Feenfuchs und Feuerkuss
auf ihrem Feenfuchs wie beflügelt. Sie konnte
freier atmen und ihre Sorgen verblassten.
Als sie Evas Wagen schon aus der
Ferne in der Einfahrt stehen sah, wusste sie jedoch, dass die Glückseligkeit
jetzt vorüber war.
Ihre Mutter stand in der Küche
mit der Hüfte an die steinerne Arbeitsplatte gelehnt. In einer Hand hielt sie
ein Wasserglas. Ihre Füße steckten noch in ihren Highheels und sie hatte den
Blazer ihres Designerkostüms noch nicht geöffnet.
Eva
im Einsatz ,
dachte Luisa. Sie wusste, dass ihre Mutter eine Furie im Gerichtssaal sein
konnte. Und diese Furie steckte immer in schönen Kostümen mit hohen Hacken.
Keine guten Aussichten für sie. Luisa ließ sich auf einen Küchenstuhl fallen.
„Wo warst du?“
Sie sah zu ihrer Mutter auf,
deren Stimme ganz klar und freundlich klang. Aber Evas Augen blickten stechend.
Luisa versuchte ihr Glück: „Bei
der Nachhilfe.“
Eva knallte das Wasserglas
geräuschvoll auf die Steinplatte. „Ach ja? Hast du einen neuen Nachhilfelehrer?“
Luisa rollte mit den Augen. „Nein.“
„Dann erklär mir mal, warum Sam
nicht wusste, wo du bist?“
Luisa atmete tief durch. Eva
hatte ihn also wirklich angerufen. „Ich habe nach Ophelia geschaut.“
Eva nickte langsam. „Nach ihr
geschaut?“
„Einer muss sich ja um das Wohl
dieses Tieres kümmern.“
„Dir ist schon klar, dass du den
Jungen in Schwierigkeiten bringst, oder?“
Luisa sah verdutzt drein. „Den
Jungen?“
„Jonathan. Sein Vater war nicht
gerade erbaut, als ich ihn anrief, um zu fragen, ob sich meine aufsässige
Tochter an seinem Gestüt herumtreibt und er herausfinden musste, dass sowohl
das Berittpferd als auch sein Sohn verschwunden waren.“
„Scheiße“, entfuhr es Luisa. Wenn
Jonathan jetzt in der Patsche saß, würde er ihr so einen wundervollen Ritt auf
Ophelia wie heute sicher nicht noch einmal ermöglichen. Sie hätte auf der
Stelle heulen können.
„Du sagst es, Schätzchen. Du
sitzt ganz tief drin.“ Eva drehte sich ruckartig um und stürzte das Wasser aus
ihrem Glas in einem Zug herunter. „Du hast Hausarrest.“
Luisa schlug die Hände vors
Gesicht und verfluchte ihr Leben. Wo war Ansgar Frost, wenn man ihn brauchte?
Ihr Vater hätte sie sicher unterstützt und Eva nicht so über sie herfallen
lassen. Jetzt war sie ihrer Mutter schutzlos ausgeliefert. Und Ophelia auch.
In ihrem Zimmer schrieb sie
Jonathan eine SMS: ‚Es war so schön heute. Hoffe, du hast jetzt keine Probleme
bekommen. Ich schon – hab Hausarrest. Bitte kümmere dich morgen um Ophelia.
Danke :-*‘
Am Abend fuhr Eva sie zu Jeska,
da sie mit ihrer Freundin ein Referat vorbereiten musste. Ihre Mutter hatte nur
mit einem Zähneknirschen zugestimmt, aber schließlich eingewilligt sie zu Jeska
zu fahren. Jetzt standen sie vor dem Haus ihrer Freundin und Luisa stieg mit
einem leisen ‚Danke‘ aus.
„Ruf mich an. Dann hol ich dich
wieder ab“, sagte Eva und fuhr davon.
Luisa ging die Stufen zu der
weißen Jugendstil-Villa hinauf. Sie drückte auf die Klingel, hörte wie die
melodischen Glockentöne durch die Eingangshalle schallten und wartete.
Die reich verzierte Tür wurde
geöffnet und Luisa blickte in das aristokratisch anmutende Gesicht von Frau
Rubin.
„Luisa, was führt dich zu uns?“,
fragte Jeskas Mutter mit einer Mischung aus Überraschung und Neugierde in den
forschenden Augen.
Luisa musste schmunzeln, denn
immer wenn Frau Rubin sie auf diese Art ansah, hatte sie das Gefühl ein
Labortier zu sein. Außerdem war die Unterschiedlichkeit von Jess und ihren
Eltern so augenfällig, dass man sich fragen musste, ob ihre Freundin nicht kurz
nach der Geburt vertauscht worden war. Aber da Jeskas Mutter und Vater beide in
dem Krankenhaus arbeiteten, wo ihre Freundin zur Welt gekommen war, stand diese
Theorie wohl auf wackeligen Beinen.
„Guten Abend, Frau Rubin. Ich
wollte mit Jess unser Physik-Projekt vorbereiten. Sie ist doch da, oder?“
„Das Getöse, das aus ihrem Zimmer
schallt, lässt dies jedenfalls vermuten.“
Die große, aber sehr zart gebaute
Ärztin, deren dunkelbraune Haare zu einer eleganten Frisur hochgesteckt waren,
bedeutete Luisa einzutreten. Frau Rubin lächelte dabei, aber es sah wie immer
recht unsicher aus. Es schien, als wüsste Frau Rubins Kopf, dass sie aus
Freundlichkeit lächeln musste, aber ihre Lippen waren an diese Art der
zwischenmenschlichen Kommunikation nicht gewöhnt und brachten nur ein
mittelmäßiges Ergebnis zustande.
Frau Rubin ging ihr voran
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