Feenkind
ab. "Meine Güte, Dhalia, bist du das wirklich, Kind?" Das Gesicht verschwand sofort und Dhalia hörte, wie die Treppe im Hausinneren unter Kallas Gewicht knarrte, als diese sich zur Tür beeilte. Die Tür wurde aufgerissen und Dhalia ins Hausinnere gezogen und kräftig an Kallas Brust gedrückt. Dann schob sie Dhalia leicht von sich, um sie genauer zu betrachten.
Die junge Frau lachte. Es war schön, so empfangen zu werden. "Ich bin es tatsächlich, Kalla."
"Und wie hübsch du geworden bist. Eine richtige Dame. Lass dich mal anschauen. Wie lange ist es jetzt her? Ein Jahr? Wurde Zeit, dass du uns wieder mal besuchst. Aber du musst ja ganz müde nach der langen Reise sein. Hier, lass mich deinen Umhang abnehmen. So, und nun gehst du da rein und machst es dir am Kamin gemütlich, während ich dafür sorge, dass dein Pferd versorgt wird und du selbst auch etwas zu essen bekommst. Und dann erzählst du mir erstmal alles - wie es dir geht und was du hier machst." Glücklich wie eine Glucke, die ihr Küken wieder gefunden hatte, rannte Kalla davon.
Während sie sich ihre Hände am Kamin wärmte und lächelnd zusah, wie Kalla alle Vorbereitungen für Dhalias Mahl traf, spürte sie, wie sich auch in ihrem Herzen eine wohlige Wärme ausbreitete, eine Wärme, die sie seit mehreren Tagen nicht mehr verspürt hatte.
Als Kalla sich endlich auch hingesetzt hatte, musterte sie ihre Besucherin besorgt. "Du siehst blass aus. Fehlt dir etwas?"
"Nein, alles in Ordnung. Ich bin nur erschöpft", sagte Dhalia etwas zu zügig.
"Bist du ganz allein hier?" fragte Kalla, der erst jetzt aufzufallen schien, dass das Mädchen keine Begleiter hatte.
"Ja. Das hat sich so ergeben", fügte sie ausweichend hinzu, als sie Kallas fragenden Blick bemerkte.
"Ist wirklich alles in Ordnung?"
"Aber ja doch", winkte Dhalia ab. "Ich würde morgen gern zur Bibliothek gehen", wechselte sie das Thema. "Und wenn ich dort bin, könnte ich etwas Hilfe gebrauchen."
"Aber natürlich. Worum geht es denn?"
"Ich möchte mehr über die Feen erfahren."
"Über die Feen?" Kalla sah ihre junge Freundin an, als würde sie an ihrem Verstand zweifeln. "Warum in aller Welt möchtest du etwas über Feen erfahren?"
Dhalia blickte zu Boden. "Diesen Aspekt der Geschichte habe ich bisher ziemlich vernachlässigt."
"Dennoch." Kalla war noch nicht sonderlich überzeugt. "Da gibt es auch nicht viel zu wissen. Die einen sind schon längst von hier verschwunden. Und wir können uns nur wünschen, dass die anderen, die noch hier sind, ihnen bald nachfolgen." Sie sah Dhalia scharf an. "Du hast doch keinen Ärger mit ihnen, oder?"
Die junge Frau schüttelte den Kopf.
"Gut, von denen sollte man sich nämlich fernhalten."
Unwillkürlich musste Dhalia lächeln. "Genau das hat Vater mir auch gesagt."
"Ein weiser Mann, dein Vater. Wie geht es eigentlich deinen Eltern?"
"Ganz gut, danke." Dhalia wusste, dass Kalla mehr Informationen erwartete, doch sie konnte jetzt nicht darüber sprechen. Sie leerte ihre Tasse und wischte sich müde mit den Händen über das Gesicht. "Ich würde jetzt gerne schlafen gehen."
"Aber natürlich, meine Liebe. Ich habe dein übliches Zimmer für dich herrichten lassen."
"Danke." Dhalia umarmte kurz die andere Frau und verließ schweigend das Zimmer.
Kalla sah ihr besorgt hinterher. Sie saß noch eine Zeitlang schweigend in ihrem Sessel und versuchte, sich einen Reim auf die Ereignisse des Abends zu machen. So niedergeschlagen und schweigend hatte sie ihre junge Freundin noch nie erlebt.
Am nächsten Morgen konnte Dhalia es kaum erwarten, zur Bibliothek aufzubrechen.
"Was genau möchtest du denn über die Feen erfahren?" fragte die Bibliothekarin, als sie durch das Eingangsportal des eindrucksvollen Gebäudes schritten.
"Ich weiß nicht so recht." Dhalia blickte sich unschlüssig um, als könnten die bis zur Decke mit Büchern angefüllten Regale ihr irgendeinen Hinweis darauf geben, wo sie mit der Suche beginnen sollte. "Was für Bücher gibt es denn hier zu diesem Thema?"
"Ich schaue mal im Register nach. Es ist aber nicht wirklich gefragt, weißt du. Außerdem sind viele Bücher verboten worden, als wir Teil des Großen Reiches wurden." Kalla konnte ihre Neugier nicht länger bezwingen. "Willst du mir denn nicht sagen, woher dein plötzliches Interesse an den Feen kommt? Ich könnte dir bestimmt besser helfen, wenn ich wüsste, wonach du suchst."
"Das weiß ich leider auch nicht so genau." Dhalia zuckte entschuldigend mit den Schultern. "Aber es ist wichtig, bitte,
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