FebruarNachtsTraum
Alexander schüttelt lachend die Finger.
Ich weiß genau, was er macht: diesen merkwürdigen Moment mit uns beiden auf dem Sofa überspielen.
»Wie sehe ich aus?«, frage ich, richte mich auf und kämme mit den Fingern meine Mähne. Mein Mund fühlt sich pelzig an und mein Nacken zieht schmerzhaft. Solche Nächte werden nicht leichter. Das versucht mir Katharina schon seit Jahren einzutrichtern, aber ich höre nicht auf sie.
Alexanders Antwort dauert mir zu lange und ich haste unbemerkt von den ersten Kollegen ins Büro, schnappe mir Wechselwäsche und meine Zahnbürste und verschwinde zu den Toiletten. Die Fakten der letzten Nacht spuken durch meinen Kopf. Auf dass sich die Arbeit gelohnt hat!
»Du machst dir Sorgen?« Alexander beobachtet mich im Spiegel, stellt sich an das zweite Waschbecken und putzt sich ebenfalls die Zähne.
Ich will nicht darüber diskutieren, wie schwer es ist, sich in diesen Gremien durchzusetzen. So, wie ich es mal im Fernsehen gesehen habe, klopfe ich sanft mein Gesicht wach und diverse pflanzliche Tinkturen in meinen beginnenden Augenfältchen. Uff, für meine Haare habe ich noch kein Rettungsritual. Mein erster Zopfversuch steht schief ab, doch beim zweiten Mal und mit der Hilfe einiger Haarnadeln zaubere ich mir eine den Umständen entsprechend kompetente Frisur, die nur noch etwas Fixierung für den letzten Schliff braucht. Na ja, selbst unsere Werkstudenten kriegen das besser hin. Aber wir sind ja in Berlin und solange ich das Nest auf meinem Kopf mit entsprechender Selbstverständlichkeit trage, wird es gehen.
»Elizabeth!«
Ich will immer noch nicht darüber reden, wie viel Promille Sorge gerade in meinem Blutkreislauf kursieren und ob ich damit arbeitstauglich bin oder nicht.
In Runden mit Entwicklern fällt es mir leicht, mich durchzusetzen. Sie sind Nerds genau wie ich. Ihnen geht es um Fakten, Prozesse, Physik eben. Manager sind aus einem anderen Holz geschnitzt. Die interessieren sich nur für Gewinne. Damit sie eine Chance erkennen, muss man etwas von Politik verstehen und ihnen die klaren Forschungsergebnisse in einen Haufen Bilanzen übersetzen. Nicht gerade meine Lieblingsaufgabe, aber etwas, in dem ich bisweilen richtig gut sein kann. Hoffentlich auch heute.
»Hör auf, auf deiner Lippe herumzubeißen und antworte mir, Elizabeth!« Alexander ist längst fertig. Bei Männern geht das ja immer schnell. Einmal Wasser ins Gesicht gekippt, dann die Haare kurz mit den Finger gekämmt und fertig. Der Dreitagebart macht sie obendrein noch attraktiver. Und nun beobachtet mich so ein sexy aussehendes Exemplar Mann und reicht mir unaufgefordert das Haarspray.
»Warum sollte ich das tun?« Bei der Wolke Haarspray werden Alexanders Haare auch den ganzen Tag halten. Nun kleistere ich Make-up auf mein Gesicht.
»Mit deinem natürlichen Teint sahst du frischer aus.«
»Ehrlich?« Verblüfft halte ich inne.
»Ehrlich.« Er seufzt und sammelt die Waschsachen zusammen. »Es sei denn, du hast was zu verbergen.«
Kritisch betrachte ich mich im Spiegel. »Aber die Augenringe!«
»Kampfwunden.«
»Kampfwunden?!« Kindisch muss ich kichern. So habe ich das noch nie betrachtet. Überredet schminke ich mich wieder ab und lege nur etwas Rouge auf. »Farbe ist erlaubt, oder? Als Kriegsbemalung?«
Mein Bodyguard geht nicht auf meinen Scherz ein, sondern lehnt sich an das Waschbecken und verschränkt seine Arme, dass er ein bisschen wie der Meister Proper-Mann aussieht. »Also machst du dir tatsächlich Sorgen. Warum?«
»Hunger!«, weiche ich aus und lasse ihn stehen. Ich habe mich genügend aufgebretzelt. Mich erwartet gleich ein unterirdisches Catering. Also sollte ich schnell so viele leckere Kalorien pro Minute wie nur möglich aufnehmen.
»Isch würklüsch guuut!«, nuschle ich, als Alexander auftaucht, während ich mich gerade über das Baguette vom Vortag hermache. Besser als andere Frühstücke, die ich hier schon gehabt habe. Ich schlinge, was das Zeug hält, egal, ob das nun gesund ist, oder nicht, und überfliege angespannt die Arbeit der letzten Nacht. Meinen Bodyguard ignoriere ich. Einmal löffeln auf dem Sofa ändert nichts daran, dass ich ihn lieber los wäre.
»Weißt du, Elizabeth, ich kann auch anders.« Alexander stellt mir einen frischen Kaffee vor die Nase, dass die Brühe über den Rand schwappt, und macht sich ebenfalls über die Reste her.
Ein Macho fehlte mir jetzt gerade noch! Ich schaffe es, drei schnelle Sätze mit Roman auszutauschen. Dann schiele ich
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