Feenkind 2: Im Reich der Feen (German Edition)
der Hand und zog sie hinter sich her, bis sie einen Schmuckstand erreicht hatten, den Dhalia sich vorhin angeschaut hatte. Sie suchte die Auslage mit den Augen ab, bis sie etwas fand, das ihr zusagte. Zufrieden hielt sie es hoch. Es war ein kleines Medaillon an einer bronzenen Kette. In den Deckel war ein funkelnder Stein eingelassen und ringsum waren verschlungene Muster eingraviert. Geschickt ließ Dhalia den Deckel aufspringen und darunter kam ein fein gearbeiteter Kompass zum Vorschein. "Für dich", sie lächelte Ionela fröhlich an. "Damit du immer deinen Weg im Leben findest - wohin er dich auch führen mag."
Zögernd nahm Ionela das Schmuckstück in die Hände. "Das kann ich nicht annehmen." Sie schüttelte erschrocken den Kopf. "Wieso sollte ich auch?"
"Damit du mich nicht vergisst." Als sie Ionelas erschrockenen Blick bemerkte, fügte Dhalia rasch hinzu: "Ich werde die Truppe morgen verlassen. Es ist also ein Abschiedsgeschenk. Es wird Zeit für mich weiterzuziehen."
"Und wo willst du nun hin?"
Dhalia öffnete schon den Mund, um ihr zu antworten, überlegte es sich jedoch anders. Es war möglich, dass Mulgrave trotz der Abmachung nach ihr suchen würde. "Es ist vermutlich besser für dich, wenn du es nicht weißt."
Ionela nickte. In den letzten Wochen hatte sie es sich angewöhnt, nichts, was Dhalia sagte, in Frage zu stellen. "Ich würde dich zwar auch so nie vergessen, aber ich nehme dein Geschenk gerne an." Sie zuckte leicht mit den Schultern. "Wer weiß, vielleicht führt mich der Kompass ja einmal wieder zu dir." Dhalia nickte und versuchte, ihr Lächeln angesichts der Feierlichkeit in der Stimme ihrer Freundin zu verbergen.
"Oh je!" rief Ionela plötzlich aus. "Wir sollten jetzt lieber zurück und uns für die Show fertig machen."
"Eigentlich wollte ich noch eine Kleinigkeit essen", wandte Dhalia ein.
"Das können wir auch unterwegs tun", entschied Ionela.
Dhalia folgte ihr ohne Widerrede. Sie hatte keine Lust, Mulgrave einen Anlass zu geben, sie doch noch aufzuhalten.
* * *
Ein lautes Klopfen ließ Chris erschrocken zusammenfahren. Er hob seinen Kopf ruckartig von der Tischplatte, auf der er offenbar gelegen hatte, und kämpfte einen Augenblick gegen Schwindel und Übelkeit. Dann griff er missmutig nach einem Stück Papier, das an seiner linken Wange klebte, und richtete seinen trüben Blick darauf. Es erwies sich als das Etikett einer Weinflasche, die gleich daneben leer herumlag. Das Klopfen wiederholte sich und Chris erinnerte sich, dass es genau das gewesen war, was ihn aufgeweckt hatte.
"Herein", krächzte er heiser und drehte sich skeptisch zur Tür, um zu sehen, wer sein Besucher sein mochte. Als er Nico erkannte, ließ er seinen Kopf erschöpft zurück auf den Tisch fallen. Nico war kein übler Bursche und ein recht akzeptabler Saufkumpan, doch so langsam ging er Chris gehörig auf die Nerven. Seit er ihn vor ungefähr einer Woche kennen gelernt hatte, schien Nico es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, Chris zu helfen. Er verstand einfach nicht, dass er ihm nicht helfen konnte, selbst, wenn Chris diese Hilfe gewollt hätte. Niemand konnte das. Und Chris konnte seine kläglichen Versuche einfach nicht mehr ertragen. "Was willst du?" brummte er.
"Es wird Zeit, dass du hier wieder raus kommst", erwiderte Nico, die Nase wegen der stickigen Luft und Chris' erbärmlichen Zustands missbilligend gerümpft. "Und ich weiß auch schon das Richtige für dich."
"Geh weg", brummte Chris unwirsch.
"Nur, wenn du mit mir kommst." Nico musterte seinen Freund mitfühlend, doch dann schlich sich langsam ein verärgerter Ausdruck in sein Gesicht. "Jetzt reiß dich doch endlich zusammen, Mann! Das Leben geht schließlich weiter. Es ist das Fest der Wintersonnenwende und du willst hier allein herumhängen und in Wein und Selbstmitleid ertrinken?! Die besten Gauklertruppen des Landes sind in der Stadt versammelt." Er senkte die Stimme, kam etwas näher und hockte sich neben Chris. "Ich habe von einer Kleinen gehört, einer Amazonenprinzessin, die reihenweise die Männer umhaut. Die soll verdammt hübsch sein. Wer sie im Schwertkampf besiegt, bekommt sogar einen Kuss von ihr. Nur ist es noch keinem gelungen." Er stupste ihn mit dem Ellbogen in die Seite. "Hast du mir nicht mal erzählt, du wärst recht geschickt mit dem Schwert? Wieso also dein Glück nicht mal versuchen? Wer weiß, vielleicht wird dich ja ein Kuss von dieser geheimnisvollen Schönen von deiner trüben Laune heilen?"
Chris schwieg. Er hatte keine
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