Feenkind
wie die Hirealis, zu ihrem Vorteil zu nutzen vermochten, und setzten alles daran, diese auszurotten. In ihrem Eifer, die Macht der Feen zu schwächen, erkannten sie nicht, dass die Magie der Natur einfach nur
ist
, sie ist weder gut noch schlecht noch gehört sie jemandem. Wenn die Menschen sich nur bemüht hätten, sie hätten sie genauso nutzen können. Doch die Angst vor den Feen machte sie blind für die Schönheit, Erhabenheit und Macht, die sie überall umgab. Nun", Lenuta zuckte mit den Schultern. "Pech für sie und Glück für mich. Und für dich auch, Kleine, falls ich hinten im Garten noch ein paar reife Früchte habe."
Dhalia lächelte und betrachtete verstohlen die alte Frau, die sich wieder über die Karte gebeugt hatte. Zuerst hatte sie ihr nicht getraut und sie dann für eine Schwindlerin gehalten. Doch Lenuta wusste so viel über die verschiedensten Dinge - über Magie und die Alten Feen. Gern hätte Dhalia mehr über all das erfahren, doch sie traute sich nicht, um ihre Absicht nicht zu verraten. Chris schien das alles immerhin auch nicht besonders zu interessieren. Er saß ruhig in der Ecke und schnitzte an irgendwelchen Artefakten oder Amuletten, die er irgendwann an arme Tölpel zu verkaufen gedachte. Obwohl Dhalia das nicht gut heißen konnte, traute sie sich nicht, es ihm zu verbieten. Der Gedanke, anderen Menschen wertlosen Schund für gutes Geld anzudrehen, schien sein Gewissen nicht im Mindesten zu belasten. Da wollte sie ihm nicht den Spaß verderben.
Ihr Blick wanderte zurück zu Lenuta. So, wie sie da über den Tisch gebeugt saß, hätte sie eine ganz normale Frau sein können. Gewiss, sie war für ihr Alter noch sehr rüstig - wie alt war sie eigentlich genau? - doch nichts in ihrem Erscheinungsbild deutete darauf hin, dass sie sich auf die Magie verstand. Zu gern hätte Dhalia gewusst, woher sie ihr Wissen hatte. Schließlich konnte sie ihre Neugier nicht länger zurückhalten und fragte gerade heraus, woher Lenuta all diese Dinge wusste.
Die alte Frau zuckte unbestimmt mit den Achseln. "Ich bin viel gereist in meinem Leben und ich bin vielen Menschen begegnet, alten Menschen, weisen Menschen. Menschen, die mich vieles gelehrt haben."
Dhalia nickte enttäuscht. Irgendwie hatte sie gehofft, dass sie ebenfalls dem mysteriösen Feenmann begegnet war, den Chris Del nannte. "Und seid Ihr schon einmal jemanden von den Feen begegnet?" fragte sie dennoch.
"Dunkelfeen mit Sicherheit. Doch niemandem aus dem Alten Volk. Vor Hunderten von Jahren haben sie sich aus dieser Welt zurückgezogen. Und so alt bin ich nun auch wieder nicht", setzte sie trocken hinzu.
Dhalia starrte sie aus großen Augen an. "Aber wisst Ihr es denn nicht ...?" Sie warf Chris einen schnellen Blick zu, doch er war in seine Arbeit vertieft. "Vor über fünfzehn Jahren hat es einen Feenmann in der Hauptstadt gegeben. Habt Ihr ihn nicht kennen gelernt?"
"Leider nein", erwiderte Lenuta bedauernd. "Doch woher weißt du davon?"
"Ich habe Leute darüber sprechen hören. Aber Ihr wart doch dabei gewesen. Ich dachte, Ihr hättet in Alandia gewohnt."
Traurig senkte Lenuta den Blick. "Nein, ich bin erst kurz danach in diese Gegend zurückgekehrt. Davor bin ich fast zwanzig Jahre lang durchs Land gezogen. Ich habe es nie lange an einem Ort aushalten können. Daher weiß ich so viel."
"Habt Ihr denn nie Familie gehabt?" fragte Dhalia erstaunt, bevor sie sich bremsen konnte.
Lenuta blickte überrascht hoch, doch Dhalia hielt ihrem Blick tapfer stand.
"Ich war nie ein häuslicher Mensch gewesen", sagte die alte Frau schließlich. "Die Freiheit und das Abenteuer hatten mich schon immer gelockt." Sie machte eine Pause und sprach plötzlich schneller. "Doch ich habe eine Tochter gehabt, mit ihr gemeinsam habe ich die Geheimnisse dieser Welt erforschen wollen. Aber leider hatte sie nicht meine Abenteuerlust geerbt. Sobald sie alt genug war, für sich selbst zu sorgen, war sie ihren eigenen Weg gegangen. Als ich schließlich von meiner Wanderschaft zurückgekommen war, habe ich erfahren, dass sie schon längst gestorben war."
"Das tut mir leid."
"Mir auch, Kindchen. Mir auch."
Während sie Lenuta mitleidig musterte, fiel Dhalia plötzlich auf, dass das Schaben von Chris' Messer aufgehört hatte. Auch er hatte Lenutas Geschichte mitfühlend zugehört. Anscheinend war sie auch für ihn neu gewesen.
"Und Euer Gatte?" konnte Dhalia sich nicht zurückhalten.
Lenuta zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Wir waren schon viele Jahre zuvor getrennte
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