Feenkind 2: Im Reich der Feen (German Edition)
die Stadt also mitten in der Nacht verlassen."
"Welches Tor war das?"
"Das Osttor, Herrin."
"Ganz sicher? Nicht das Westtor?"
"Das Osttor, Herrin."
Nachdenklich lehnte Eliza sich zurück. Das konnte verschiedene Ursachen haben: Es war gar nicht Dhalia, die das Tor benutzt hatte. Oder sie hatte das Tor benutzt, um sich irgendwo mit Chris zu treffen. Die Wahl des Tores wäre bei der zweiten Alternative ohne jede Bedeutung. Oder aber Dhalia hatte die Stadt ohne Chris verlassen, vermutlich ohne auch nur zu wissen, dass er Alandia ebenfalls gerade erst verlassen hatte.
Eliza hatte keine Möglichkeit herauszufinden, welche der Alternativen zutraf. Doch ihr Gefühl sagte ihr, dass es die dritte war. Wieso hätten sie sich außerhalb der Stadtmauern treffen sollen? Es war überhaupt nichts dabei, wenn sie Alandia gemeinsam verließen. Und Eliza konnte sich nicht vorstellen, dass jemand außer Dhalia so tollkühn - oder verzweifelt - hätte sein können, um mitten in der Nacht in einen tobenden Schneesturm hinaus zu reiten.
Das hieß also, dass Dhalia allein unterwegs war. Sie hatte nicht mit Chris gesprochen. Sonst hätte er sie bestimmt nicht allein gelassen. Sie hatte zwar keine Idee, was ihn veranlasst hatte, so rasch abzureisen, doch offensichtlich hing das nicht mit Dhalia zusammen. Dieses Rätsel konnte also warten. Es blieb daher die Frage: wohin wollte Dhalia und was hatte sie vor?
Die Antwort darauf lag vermutlich irgendwo im Osten. Warum sonst hätte sie die Stadt durch dieses Tor verlassen sollen?
Die Entscheidung stand somit fest. Eliza würde ebenfalls nach Osten gehen.
* * *
"Liz hat soeben die Stadt verlassen", berichtete Dorian nach einem kurzen Blick auf die etwa handflächengroße Metallscheibe in seiner Hand. Er lehnte lässig am Fenster in Dennas Büro und wirkte absolut unbeteiligt.
Denna warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Sie legte Wert auf Disziplin und Haltung in ihrer Anwesenheit, doch sie sagte nichts. Als einer ihrer besten Leute konnte Dorian sich einiges durchgehen lassen. Er genoss es, eine Aura lässiger Überlegenheit zur Schau zu stellen. Denna zuckte innerlich mit den Achseln - wenn sie ihn so bei Laune halten konnte, war es ihr auch recht.
"Wo will Eliza denn hin?" fragte sie ihn.
"Anscheinend nach Osten." Dorian zuckte mit den Achseln. "Keine Ahnung, was sie dort will."
Nachdenklich blickte Denna zu der großen transparenten Karte, die in der Mitte ihres Büros schwebte. Was konnte nur ihr Ziel sein? "Meinst du, sie könnte noch immer das Mädchen jagen?"
"Du meinst, das tote Mädchen?" präzisierte Dorian skeptisch.
Denna schoss ihm einen verärgerten Blick zu. "Was weiß ich. Irgendeinen Grund muss es für ihr merkwürdiges Verhalten doch geben." Sie seufzte schwer. "Ich hatte gehofft, dass sie sich wieder fangen würde, dass sie wieder zu uns zurückkehren würde. Als sie in Alandia ankam, habe ich es für ein gutes Zeichen gehalten. Ich habe sogar eine Begegnung mit Traian für sie arrangiert. Ich weiß doch, dass sie eine Schwäche für ihren Wächter gehabt hat ..."
Dorian zog eine Grimasse. "Eine
Schwäche
würde ich das nicht gerade nennen."
"Wie auch immer", schnitt Denna ihm das Wort ab. Sie hatte keine Lust auf seine Eifersüchteleien. Dann blickte sie ihn nachdenklich an. "Du kennst sie doch sehr gut. Wie hat sie auf dich gewirkt, als du sie gesehen hattest?"
Dorian zögerte. "Ganz normal, ein wenig durch den Wind, vielleicht. Aber wer wäre das nicht?"
"Ist es möglich, dass sie auf dieses Mädchen ganz fixiert ist? Könnte sie glauben, dass sie sie unbedingt fangen muss, um nach Hause zurückkehren zu können?"
"Schon möglich", erwiderte Dorian mit Bedacht. Er selbst hielt die Idee auch nicht für so abwegig, wie sie Denna offensichtlich erschien. "Was ist denn so falsch daran?"
"Ah!" Denna blickte ihn an, als wäre sie unschlüssig, ob sie verärgert oder belustigt über so viel Naivität sein sollte. "Wen interessiert schon das Mädchen? Gut, sie hat einige rätselhafte Dinge vollbracht. Vielleicht allein, vielleicht auch mit fremder Hilfe. Seit mehreren Monden ist es nun völlig ruhig um sie geworden. Und selbst zuvor hatte sie keinen Schaden angerichtet. Nein, das stimmt nicht ganz", widersprach sie sich selbst. "Sie hat Eliza von uns entfremdet. Und das ist ihr schlimmstes Verbrechen. Es gibt nur so wenige von uns. Und auch von uns fordert der Krieg mit Lebardien Verluste. Wir sind ein Volk, wir sollten zusammenhalten."
Dorian gab vor, aus dem Fenster zu
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