Feenkind 2: Im Reich der Feen (German Edition)
unüberhörbare Drohung darin mit.
Dhalia ballte ihre herunterhängenden Hände zu Fäusten und reckte ihr Kinn kämpferisch empor. "Nein." Sie blickte ihn fest an. "Ich informiere dich lediglich darüber, dass sich unsere Wege heute trennen. Jetzt, da du das weißt, kann ich ja gehen." Sie wandte sich ab.
"Warte!" Mit einem Sprung war er bei ihr und riss sie grob an der Schulter herum.
Der Dolch, der dabei plötzlich gegen seinen Bauch gedrückt wurde, verriet ihm, dass der Angriff für die junge Frau nicht ganz überraschend gekommen war.
"Warte", wiederholte Mulgrave nun in einem viel einschmeichelnderen Ton. "Du kannst heute noch nicht gehen."
"Und wieso nicht?" Sie sah ihn herausfordernd an.
"Du bist bereits angekündigt. Ich würde zum Gespött der Leute, wenn ich plötzlich ohne meine Hauptattraktion dastünde. Außerdem ist morgen das Fest der Sonnenwende. Von überall her strömen schon seit Tagen Leute in die Stadt. Wir können uns dieses Geschäft doch nicht entgehen lassen." Er versuchte ein gewinnendes Lächeln.
"Und danach kann ich ohne Widerrede gehen?" fragte Dhalia argwöhnisch nach.
"Aber ja doch." Mulgrave winkte nachlässig mit der Hand. "Bis zum Neujahrsfest lasse ich mir schon etwas anderes einfallen."
Dhalia überlegte. "Also gut", willigte sie schließlich widerstrebend ein.
"Gutes Mädchen." Mulgrave atmete erleichtert aus. Dann fiel ihm noch etwas ein. "Könntest du morgen vielleicht endlich mal verlieren?"
"Nicht mit Absicht." Dhalia schüttelte lächelnd den Kopf.
"Aber denk nur an all das Geld", machte er einen letzten Versuch.
"Ich sagte doch schon, dass es mir nicht darum geht." Sie wusste, dass er ihr das nicht glaubte, doch das war ihr egal. Sie blieb nicht wegen des Geldes noch einen Tag länger und auch nicht, um Mulgrave einen Gefallen zu tun. Es gab nur einen einzigen Grund für sie, in Alandia zu bleiben - Chris.
Vielleicht war er gerade jetzt in dieser Stadt.
Vielleicht hatte er von ihr gehört.
Vielleicht würde er kommen, um sich ihren Auftritt anzusehen.
Es machte ihr unsagbar viel Spaß, sich sein Gesicht vorzustellen, wenn er sie erkannte. Sie lächelte unbewusst, dann fiel ihr auf, dass Mulgrave sie finster anstarrte. "Ich gehe dann jetzt", sagte sie und steckte ihren Dolch zurück in seine Scheide. Heute hatte sie von Mulgrave nichts mehr zu befürchten.
Sie nutzte den nächsten Morgen, um durch die Straßen von Alandia zu wandern. Sie hatte keine Ahnung, wo Chris sich befinden konnte, wenn er denn überhaupt in der Hauptstadt war. Doch sie hatte das sichere Gefühl, dass sie ihn einfach treffen
musste
. Jedes Mal, wenn sie einen Mann erblickte, der ihm ähnlich sah, zuckte sie aufgeregt zusammen und wild flatternde Schmetterlinge schienen sich in ihrem gesamten Körper auszubreiten. Langsam, mit angehaltenem Atem kam sie näher, den Augenblick des Wiedersehens ersehnend und gleichzeitig hinauszögernd, da er einmalig und unwiederbringlich sein würde. Doch jedes Mal, wenn sie ihn endlich erreichte, streifte sie der Blick gleichgültiger fremder Augen ohne jegliche Spur des Erkennens.
Schließlich lenkte Dhalia ihre Schritte zu einem großzügig angelegten Markt. Sie musste sich noch mit einigen Dingen eindecken, bevor sie am nächsten Morgen weiter nach Südosten zog, zum Dunaíi-Gebirge und dem dort liegenden Vulkan, der irgendwo tief in seinem Inneren das Geheimnis magischen Feuers verbergen musste.
Gerade als sie nachdenklich vor einem Stand mit Schaffell überzogener Holzclogs stehen blieb, legte sich plötzlich eine Hand leicht auf ihre Schulter. Aufgeschreckt blickte Dhalia hoch und sah in Ionelas grinsendes Gesicht. "Endlich habe ich dich gefunden!" trällerte die rothaarige Frau vergnügt. "Ist der Markt nicht der größte, den du jemals gesehen hast? Hier gibt es einfach alles." Sie musterte die Auslage der Bude, vor der Dhalia gerade stand, und rümpfte ihre Nase. "Die hier würde ich dir allerdings nicht empfehlen", sagte sie halblaut und deutete auf die Clogs. "Lederstiefel sind viel bequemer. Und ich weiß, dass du sie dir leisten kannst."
"Ich habe mich bereits eingedeckt." Dhalia hob lächelnd ihren Fuß hoch, damit Ionela die dicken, pelzgefütterten Lederstiefel begutachten konnte, die die Stelle von ihren abgetragenen Schuhen eingenommen hatten.
"Die sind wirklich schön", stimmte Ionela bewundernd zu.
Plötzlich hatte Dhalia das Bedürfnis, dieser so freundlichen und ungekünstelten jungen Frau ein Geschenk zu machen. "Komm mal mit." Sie nahm sie bei
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