FebruarNachtsTraum
um mich sorgen.
»Meinst du, du schaffst es allein nach Bern?«
Er schaut mich groß an und atmet tief durch: »Roman lässt mich noch nicht. Ich soll hier bei dir bleiben. Es könnte sich ja wieder die Erde auftun. Oder vielleicht fliegt auch mal was in die Luft.«
»Wie bitte?!« Immerhin, das ist der Versuch eines Scherzes. Mein Puls klettert jedoch sofort nach oben, wenn ich daran denke, wie mein Noch-Irgendwie-Freund jemandem so etwas abverlangen kann.
Meine Reaktion entlockt Alexander ein flüchtiges Lächeln. »Lass es sein! Ich könnte eh nichts machen, wie mir meine Mutter versichert hat. Und sie ist Ärztin, sie muss es also wissen.«
Ich schnappe mir die Autoschlüssel, die die ganze Zeit neben meiner Tastatur gelegen haben, und fahre uns vorbildlich nach allen Regeln der StVO, das heißt wie ein Fahranfänger, nach Hause. Mein Bodyguard reißt leider keine Witze darüber.
Den ganzen Abend behalte ich Alexander im Auge. Was ich ihm zum Essen vorsetze, isst er. Was ich ihm zum Trinken hinstelle, nimmt er. Doch er steht für Stunden völlig neben sich und ich kann nichts tun, außer mit ihm zu warten. Hätte nie gedacht, dass das so anstrengend sein kann.
Erst nach Mitternacht folgt die Entwarnung und wir gehen schlafen. In getrennten Betten. Seine Schwester ist wieder zu sich gekommen.
- 30 -
»Natürlich sind Berliner Döner besser als Münchener!« Wir stampfen im Dunkeln an der Spree entlang, um das Aroma der Knoblauchsoße nicht in meiner Wohnung zu verteilen.
Völlig übermüdet sind wir beide in den Tag gestartet. Während ich bei Energy Solutions versucht habe zu arbeiten, aber eigentlich nur Dateien von A nach B geschoben habe, hat sich Alexander permanent per Telefon und E-Mail über den Zustand seiner Schwester updaten lassen. Seine Stirn gleicht einem zerfurchten Faltengebirge und er hat rote Zombieaugen. Als wäre er über Nacht ein ganzes Jahr gealtert.
Als Alexander heute zum ersten Mal sein Smartphone wegpackt und nun mit dem letzten Rest Essen kämpft, um kein Stück herunterfallen zu lassen, schiele ich zu ihm. Seine Nase ist rot von der Kälte und seine Lippen rissig vom vielen Sprechen. Sein Schritt wird schneller und wir stampfen über vereiste nicht gestreute Wege. Betreten bei Eis und Glätte auf eigene Gefahr.
»Woahhhhh …« Ich gerate ins Wanken und rudere mit den Armen.
»Wohl zu lange mich angeschaut, statt den Weg?« Alexander schmunzelt, packt mich an den Schultern und hält mich aufrecht, bis meine Stiefeletten Halt finden. »Gehts wieder?«
Zur Antwort lehne ich meinen Kopf an seine Schulter und drücke ihn fester als nötig zurück. Könnte man als 'Nein, noch nicht' interpretieren. Gar nichts geht. Nur weil ich mit beiden Beinen auf dem Boden stehe, heißt das noch lange nicht, dass die Welt in Ordnung ist. Jetzt wäre ein guter Moment, um zu reden …
»Elizabeth …«
»Alexander …«
Wir beginnen gleichzeitig zu sprechen und hauchen uns gegenseitig die Dönerfahne ins Gesicht. Dann lachen wir unsicher.
»Sagst du es?«, fragt mein Bodyguard amüsiert und es ist schön, ihn lächeln zu sehen. Vor allem unter diesen Umständen.
»Nur, wenn du es sagst«, antworte ich mit meiner kalten Winternase wieder in seinem Mantelkragen.
Alexander wickelt meinen Schal prüfend fester. »Das kann ich nicht.«
»Warum nicht? Ist ganz einfach.«
Den hungrigen Blick, mit dem er mich ansieht, kenne ich und er lässt meine Knie weich werden. Mein Herz klopft schneller und das Kribbeln in meinem Bauch überrascht mich mit seiner Heftigkeit. Wir könnten jetzt ein Paar sein, das verliebt einen romantischen Winterspaziergang bei Nacht unternimmt und sich gleich küsst. Wie er da so vor mir steht, muss ich ihn einfach berühren. Also fahre ich mit meinem Zeigefinger über seine Lippen.
Alexander lächelt jedoch nicht, sondern mahlt mit den Zähnen. Sein Gesichtsausdruck ist eine gut gemeinte Warnung. »Das, was in der Ständigen Vertretung passiert ist, war ein Fehler, Elizabeth. Ich hab deine Gefühle für Roman ausgenutzt.«
»Warum sagst du sowas? Wo du genau weißt, dass es zwischen uns nicht so …«
»Pscht!« Sein warmer Finger legt sich auf meine zitternden Lippen und bringt meinen Protest zum Verstummen. »Du weißt, dass ich morgen endlich nach Bern fahre. Roman lässt mich endlich. Dank dir, weil du so auf ihn eingeredet hast. Nun muss ich mich um meine Familie kümmern, Elizabeth. Nicht nur für ein Wochenende, oder zwei, sondern länger. Du hast
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