Fear
Angebot zu machen.«
Morton schien immer noch nicht überzeugt. »Babe«, sagte er und schnippte mit den Fingern.
Die Frau kam herbei, den Kopf zur Seite geneigt. Ihre Miene verriet, dass sie auf irgendetwas lauschte. Leon beugte sich ein wenig vor und sah, dass sie einen Ohrhörer trug.
»Sind wir hier sicher?«, fragte Morton sie. »Niemand hört mit?«
»Absolut sicher.«
»Gut.« Er zog den Fuß vom Tisch, klatschte sich mit den flachen Händen auf die Knie und setzte sich gerade auf. »Die Sache ist die, Leon: Ich bin ein Ganove. Ich bestreite meinen Lebensunterhalt mit den Einnahmen aus Verbrechen, und ich bin stolz darauf. Ich bin auch stolz darauf, dass ich von zwanzig Jahren nur drei im Knast verbracht habe, und ich habe keine Lust, diese Erfahrung zu wiederholen. Aber eines werde ich niemals tun: mich bei den Bullen einschleimen. Wenn mein Foto in der Zeitung steht, kann das nur heißen, dass irgendwas verdammt schiefgelaufen ist.«
Wieder Gelächter, aber Morton war noch nicht fertig. Er gab der Frau, die hinter ihm stand und mit unbewegter Miene ins Leere starrte, ein Zeichen. Sie räusperte sich und begann zu sprechen.
»Leon Race, sechsunddreißig Jahre. Geboren und wohnhaft in Nord Cornwall. Eltern verstorben. Mittelmäßige Familie, keine erwähnenswerten Talente.«
Ihre Stimme war wie die einer Nachrichtensprecherin im Fernsehen, emotionslos und aalglatt. Die Worte sprudelten so schnell, dass Leon kaum folgen konnte, doch schon spürte er ein heißes Prickeln im Gesicht, und Übelkeit stieg in ihm auf.
»Aufgewachsen in einer Sozialsiedlung war Race bis zu seinem siebzehnten Lebensjahr ein Hooligan und Kleinkrimineller. Anschließend verbrachte er ungefähr drei Jahre in Cheltenham, nachdem er die Bekanntschaft von Terence Povey-Jones alias Raymond T. Lockhart gemacht hatte, einem in Ungnade gefallenen Adligen, verurteilten Betrüger und homosexuellen Triebtäter.«
»Na, was sagt ihr dazu?«, wandte Danny sich an Clive und Glenn, als er merkte, dass sie davon nichts geahnt hatten. »Euer Boss hat mit Pervy Povey, wie er, glaube ich, allgemein genannt wurde, unter einem Dach gewohnt.«
Leon war starr vor Schock. Er hatte nie irgendeinem Menschen von dem Mann erzählt, der ihm den Weg zu seiner sorgfältig geplanten, lukrativen und scheinbar vollkommen gesetzeskonformen Karriere geebnet hatte.
»Er war eine Schwuchtel, aber er hat mich nie angerührt«, sagte Leon. Danny Morton zog nur die Augenbrauen hoch und gab der Frau ein Zeichen fortzufahren.
»Die genaue Art ihrer Beziehung ist nicht bekannt«, sagte sie, und irgendwie verletzte diese abfällige Formulierung Leon mehr als jede offene Anschuldigung. »Nach Povey-Jones’ Tod infolge einer Aids-Erkrankung im Jahre 1994 kehrte Leon in seine Heimatstadt zurück, ausgestattet mit den Mitteln für die Gründung seines ersten Unternehmens. Ursprünglich im Drogenhandel aktiv haben sich seine illegalen Aktivitäten in jüngster Zeit auf Geldwäsche für verschiedene langjährige Partner beschränkt. Gegenwärtig erzielt er seine Einkünfte in erster Linie mit legalen Aktivitäten.« Ein knappes Lächeln – sie war fertig.
Was folgte, war die qualvollste Stille, die Leon je hatte erdulden müssen. Danny Morton beobachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen – ein Raubtier durch und durch.
»Sie haben doch nicht geglaubt, dass ich Sie hier reinspazieren lasse, ohne dass ich irgendetwas über Sie weiß?« Er schüttelte den Kopf. »Sicher, Sie haben einiges erreicht, wenn man bedenkt, wie Sie angefangen haben. Aber Sie sind trotzdem immer noch ein verdammter Hinterwäldler, der irgendwo am Arsch der Welt eine popelige Klitsche betreibt. Was haben Sie uns zu bieten?«
Fenton machte den Mund auf, sah Mortons Blick und machte ihn gleich wieder zu.
»Entweder überschätzen Sie sich gewaltig und rechnen sich aus, dass ich in einen Deal einwilligen würde, bei dem Sie besser abschneiden als ich. Oder es ist irgendein Trick. Vielleicht haben Ihre Kumpels in den blauen Uniformen sich gedacht, wenn sie so einen beschränkten Bauerntrampel schicken, würde ich weniger Verdacht schöpfen. Aber darauf fall ich nicht rein.«
Leon erwiderte nichts. Er konnte das Gesagte nicht mehr verarbeiten. Aus Mortons Mund vernahm er nur noch ein unverständliches, hasserfülltes Fauchen. Stattdessen konzentrierte Leon sich auf die Stimme in seinem Kopf, die auf ihn wie ein Betäubungsmittel wirkte mit ihrem leisen Singsang: Du kriegst ihn niemals. Du kriegst
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