Feanors Fluch
leblosen Stämme stehen noch in Valinor, zum Gedenken vergangenen Glücks. Die Blüte und die Frucht aber gab Yavanna Aule, und Manwe weihte sie, und Aule und seine Gehilfen schufen Gefäße, um sie darinnen zu halten und ihren Glanz zu wahren - wovon im Narsilion berichtet wird, dem Lied von Sonne und Mond. Diese Gefäße gaben die Valar Varda, damit sie Himmelslichter aus ihnen erschaffe, welche, da sie näher bei Arda stünden, die alten Sterne überglänzten; und Varda verlieh ihnen die Kraft, die unteren Regionen des Urnen zu durchqueren, und brachte sie auf ihre vorbestimmte Bahn über dem Gürtel der Erde, von West nach Ost und zurück.
Dies taten die Valar, da sie in ihrer Dämmerung der Dunkelheit in den Landen von Arda gedachten; und sie beschlossen nun, Mittelerde zu erhellen und mit dem Licht Melkors Werke zu hindern. Denn sie erinnerten sich der Avari, die an den Wassern, wo sie erwacht, geblieben waren, und sie gaben die Noldor in ihrer Verbannung nicht ganz und gar auf; und Manwe wußte auch, daß die Stunde nahe war, wo die Menschen erwachen würden. Und es heißt, ebenso wie die Valar um der Quendi willen gegen Melkor in den Krieg gezogen waren, so seien sie nun um die Hildor besorgt gewesen, die Nachzügler, die jüngeren Kinder Ilüvatars. Denn so schwere Wunden Mittelerde in dem Krieg gegen Utumno auch geschlagen worden waren, die Valar befürchteten, es könne jetzt noch schlimmer kommen, obgleich doch die Hildor sterblich sein würden und schwächer als die Quendi im Ertragen von Angst und Erschütterung. Auch war es Manwe nicht offenbar, wo die Geburtsstätte der Menschen sein werde, ob im Norden, Süden oder Osten. Daher sandten die Valar das Licht und befestigten im übrigen das Land, wo sie selber wohnten.
Isil, der Schein, so nannten einst die Vanyar den Mond, Telperions Blüte in Valinor; und Anar, die Feuriggoldne, nannten sie die Sonne, Laurelins Frucht. Die Noldor aber nannten ihn auch Räna, den Bummler, und sie Vasa, das Feuerherz, das erweckt und verzehrt; die Sonne nämlich wurde als Zeichen für das Erwachen der Menschen und das Vergehen der Elben gesetzt, während der Mond ihr Andenken bewahrt.
Das Mädchen, das die Valar unter den Maiar dazu ausersahen, das Schiff der Sonne zu steuern, hieß Arien, und die Insel des Mondes lenkte Tilion. In den Tagen der Bäume hatte Arien die goldenen Blumen in Vanas Gärten gepflegt und sie mit dem hellen Tau von Laurelin gewässert; Tilion aber war ein Jäger aus Oromes Gefolge, und er hatte einen silbernen Bogen. Silber liebte er über alles, und wenn er ruhen wollte, so pflegte er Oromes Wälder zu verlassen und nach Lorien zu gehen, wo er träumend an Estes Teichen lag, unter Telperions flimmernden Strahlen; und er bat darum, daß man ihn auf ewig damit betraue, die letzte Silberblüte zu pflegen. Stärker als er war das Mädchen Arien, und auf sie fiel die Wahl, weil sie die Hitze Laurelins nicht gefürchtet hatte und keinen Schaden von ihr nahm, denn von Anfang an war sie ein Feuergeist gewesen, den Melkor nicht zu betrügen oder in seinen Dienst zu locken vermochte. Zu hell leuchteten Ariens Augen, als daß selbst die Eldar hineinblicken konnten, und als sie Valinor verließ, gab sie die Gestalt und Hülle auf, die sie wie die Valar dort getragen hatte, und sie erschien wie eine nackte Flamme, schrecklich in ihrem vollen Glanz.
Isils Schiff wurde zuerst gebaut und zur Fahrt gerüstet, und als erster stieg er in die Sphäre der Sterne hinauf; er war von den beiden neuen Lichtern das ältere, wie Telperion der ältere von den Bäumen gewesen war. Nun hatte die Welt eine Zeitlang Mondschein, und viele Dinge regten sich und erwachten, die lange im Schlafe Yavannas gewartet hatten. Morgoths Diener wurden scheu, die Elben der Außenlande sahen freudig hinauf; und als der Mond eben über die Dunkelheit im Westen stieg, da ließ Fingolfin seine silbernen Trompeten blasen und begann seinen Marsch nach Mittelerde hinein, und lang und schwarz gingen seinen Leuten ihre Schatten voraus.
Tilion hatte siebenmal den Himmel überquert und befand sich gerade im fernsten Osten, als Ariens Schiff bereitgemacht wurde. Da stieg Anar auf in ihrem Glänze, und der erste Sonnenschein auf den Türmen der Pelori war wie ein großes Feuer: die Wolken über Mittelerde wurden bewegt, und man vernahm den Laut vieler Wasserfälle. Nun war Morgoth erst recht entmutigt und stieg in die tiefsten Grüfte von Angband hinab; alle seine Diener rief er zurück und
Weitere Kostenlose Bücher