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Fear

Fear

Titel: Fear Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
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mittleren Jahren auf sie zugewatschelt. Die Sohlen seiner eleganten Halbschuhe klapperten auf den Steinfliesen; dazu trug er eine Nadelstreifenhose und ein rosa Hemd, über dessen Kragen sein Halsspeck quoll wie ein Kuchen aus der Backform.
    »Den kleinen Gefallen sollten Sie Mr Race tun«, sagte er. Er hatte einen weichen regionalen Akzent, und seine Stimme klang nach verstopften Nebenhöhlen. »Ich bin Clive Fenton.«
    Sie gaben sich die Hand, dann gestattete Joe Kestle eine rasche, oberflächliche Suche. Der junge Mann übersah mehrere Stellen, an denen Joe eine Waffe hätte verstecken können.
    Fenton führte ihn durch die Eingangshalle in einen Raum, der wie eine Art Empfangszimmer wirkte. Der glänzende Parkettboden war mit mehreren Orientteppichen ausgelegt; die Einrichtung bestand aus verschiedenen Sofas und Sesseln sowie einem mittelgroßen Plasmafernseher, aber nichts deutete darauf hin, dass das Zimmer häufig benutzt wurde. Auf einem Couchtisch lag ein Stapel Zeitungen, hauptsächlich Boulevardblätter, und dann gab es noch einen großen metallenen Rollschrank, der aussah, als ob er eher in ein Büro gehörte. Keine Bilder an den Wänden, kein Schmuck und keine persönlichen Gegenstände.
    Fenton machte die Tür hinter ihnen zu. Der einzige andere Mann im Zimmer stand am Fenster und sah einem Gärtner zu, der mit einem Laubsauger in der Hand durch das Gras stapfte.
    »Wenn der Kerl noch ein bisschen langsamer macht, rostet er echt ein.« Er richtete seinen unzufriedenen Blick auf Joe. »Ich bin Leon Race. Und Sie sind …?«
    »Joe Carter.«
    »Hallo, Joe Carter. Ich wüsste gerne, warum Sie mir nachspionieren.«
    Leon entsprach nicht so recht dem Bild, das Joe im Geiste von ihm geformt hatte. In manchen Punkten gewiss: die Kälte in seiner Stimme, der stahlharte Glanz seiner Augen. Aber rein vom Äußeren her war Leon Race eine verwirrende Erscheinung. Er war um die eins fünfundachtzig groß, wog dabei mindestens zwei Zentner und brachte es irgendwie fertig, zugleich schwabbelig und muskulös auszusehen.
    Er hatte ein rundes Gesicht mit Pausbacken, zarte weiße Haut, blaue Augen und feines, seidiges Haar von strohgelber Farbe. Bekleidet war er mit einem olivgrünen T-Shirt und einer blauen Jogginghose aus Polyester. Seine riesigen Füße steckten in schneeweißen Turnschuhen, was vielleicht seinen federnden Schritt erklärte. Selbst wenn er auf der Stelle stand, wippte er ständig auf den Zehen auf und ab.
    Auch seine Hände waren groß und ausdrucksstark, permanent in Bewegung. An beiden Zeigefingern prangten klobige Platinringe.
    »Ich habe nicht spioniert«, sagte Joe. »Ich habe dieses Haus überhaupt erst entdeckt, als ich Ihren Mann mit dem Fernglas gesehen habe.«
    »Sie haben versucht, einen Weg auf mein Grundstück zu finden.« Leon klang eher streng als aggressiv. Joe hatte den Eindruck, dass das hier ein Spiel war, eine Art Test.
    »Ich habe die Muschelhöhle besucht«, sagte er und zog das zerknitterte Faltblatt aus der Tasche. »Ich habe den Trampelpfad entdeckt und wollte sehen, was man von dort für eine Aussicht hat. Aber dank Ihres Zauns hat sich das ja erledigt.«
    Leon wartete darauf, dass er fortfuhr, aber Joe kannte dieses Spielchen nur zu gut. Er schwieg.
    Da warf Leon unvermittelt den Kopf in den Nacken und lachte, als wären er und Joe alte Freunde.
    »Sie ahnen ja nicht, was ich wegen dieses Zauns schon für einen Stress hatte. Diese verfluchten Wanderer oder was auch immer.« Er zwinkerte. »Am Ende mussten wir einen Erdrutsch inszenieren, um die Stadt davon zu überzeugen, dass es dort nicht sicher ist. Damit waren wir sie endlich los, was, Clive?«
    Fenton richtete seine Antwort an Joe. »Es ist natürlich wirklich gefährlich.«
    Leon tippte sich mit dem Zeigefinger an den Nasenflügel. »Ein sehr kluger Mann, mein Mr Fenton. Wollen Sie sie sehen?«, fügte er so rasch hinzu, dass Joe ihn nur verdutzt anschauen konnte.
    »Was soll ich sehen?«
    »Was denken Sie denn? Die Aussicht, Mann!«
    Leon marschierte mit großen Schritten zur Tür hinaus und durch die Diele in ein anderes, größeres Zimmer, das als Büro genutzt wurde. Joe folgte ihm, während Fenton, den das Tempo seines Chefs ordentlich ins Schnaufen brachte, die Nachhut bildete.
    Hinter dem Schreibtisch führte eine doppelte Glastür nach draußen. Leon zog die Vertikallamellen zur Seite und riss die Tür weit auf. Greller Sonnenschein und das Geräusch von Wasser, das auf Felsen einprasselte, drangen von draußen

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