulinarischen Tempel in der Nähe des Kapitols. Seine Hängebacken und Triefaugen waren ein Spiegel seiner Ess- und Trinkgewohnheiten.
Hoover kam allmählich zu Bewusstsein, dass sich sein Leben dem Ende zuneigen könnte. Laut Gesetz musste er seinen Posten als FBI-Direktor in sechseinhalb Jahren aufgeben, an seinem siebzigsten Geburtstag. Er versuchte, sich über den Mehrheitsführer im Senat, Lyndon B. Johnson aus Texas, eine lebenslange Pfründe zu sichern. Johnson wohnte seit 1945 gegenüber von Hoover an der 30th Place. Gelegentlich lud er Hoover auf einen Whiskey oder sonntags zum Frühstück ein. Die beiden verband eine Freundschaft, oder was man in Washington für Freundschaft hielt. Genauer gesagt, waren sie politische Verbündete. Gemeinsam entwarfen sie eine spezielle Gesetzesvorlage. Lyndon B. Johnson peitschte die Vorlage im Kongress ohne Gegenstimme durch. Der Beschluss garantierte Hoover vom Juli 1958 bis zu seinem Tod das volle Gehalt. Johnson sorgte dafür, dass Hoover beim FBI nie abdanken musste.
Der Kongress katzbuckelte, wenn Hoover alljährlich vor dem Rechts- und dem Bewilligungsausschuss Rechenschaft ablegte. Bei seinen öffentlichen Aussagen übernahm der Hochstapler in ihm das Regiment; seine rituellen Auftritte waren bühnenreif. Er nahm die Lobhudeleien der Vorsitzenden entgegen und lieferte seinerseits Zahlenmaterial, das die Crime Records Division zusammengestellt hatte, sein PR-Büro. Mit hochgestochenen Worten schilderte er die Rote Bedrohung. »Der Kommunismus«, so Hoover, »stellt eine massive Bemühung dar, nicht nur die Welt, sondern die menschliche Natur zu verändern.« [310]
Dabei
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