FebruarNachtsTraum
Händen durch seine Haare und zerstrubbelt sie wieder.
»Ich weiß. Dort arbeiten alle noch.« Wie ferngesteuert trete ich zu ihm und ordne lächelnd seine Frisur. »Ich sags ja nur. Nicht, dass du denkst, ich sei getürmt.« Ich spüre seine weichen, kurzen Haare und die Wärme seiner Kopfhaut und wende mich irritiert ab. Was ist denn mit dir los, Elizabeth!? Lass das! So als hätte ich mir die Finger verbrannt, zucke ich zurück.
Müde trotte ich nach einer Katzenwäsche in den Konferenzraum, drehe die Heizungen hoch und schiebe mir die Polsterkissen zurecht. Das Sofa nimmt eine ganze Ecke ein und ist sehr bequem. Nur das Leder mag ich nicht, weil es nach allem riecht, was sich jemals in diesem Raum befunden hat. Und da fallen mir einige unangenehme Dinge ein: der Angstschweiß ganzer Generationen, Berge belegter Eier- und Mettbrötchen aus der Kantine, die Putzkolonne, Erbrochenes von der letzten Firmenfeier. Igitt …
»Sieht ja urgemütlich aus.« Alexander kommt ebenfalls und macht es sich auf dem Boden bequem.
Ich könnte es dabei belassen, aber mit Schlaf vor Augen werde ich wieder netter. »Auf dem Sofa ist noch genug Platz.«
»Ist das eine Einladung?«
Über den neckenden Unterton muss ich still lächeln. »Bilde dir nichts darauf ein!«
»Ich weiß nicht.« Unschlüssig wiegt er seinen Kopf.
»Du weißt nicht!« Woher auch immer Alexander eine Decke mitgebracht hat, ich starre sie so intensiv an, als könnte ich sie mit reiner Willenskraft zu mir zaubern. Notgedrungen wärmt mich nämlich nur mein Blazer.
»Na, dann rutsch mal!« Alexander tut gut gelaunt, doch ich höre seiner Stimme die Müdigkeit an. Ohne dass ich darum bitten muss, hängt er meinen Blazer knitterfrei über eine Stuhllehne und bereitwillig robbe ich so dicht wie möglich an die ledrige Sofalehne. Wenig später nehme ich Alexanders Körper nah hinter mir wahr. Er breitet die Decke über uns aus und legt seinen Arm um mich. Als ich protestieren will, knurrt er: »Lass es, Elizabeth! Es ist spät. Gute Nacht.«
Er hat Recht. Wieder hole ich Luft.
»Elizabeth …« Ein müder Einwurf.
Okay, er hat es so gewollt! Da ich offensichtlich nicht reden darf, verschränke ich unkommentiert meine Finger mit seinen und ziehe seinen Arm noch näher. Mir ist nämlich kalt. Mehr nicht. Und wenn ich schon mit jemanden auf einem Sofa löffle, dann so, dass es mir bestens geht. Das Spielchen habe ich mit Katharina bereits durch, und auch mit Jan.
Alexander zögert. Sein Körper spannt sich an. Im Halbschlaf frage ich mich, ob er vielleicht eine Freundin hat und wann sein letztes Mal gewesen ist, doch seine Hand lasse ich nicht los. Dann gibt er nach.
»Wirst du Roman davon erzählen?« Mein Rücken schmiegt sich an Alexanders Brust. Meine Hüften bewegen sich und berühren ungewollt seine. Seine Finger erwidern den Druck meiner Hand und sein Arm rückt eng an meinen Bauch.
»Ich bin nicht lebensmüde. Zufrieden?«
»Mmh …« Keine Ahnung, ob ich das nur denke oder auch laut sage. Entspannt wärme ich meine kalten Füße an seinen warmen Beinen und lausche unserem gleichmäßigen Atem. Mein Körper passt sich seinem Rhythmus an. Spielend leicht. Als würden wir das jede Nacht so machen. Ist es mit Roman auch so einfach gewesen? Ich kann mich nicht erinnern.
Dermaßen gut sollte Katharinas Hypnose sicher nicht wirken.
- 10 -
»Elizabeth?«
»Nein …«, nuschle ich und vergrabe mein Gesicht tiefer in der dunkeln Sofaritze. Eine Hand streicht mir Haare aus der Stirn und ich atme einen vertrauten Geruch ein.
»Du musst aufstehen, Elizabeth. Die ersten kommen schon.«
Die mollige Decke wird mir weggezogen und die plötzlich kühle Luft schickt mir Gänsehaut über den Rücken. Langsam sickert die Info und ihre eigentliche Bedeutung zu meinem schläfrigen Gehirn durch. So, als würde nach und nach ein Licht in meinem Kopf angehen und jeder Gedanken, peng, erhellt den nächsten.
Ich liege auf einem Lederbezug, also bin ich in der Firma. Peng!
Wenn die ersten Kollegen gerade kommen, dann ist es etwa sieben Uhr früh. Peng!
Mir bleibt eine Stunde, bis das gestrige Meeting fortgesetzt wird. Peng!
Ich muss mich frisch machen und etwas essen. Peng!
Dann hätte ich noch einen Augenblick, um die Unterlagen zu überfliegen und Müdigkeitsfehler auszubügeln. Peng!
Meine Augen ploppen auf. Verwundert löse ich meine Finger von der fremden Hand und drehe mich um.
»Und ich dachte schon, du wolltest mich gar nicht mehr loslassen.«
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