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Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition)

Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition)

Titel: Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Wu
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weiterzufahren. Ich stolperte nach vorne und stieg die Stufen hinunter. Während ich mich am Seitengriff festhielt, lehnte ich mich hinaus und erbrach. Ein anderes Mädchen, die Einzige aus meiner Schule, rannte zu mir und umfasste meine Taille, damit ich nicht hinausfiel. Verächtlich sah der Kader zu.
    Ich glaubte, dass ich nie wieder zu meiner Familie zurückkehren würde und den Rest meines Lebens als Bäuerin verbringen müsste, wie die Frauen in Gao. Die Zeit in Wuhu war nur eine kurze Atempause inmitten all des Elends gewesen. Am liebsten wäre ich aus dem Bus gesprungen, hätte mich unter die Räder geworfen. Ich beugte mich noch ein Stück weiter aus der offenen Tür, doch meine Klassenkameradin verstärkte ihren Griff. »Pass auf«, warnte sie. Als ich mich umdrehte, sah ich Tränen in ihren Augen. Offenbar hatte sie meine Gedanken erraten.
    Drei Stunden später hielten wir am Rand einer kleinen Ortschaft, und der Kader verkündete: »Eine Stunde Mittagspause.« Alle gingen an mir vorbei nach draußen, doch ich konnte mich kaum rühren. Alles tat mir weh, und ich legte mich auf die hintere Sitzbank, um mich auszuruhen. Als die anderen Schüler zurückgekehrt waren, stellte sich der Kader in den Gang, hielt einen großen Umschlag hoch und rief: »Alle mal herhören! Hier habe ich die Liste mit euren Namen und den Kommunen, denen ihr zugeteilt seid. Der Bus hält an jedem genannten Ort. Also passt gut auf, damit keine Fehler passieren.«
    Und er fing an vorzulesen. Nur mein Name wurde nicht genannt. Die anderen schienen bereits zu wissen, wo sie arbeiten würden. Ganze Gruppen wurden bestimmten Orten zugeteilt, und wer dazugehörte, freute sich, dass er nicht allein sein würde.
    Als der Kader alle Namen und Orte genannt hatte, sagte ich zu meiner Klassenkameradin: »Ich habe meinen Namen nicht gehört. Könntest du ihn fragen, wo ich aussteigen muss?«
    Sie kam meiner Bitte nach.
    Der Kader ging die Liste durch und wirkte verwirrt. Doch nach kurzem Nachdenken fiel es ihm ein: »Ach ja … Das ist die, die keiner haben wollte. Sie kommt aus einer
schwarzen
Familie.«
    Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits seit zwei Jahren Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes. Ich hatte an allen Aktivitäten teilgenommen, gute Noten bekommen und war in meiner Klasse Kader gewesen. Daher hatte ich fast vergessen, dass ich den Makel meiner Herkunft niemals loswerden würde. Doch seine Worte riefen es mir wieder ins Gedächtnis und zerstörten den letzten Rest meiner jugendlichen Hoffnungen und Illusionen. Die Vergangenheit zog mich wie Treibsand in die Tiefe.
    »In letzter Minute wurde entschieden, dass sie im Dorf Luo in der Kommune Xiyang arbeiten wird«, erklärte der Kader. »Das ist hoch droben in den Bergen, ein gutes Abstellgleis für Leute wie sie. Solange sie in dieser trostlosen Einöde ist, werden uns ihre konterrevolutionären Umtriebe kein Kopfzerbrechen bereiten.«
    In seinen Worten schwang Schadenfreude mit. Die anderen Schüler starrten mich an wie eine feindliche Agentin. Ich fühlte mich wie eine Figur aus einer zeitgenössischen Oper – eine Feindin des Volkes, die man entlarvt und in die entlegenste Bergregion verbannt hatte. Wieder fühlte ich den Drang, aus dem Bus zu springen und meinem Leben ein Ende zu setzen. Immer wieder hielt der Bus, und zwei oder drei Schüler stiegen mit ihren Koffern und Taschen aus. Irgendwann war nur noch ich übrig. Nachdem der Bus fünfzehn Minuten lang weitergefahren war, befahl der Kader dem Fahrer zu halten. Dann drehte er sich zu mir um und sagte schroff: »Du da – aussteigen!«
    Ich nahm mein Gepäck, stieg aus … und brach zusammen. Der Kader steuerte auf einen kleinen, einstöckigen Backsteinbau mit grauem Ziegeldach zu, ging hinein und kam mit einem Mann wieder heraus. »Die da ist für euch«, sagte der Kader und deutete mit dem Fuß auf mich, als wäre ich ein Schwein, das auf dem Schwarzmarkt verkauft werden sollte. Der Mann neben ihm war untersetzt, drahtig und hatte hervorquellende Augen. Seine wenigen Zähne waren schwarz, und zwischen den Lippen klemmte ein Zigarettenstummel. »Ich bin Produktionsgemeinschaftsleiter Huang aus Luo«, sagte er in so ausgeprägtem Dialekt, dass ich ihn kaum verstand.
    Als er meine Tasche nahm und losmarschieren wollte, versuchte ich ihn aufzuhalten: »Ich bin so erschöpft. Darf ich mich eine Minute ausruhen? Ich habe mich die ganze Fahrt hierher übergeben.«
    »Nein«, antwortete er, ohne mich eines Blickes zu

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