Feenkind
zitternden Fingern öffnete sie Tür.
Chris! erkannte sie erleichtert. Doch ihre Erleichterung schwand, als er mit blassem Gesicht und einem undefinierbaren Stöhnen nach vorne kippte und in ihren Armen zusammensank. Dhalia schwankte unter seinem Gewicht und konnte ihn nur mit Mühe daran hindern, zu Boden zu fallen. Keuchend zerrte sie ihn, ohne auch nur die Tür hinter ihm zu schließen, ins Zimmer und legte ihn auf dem kleinen Teppich vor dem Bett ab. Ihn ins Bett zu hieven, fehlte ihr einfach die Kraft. Besorgt und auf das Schlimmste gefasst beugte sie sich dann über ihn, um ihn nach den dringendsten Wunden abzusuchen.
Doch mit dem ersten Atemzug richtete sie sich angewidert auf. Ohne sich weiter um ihn zu kümmern, stieg sie seelenruhig über seinen am Boden liegenden Körper hinweg und schloss die Zimmertür.
"Haalloo", winkte Chris ihr selig zu. Er versuchte, sich auf seinen Ellenbogen aufzurichten, gab den Versuch dann aber auf und rollte sich auf der Seite zusammen. Er war stockbesoffen.
Dhalia musterte ihn mit zusammengekniffenen Lippen, unsicher, ob sie verärgert oder belustigt sein sollte. Doch schließlich siegte der Ärger. Sie hatte sich Sorgen um ihn gemacht, eine schlaflose Nacht seinetwegen durchlebt und sich mit Selbstvorwürfen gequält, während er sich munter die Birne zugeschüttet hatte. Entschlossen ging sie zu dem kleinen Waschschrank und kippte das kalte Wasser aus der kleinen Schüssel über Chris' Kopf.
"He-ey", beschwerte er sich müde prustend. Doch bevor er noch etwas hinzufügen konnte, traf ihn eine weitere kalte Dusche. Dhalia hatte nun auch den Inhalt der großen Karaffe über ihn gekippt, die sie neben der Waschschüssel entdeckt hatte.
Etwas munterer schüttelte Chris den Kopf, so dass Wassertropfen nach allen Seiten flogen, und schaffte es, Dhalia mit einem Blick zu fixieren, in dem zumindest ein Teil der sonstigen Intelligenz zum Vorschein kam.
"Ist das etwa der Dank?" Die Worte kamen langsam, als müsste er sich stark darauf konzentrieren, sie aus seinem umnebelten Hirn zu holen.
"Der Dank wofür?" fragte Dhalia sarkastisch. "Dafür, dass ich die halbe Nacht in der Sorge um dich wach gelegen habe, oder dafür, dass ich beinahe schon aufgebrochen war, um nach dir suchen?" Sie musterte ihn vorwurfsvoll. "Ich fürchte, dafür werde ich mich noch ein wenig mehr bei dir bedanken müssen."
Chris blickte sie mit großen Augen an und grinste. Sie bezweifelte, dass er sie überhaupt verstanden hatte, doch zumindest ein Teil ihrer Rede schien ihm nicht entgangen zu sein. "Du hast dir Sorgen um mich gemacht!" murmelte er selig und streckte die Arme nach ihr aus, während ihm die Augen wieder zufielen.
Angesichts dieser so albernen Szene gewann doch schließlich Dhalias Belustigung die Oberhand.
"Komm, wir bringen dich jetzt lieber ins Bett. Auf dem nassen Boden holst du dir sonst noch den Tod." Sie packte seine Schultern und schaffte es irgendwie, seinen Oberkörper ins Bett zu stemmen. Dann packte sie seine Beine und zog sie ebenfalls hoch. Zum Schluss zerrte sie noch die Decke unter seinem Körper hervor und legte sie über ihn. Als sie sich über ihn beugte, um die Lage seines Kopfes zu korrigieren - er würde sich beim Aufwachen auch ohne einen steifen Nacken elend genug fühlen - öffnete er plötzlich die Augen und sah sie direkt an.
Sanft streichelte seine Hand über ihre Wange und ihre Haare. "Meine Dhalia", murmelte Chris zärtlich. Dann fiel die Hand auch schon schlaff zurück und er war eingeschlafen.
Obwohl sonst niemand anwesend war, versuchte Dhalia die Situation mit einem nervösen Lachen zu überspielen. "Alkohol und Männer", sagte sie leise mit einem Kopfschütteln. "Schlaf dich nur ruhig aus", setzte sie dann hinzu, als sie in der Hoffnung auf ein Frühstück das Zimmer verließ.
Nach einem kurzen Imbiss hatte sie großzügigerweise beschlossen, Chris noch ein wenig Schlaf zu gönnen. Er würde einen frischen Kopf brauchen, um ihr die Ereignisse der Nacht zu erklären. Und sie konnte die Zeit nutzen, sich ein wenig in dieser interessanten und für sie so fremdartigen Stadt umzusehen. da sie jedoch keine Zeit zu verlieren hatten und sie sich auch nicht zu weit von der Herberge entfernen wollte, war die Chris von ihr gewährte Gnadenfrist schon bald verstrichen.
Kurze Zeit später wedelte sie neckend mit einer Tasse starken Kaffees, die sie zusammen mit etwas Brot für ihn mitgebracht hatte, vor seiner Nase herum, bis er aufwachte. Doch als er die Hand danach
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