Federschwingen
klare Ansage. Dantalion tauchte seine Finger in die silbern schimmernde Creme.
Erael drehte sich von ihm weg. „Das kann ich selbst machen. Ich bin nicht invalide.“
Schneller, als Erael reagieren konnte, war er hinter ihm und legte ihm eine Hand direkt über den Flügelansatz. Dantalion wusste aus Erfahrung, dass man diese Stelle zwischen den Schulterblättern nicht selbst erreichen konnte, es sei denn, man war aus Gummi oder ein Schlangenmensch ... Dämon ... oder so was.
Erael zuckte unter der Berührung zusammen und keuchte leise. Dantalion konnte nicht sagen, ob es aus Überraschung oder Schmerz war. Nun, da Dantalion seinen unerwarteten Gast näher betrachten konnte, fiel ihm auf, dass Erael etliche kahle Stellen auf den Flügeln hatte. Seere hatte zwar ganze Arbeit geleistet, aber Dantalion glaubte, dass nicht jede dieser Stellen gerupft worden war, die Haut war nicht überall gerötet oder gereizt.
„Bist du in der Mauser?“, fragte Dantalion sanft und zupfte probeweise an einer der Deckfedern, die sich ohne großen Widerstand löste. „Dich hat es dieses Mal aber schlimm erwischt.“
Es war normal, dass man sich ab und zu mauserte, aber bei Dantalion selbst war es nie so schlimm gewesen, dass man kahle Stellen sah. Erael zischte auf, ein genervter und zugleich resignierter Laut, der Dantalion still schmunzeln ließ.
„Das muss dir nicht peinlich sein. Ich kenne das doch auch. Wir sitzen im selben Boot.“
Oh ja, er verstand sehr gut, wie Erael sich fühl en musste. Er war der Einzige in dieser Wächtertruppe mit Flügeln und musste zusätzlich zu seinen üblichen Aufenthalten in der Hölle auch noch in den Untergrund verschwinden, wenn er die Federn verlor. Er war zu angreifbar, wenn er nicht fliegen konnte, Leonard wollte dieses Risiko nicht eingehen.
Nach einem tiefen Atemzug begann er, die Salbe sanft einzumassieren. Die Augen geschlossen, zog er mit den Fingern kleine Kreise über die weitläufigen Flecken nackter Haut an den Schwingen. Noch zärtlicher wurde er, als er sich den Ansätzen der Flügel näherte. Erael kippte den Kopf nach vorn, sein heftiges Erbeben war für Dantalion deutlich unter den Fingern zu spüren.
„Tue ich dir weh?“, fragte Dantalion scheinheilig. Die Flügelansätze waren bei ihm empfindlich. Vermutlich war es bei Erael nicht anders, denn er schüttelte den Kopf.
„Nein, nein“, sagte Erael leise. „Ich bin dort kitzlig.“
Kitzlig, klar. So konnte man eine erogene Zone auch nennen. Dantalion strich absichtlich langsam und sehr sanft über Eraels Flügel, massierte die durchscheinende Haut. Dabei musste er sich gewaltig beherrschen, keinen Kuss in seinen Nacken zu hauchen, der freilag, da Erael sein langes Haar nach vorn drapiert hatte.
Er spürte, wie Erael sich mehr und mehr entspannte, und war schwer versucht, in seinen Gedanken zu stöbern. Aber nein, hielt er sich selbst davon ab, es war in jeder Beziehung besser, seiner Neugier nicht nachzugeben. Erael reizte ihn, mit ungeahnter Macht, und er wollte gerade bei ihm keine unlauteren Tricks anwenden. Das würde Erael bestimmt nicht amüsant finden. Außerdem war er gar nicht darauf angewiesen, er konnte Erael auch ohne mentale Spielchen in die Richtung bringen, in die er ihn haben wollte.
Dantalion holte eine weitere Portion Salbe aus dem Töpfchen und widmete sich überaus vorsichtig den Flügelansätzen, da Seere die Verletzungen gezielt dort platziert hatte. Die Federn hier am Übergang zu den Schulterblättern waren seidiger Flaum, glänzend, weich und klein. Entzückend, verführerisch zum Kraulen. Doch er unterließ es und arbeitete stattdessen die Creme in die winzigen Federchen ein, bis sie metallisch glänzten. Dabei achtete er peinlich darauf, in Wuchsrichtung der Federn zu arbeiten. Die metallisch silberne Farbe, die Eraels blauweißes Gefieder mit der Mausermedizin annahm, war atemberaubend. Dantalion wurde von einer Sekunde auf die andere steinhart.
„Ich glaube, das reicht jetzt“, sagte Erael, der am ganzen Körper zitterte.
„Warum? Hast du etwa schon genug?“ Dantalion hätte ewig damit weitermachen können, Erael zu massieren. Er beugte sich vor und atmete den Duft von Eraels Haaren ein, der trotz der Zeit in Seeres Folterkeller nicht unangenehm war. Gemischt mit dem Geruch nach Schweiß und Blut bot er Dantalion ein erregendes Odeur.
„Das hier ist viel besser als ein Date“, raunte er an Eraels Ohr. Daraufhin krümmte sich Erael zusammen, wahrscheinlich in der irrigen
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