Fee und der Schlangenkrieger
Arschloch.“
Fee lächelte Schlotte dankbar an. Ihre Loyalität bedeutete ihr viel.
„Ich frag mich nur, wieso er mich so kacke findet. Ich meine, so richtig mich, persönlich.“
„Ich glaub, das kommt dir nur so vor.“
Fee schüttelte den Kopf. „Ich glaub eher, dass der eigentlich gerne locker wär. Weißt du, der geht so ab auf Forschen und Arbeiten und bloß nichts als Archäologie den ganzen Tag lang, dass der überhaupt keinen Spaß am Leben hat. Und dann darf das bitte auch sonst niemand haben. Und deswegen fühlt er sich persönlich davon provoziert, wenn jemand wie ich herumflattert und ihm demonstriert, dass es Leute gibt, denen seine Werte egal sind.“
Schlotte nickte langsam. Etwas überspitzt formuliert vielleicht, aber sie war sicher, dass Fee die Situation erfasst hatte.
Fee kaute auf ihrem Daumennagel herum. Dann zuckte sie mit den Achseln.
„Weißt du, einen Augenblick lang dachte ich gestern, ich hätt’s möglicherweise mit ’nem normalen Menschen zu tun. Er hat mich Fee genannt, weißt du. Ich hätt’ nie gedacht, dass er weiß, dass ich so genannt werde. Aber bei dem darf man nie nachlassen in der Wachsamkeit, der ist nämlich nicht normal. Bam, da würgt er dir wieder eine rein. Der tickt nicht richtig.“
„Du magst ihn!“
Fee rieb sich die Stirn.
„Um Gottes Willen, Fee, der Typ spinnt! Abgesehen davon, dass er ein Dozent ist.“
„Ich will ja nicht wirklich was von ihm, du liebe Zeit.“ Fee zog eine Grimasse. „Ich find ihn nur interessant und ich dachte, … ja, keine Ahnung… irgendwie mag ich ihn bestimmt, aber ich weiß, dass der gestört ist… ist ja auch egal.“
„Komm Fee, da gibt’s echt nettere, normale Männer. Du musst doch mitgekriegt haben, dass Raphael hin und weg von dir ist?“
Fee öffnete den Mund um zu widersprechen, dachte nach und schloss ihn wieder. Dann lächelte sie. „Echt?“
Exkursion zum Mittelberg
Am nächsten Morgen um zwanzig vor Acht fuhr Fee mit dem Bus in die Innenstadt. Schlotte hatte bei ihrem Freund übernachtet und würde von dort aus direkt zur Uni kommen. Fee lehnte den Kopf müde gegen eine Haltestange. Der Bus war voller Schulkinder, sie hatte keinen Sitzplatz bekommen, und hätte sich mit ihrem riesigen Rucksack ohnehin nicht in den Sitz quetschen mögen. Sie dachte an Raphael und fragte sich, ob Schlotte wohl Recht hatte. Das wäre nett, sie mochte Raphael, und so lächelte sie vor sich hin, als eine Stimme direkt neben ihr sie ansprach.
„Hallo Fee, noch nicht so ganz wach, was?“
Fee wandte den Kopf und sah Raphael, der am Konrad-Adenauer-Platz eingestiegen sein musste, vor sich stehen.
„Hab ich dich herbei beschworen?“, fragte sie, „Ich hab gerade an dich gedacht.“
„Echt? Wie schön.“
Der Bus bremste. Fee verlagerte ihr Gewicht, um auf der Drehscheibe im Zieharmonikabus mit ihrem Rucksack nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen und umzufallen.
„Wohnst du auch in Beuel?“, fragten sie gleichzeitig und lachten.
„Ja, in der Limpericher Straße“, sagte Raphael dann, und Fee fragte nach: „Mit deiner Freundin?“
„Nee“, sagte er überrascht. Dann lächelte er. „In ’ner WG. Ich hab keine Freundin.“
Fee hatte sein Gesicht genau beobachtet und an der Art, wie er das sagte, erkannte sie, dass Schlotte recht gehabt hatte. Er
war
interessiert an ihr. Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
„Gut“, sagte sie und als der Bus hielt, ließ sie sich gegen ihn fallen. „Huch!“
„Vorsicht“, sagte er und stellte sie sanft wieder auf. Ihre Gesichter waren sich nun näher als vorher. Sie fuhren über die Kennedybrücke. Fee sah aus dem Fenster. Die Sonne schien, der Rhein glitzerte und Fee konnte das Siebengebirge sehen. Was für ein schöner Morgen!
„Danke“, sagte sie, strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr und legte den Kopf schief.
„Du fährst mit auf die Exkursion, ja?“, fragte er und deutete auf ihr Gepäck.
„Ja“, sagte Fee, „warum kommst Du nicht mit?“
„Ich hab keine Zeit. Ich hab am Freitagabend ein Konzert, und jetzt beinahe jeden Abend Probe.“
„Ein Konzert?“, fragte Fee überrascht.
„Ja, ich spiel in ’nem Ensemble. Klavier“, sagte er etwas verlegen.
Fee riss die Augen auf.
„Du verarscht mich!“
„Nein“, Raphael lachte, „wieso?“
„Ein Klavierspieler!“ Fee griff nach seiner Hand. „Klavierspieler haben schöne Hände – ja.“
Sie lächelten sich an.
„Sowas Blödes“, sagte Fee dann, ehrlich
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