FEED - Viruszone
Munition, um ihn zu erledigen … vorausgesetzt, er war der letzte. »War ja klar«, sagte ich.
»Was war klar?«
»Endlich schaffen wir es in die weltweit besten fünf Prozent, und natürlich werden wir noch am gleichen Abend von Zombies gefressen.«
Shauns Lachen klang zugleich verbittert und belustigt. »Bist du irgendwann mal nicht pessimistisch?«
»Manchmal. Aber dann wache ich immer auf.« Der Zombie kam weiterhin stöhnend näher. Seine Rufe blieben unbeantwortet. »Ich glaube, er ist allein.«
»Schieß halt, du Genie, dann sehen wir’s ja.«
»Spricht nichts dagegen.« Ich unterdrückte das Zittern meiner Hände und richtete die Mündung auf die Stirn des Zombies. »Wenn er mich frisst, bist du hoffentlich der Nächste.«
»Du musst immer zuerst dran sein, was?«
»Du kennst mich doch.« Ich schoss.
Die Kugel sauste an dem Zombie vorbei und stanzte ein kaum sichtbares Loch in den nächsten Wohnwagen. Nach wie vor stöhnend hob der Zombie die Hände zur klassischen »Umarmungsgeste«. Er wurde nun etwas schneller. Niemand hat jemals herausgefunden, woran die Zombies merken, ob ihre Opfer bewaffnet sind, aber irgendwie kriegen sie es raus.
»Shaun … «
»Wir haben Zeit.«
»Ja, klar«, sagte ich. Der Zombie war noch vier Meter entfernt, weit außer Angriffsreichweite, aber er kam näher. »Ich hasse dich.«
»Gleichfalls«, sagte Shaun. Ich riskierte einen Blick zu ihm hoch und sah, dass er auf die Stirn des Zombies zielte und auf die Gelegenheit für den perfekten Schuss wartete. Ein Bolzen, eine Chance: Das klingt vielleicht nach dem gleichen Risiko, mit dem er vorher gespielt hat, aber dem war nicht so. Es ist leichter, ins Schwarze zu treffen, wenn nicht wirklich etwas auf dem Spiel steht.
»Nur, damit das zwischen uns geklärt ist«, sagte ich und schloss die Augen.
Die Schüsse kamen aus zwei Richtungen zugleich. Ich öffnete die Augen und sah, wie der letzte Zombie von einem Hagel Automatikfeuer niedergemäht wurde, der von nicht weniger als vier Wachleuten stammte, zwei von jeder Seite. Über mir stieß Shaun ein lautes Johlen aus.
»Die Kavallerie ist da!«
»Gott segne die Kavallerie«, brummte ich.
Unser angespanntes Patt hatte sich innerhalb von Sekunden aufgelöst. Ich beachtete die zu Boden gefallene Kamera nicht, während ich mich vom Zaun abstieß und auf zwei der Wachleute zuging. Das Gerät konnte ich abschreiben. Buffy hatte das Videomaterial inzwischen runtergeladen, und der Sicherheitsdienst würde sowieso darauf bestehen, das Mistding zu vernichten, da es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Blutspritzer abbekommen hatte, als die Wachleute das Feuer eröffnet hatten. Die Elektronik war zu empfindlich, um eine vollständige Dekontamination zu überstehen. Aus diesen Gründen bezahlen wir regelmäßig unseren Versicherungsbeitrag.
Steve war da und starrte finster auf die gefallenen Infizierten herab, als wollte er sie dazu herausfordern, aufzustehen, damit er sie noch einmal töten konnte. Doch er hatte Pech, denn das Virus reanimiert die Toten nur einmal. Sein Partner stand ein paar Meter weiter weg und begutachtete den Zaun. Es war nicht Tyrone. Ich hielt inne und entwickelte langsam eine vage Ahnung davon, wie die Zombies den Zaun durchbrochen hatten.
Doch vage Ahnungen haben noch nie Quoten eingebracht, solange man sie sich nicht bestätigen lässt. »Was ist passiert?«
»Nicht jetzt, Georgia«, sagte Steve und schüttelte angespannt den Kopf. »Nicht … nicht jetzt.«
Ich überlegte, ob ich beharrlich bleiben sollte. Wenn es sich um eine normale Zombieattacke gehandelt hätte, einen der überfallartigen Ausbrüche, zu denen es überall kommen kann, hätte ich wahrscheinlich genau das getan. Es ist immer am besten, die Überlebenden zu befragen, bevor sie anfangen können, sich über ihr Erlebnis etwas vorzumachen. Wenn der Adrenalinstoß erst mal abebbt, werden fünfzig Prozent der Leute, die eine Zombieattacke überlebt haben, plötzlich zu Helden, die mit nichts als einer 22er und einem starken Magen tausend Zombies niedergeschossen haben, während die anderen fünfzig Prozent abstreiten, dass sie überhaupt jemals nah genug an die Untoten herangekommen sind, um ernsthaft in Gefahr zu geraten. Wenn man die wahre Geschichte will, muss man sie sich gleich holen.
Aber Steve ist ein professioneller Leibwächter und damit wahrscheinlich sehr viel weniger geneigt, sich etwas vorzumachen, als die meisten anderen. Dazu galt es noch zu bedenken, dass
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