Fear
solltest du ihn töten.«
82
Man konnte Clive Fenton so manches vorwerfen, aber nicht, dass er eine lange Leitung hatte. Sogar Leon war überrascht, wie schnell er sich auf die neue Lage eingestellt hatte.
»Ich denke, von der geschäftlichen Warte aus gesehen ist es kein großer Verlust. Du weißt ja, dass ich immer schon meine Zweifel hatte, was den Mann betrifft.«
»Weiß ich das?«, entgegnete Leon mit gespielter Verblüffung.
»Aber sicher.« Fentons Gesicht war knallrot, doch er zog die Nummer unerschütterlich durch. »Ich habe dich oft gewarnt, dass er in zu viele private Daten eingeweiht ist. Dadurch hat er schon immer eine Bedrohung dargestellt.«
Leon nickte skeptisch. »Ist ja auch egal – aber ich muss vor allem wissen, auf wessen Seite du stehst.«
»Auf deiner, Leon. Hundert Prozent. Da kannst du dir sicher sein.«
»Kann ich leider nicht. Nicht wenn ich an das denke, was du vorhin gesagt hast. Du musst dir mein Vertrauen aufs Neue verdienen. Ganz von vorn.«
Fenton war sichtlich unbehaglich zumute. »Na schön.«
»Was weißt du über diese Geschichte mit Smiths Leiche, von der Cadwell erzählt hat?«
»Nichts. Das war für mich auch eine Überraschung, das kann ich dir versichern.«
»Ich schätze, er hat geblufft. Ich will, dass du das herausfindest, und dabei kannst du auch gleich klären, ob er noch irgendwelche anderen Tricks auf Lager hatte.«
»Gute Idee.« Fenton warf einen besorgen Blick auf die regengepeitschte Veranda. »Was die unmittelbaren Prioritäten betrifft, denke ich, wir sollten uns schleunigst in Sicherheit …«
»Wir gehen vorläufig nirgendwohin. Versuch’s noch mal bei Glenn.«
Während Fenton die Nummer wählte und auf eine Antwort wartete, rief Leon mit seinem Handy zuerst Reece an, dann Todd und schließlich Bruce. Bei keinem der drei kam er durch.
»Wo zum Teufel stecken die alle?«, schrie er und feuerte das Telefon durchs Zimmer.
Fenton zuckte zusammen, obwohl es ihn meilenweit verfehlt hatte. »Vielleicht hat das Unwetter sie aufgehalten. Es stört wahrscheinlich auch den Handyempfang.«
Leon antwortete nur mit einem frustrierten Knurren. Mit steifen Schritten ging er durchs Zimmer und hob sein Handy auf. Die Hülle war zerbrochen, aber es funktionierte noch. Funktionsfähig, aber vollkommen nutzlos, dachte er. Genau wie die Leute, die für mich arbeiten.
Joe trabte los. Das Werkzeug klirrte in seinem Rucksack, und der Regen peitschte ihm ins Gesicht, als er den Berg hinunterlief und dabei den Bächen von schmutzigem Wasser auswich, die aus allen Hauseinfahrten und Gullys strömten. Öliger Rauch schlängelte sich von der Trafostation empor, doch die Flammen schien der Regen inzwischen gelöscht zu haben.
Unten am Strand brandeten gewaltige Wellen heran und schleuderten große weiße Gischtfontänen auf die Promenade, die mit einem Geräusch wie von Maschinengewehrsalven auf den Asphalt klatschten. Die See unter den tief hängenden schwarzen Wolken war bleigrau, ab und zu erhellt vom Zucken der Blitze. Mehrere kleine Boote waren von ihrer Vertäuung losgerissen worden und am Strand zerschellt.
Als Joe die Galerie erreichte, war er schon wieder bis auf die Haut durchnässt und zitterte am ganzen Leib. Das Closed -Schild hing an der Scheibe, und die Tür war verschlossen. Joe hielt das Gesicht ans Glas und spähte hinein. Es brannte kein Licht, doch im Hintergrund bewegte sich etwas.
Er hämmerte an die Tür. Patrick Davy kam zur Tür; er hielt einen Schrubber mit beiden Händen gepackt.
»Was ist?«, konnte Joe an seinen Lippen ablesen.
»Lassen Sie mich rein, bitte!«, schrie Joe. »Ich arbeite nicht für mehr für Leon. Er hat versucht, mich umzubringen.«
Davy wirkte nicht überzeugt, doch als Joe keine Anstalten machte, das Feld zu räumen, schloss er die Tür auf und ließ ihn herein. »Ich will doch schwer hoffen, dass das kein Trick ist.«
»Ich schwör’s Ihnen.« Joe deutete auf den Schrubber. »Muss der jetzt anstelle des Kricketschlägers herhalten?«
»Nicht direkt. Das verflixte Dach ist undicht. Fast alles oben auf der Empore ist ruiniert.«
»Sind Sie versichert?«
Davy schnaubte. »Das ist ein wunder Punkt. Die Prämien waren irre hoch, also habe ich reduziert und darauf verzichtet, meine eigenen Sachen zu versichern.« Er deutete auf einen Stapel Gemälde, die das Wasser beschädigt hatte. »Ich geb’s zu, ich bin kurz davor, den Krempel hinzuschmeißen. Soll Derek Cadwell sich den Laden doch unter den Nagel
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