FebruarNachtsTraum
Coach?«, frage ich scherzhaft.
Alexander bleibt professionell. »Jetzt ist es acht, Elizabeth. Viel Erfolg!«
Also dann! Im Geist will ich mich für die Schlacht rüsten. Doch mein Gehirn macht nicht mit und ist plötzlich mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Nicht mit Daten, sondern damit, wie angenehm sich Alexanders Körper neben meinem angefühlt hat und wie gut ich neben ihm geschlafen habe. Blödmann hin oder her.
Mit zahlreichen Fragezeichen im Gesicht drehe ich mich noch einmal zu ihm um und suche ihn nach ähnlichen Zeichen ab. Nichts.
Für den zweiten Tag kommt die Tagungsgruppe erstaunlich schnell voran. Und auch wenn es mir ein Rätsel ist, so funktionieren Alexanders Tipps grandios. Die könnte er glatt als Ratgeber verkaufen. Niemand rügt mich, dass mein Handy ständig vibriert und ich gebe Henrikson versteckt so oft Recht, dass er mir am Nachmittag plötzlich vor den Beratern ganz unerwartet ebenfalls zustimmt. Wow, hätte ich gewusst, dass die Spiele der Macht so einfach sind, hätte ich mir eine Menge Überstunden und Plagereien ersparen können.
Wider Erwarten werden wir bereits gegen acht fertig. Zwar ist es wieder so dunkel wie gestern, doch noch hört man das leise Murmeln der geschäftigen Stadt. Wir vertagen das Aufstellen der Projektpläne auf den morgigen Tag und verabschieden uns erneut mit merkwürdigen Armklopf-Gesten. Wars das jetzt endlich? Ich lächle zuckersüß meinem Boss zu. Perfekt! Ich muss unbedingt Alexander vom Erfolg seines Coachings berichten. Der wird Augen machen.
Als ich gerade in mein Büro springen will, stocke ich und hechte sofort unbemerkt einen halben Meter zurück. Vorsichtig linse ich um die Ecke. Alexander telefoniert mit jemandem. Aus einem Impuls heraus verstecke ich mich und lausche, erneut im Spionage-Modus. Alexander weiß mittlerweile so viel von mir, dass ich einen Wissensrückstand aufzuholen habe.
»Ich weiß, Kleines … nein, ich hab dich nicht vergessen … du kennst mich … wie sie ist? … ich sollte dir mal ein Bild von ihrem Schreibtisch schicken, das reinste Chaos … oh, du meinst, ob ich sie attraktiv finde? … nein, das kann ich nicht sagen … gut, lass mich nachdenken, sie hat komische Haare, so was hast du noch nicht gesehen und sie ist ganz schön überdreht, glaubt man nicht, dass sie dennoch so viel Ahnung hat … nein, keine Gefahr … Roman findet sie amüsant … ja, so wie man einen Streuner ins Herz schließt … ich bin nicht gemein, du hast damit angefangen … in Ordnung … ich muss noch ein bisschen arbeiten, ich denk an dich, Kleines! Bis bald!«
Dann folgt ein lautstarker Luftkuss und der Hörer landet auf dem Apparat. Alexander tippt wieder auf der Tastatur und mich holt das Gesagte zeitverzögert ein.
Meine Nasenflügel beben. Sterne tanzen vor meinen Augen und mir wird verdammt heiß. Ich bin doch kein Streuner! Und was kann ich für meine müslifarbenen, zotteligen Haare? Das ist Genetik. Ich pople in meinen Ohren, als hätte ich mich verhört. Dabei war an den Wortfetzen nichts falsch zu verstehen. In Alexanders Augen bin ich eine Totalkatastrophe. Das sitzt! Wo ich gerade drauf und dran war, ihn nett zu finden. Wenn auch noch lange nicht so kultiviert, wie Roman meinte.
Wer glaubt, dass nur Gewerkschaften streiken, hat sich getäuscht. Meine Beine weigern sich, das Büro zu betreten. Ich kann Alexander jetzt nicht unter die Augen treten und so tun, als wüsste ich von nichts. Eine Standpauke würde dagegen verraten, dass ich gelauscht habe. Und dass Alexander dann alles meinem Freund nach China meldet, darauf kann ich wetten.
So leise wie möglich tapse ich wieder in den nun leeren Konferenzraum. Die Luft riecht verbraucht, doch das stört mich nicht. Eine ganze Weile sitze ich dort allein im Stillen und starre die Wand an. Sie ist grün gefleckt, brandaktueller Camouflage-Look und erinnert mich zum allerersten Mal, seit ich hier arbeite, an militärische Tarnfarben. Wie hässlich!
Mein Handy vibriert. Alexander schickt wieder den x-ten Smiley, um mich in meinem vermeintlichen Meeting gut dastehen zu lassen. Macht er sich über mich lustig? Spinner!
Ich schalte neben dem Ton nun auch den Vibrationsalarm an meinem Smartphone aus und atme tief durch, bis meine Stimme nicht mehr zittert. Dauert einen Moment, aber ich habe ja Zeit. Dann rufe ich die einzige Person an, die ich in diesem Zustand ertrage: Katharina.
»Hi Lizzy! Entschuldige, dass ich mich solange nicht gemeldet habe. Die Prüfungen sind
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