Feenkind
dem Rest des Reiches zurückgeblieben waren. Das schmälerte natürlich auch die Bedeutung ihres Auftrages. Sie hatte gehofft, dass ihr mit diesem Einsatz endlich der Aufstieg in die höheren Ränge gelingen würde. Doch wenn sie sich so umschaute, hielt sie es für äußerst unwahrscheinlich, dass hier irgendwo starke Magie hätte verübt werden können. Wahrscheinlich war nur wieder ein Detektor defekt. Und nun saß sie in diesem Provinznest fest, um die Sache aufzuklären.
Sie erreichten die Gaststätte. Eliza ließ sich ihren Unwillen über das schäbige Erscheinungsbild der Absteige nicht anmerken und nickte gnädig mit dem Kopf. Sie würde diesen Auftrag dennoch gewissenhaft erfüllen. Vielleicht war an dem Ganzen ja doch etwas Wahres dran.
Die Dunkelfee und ihre Begleiter ließen sich an einem freien Tisch nieder. Während sich ihre Wächter, Gheorghe und Traian, jeweils ein riesiges Steak und Bier bestellten, orderte sie sich einen Salat und frisches Wasser. Sie konnte die Vorliebe der Menschen für tote Tiere und berauschende Getränke einfach nicht teilen. Der Wirt sah sie unterwürfig an, als er sich ihre Wünsche anhörte.
"Ihr wollt Wasser, Herrin?" erkundigte er sich furchtsam.
"Gibt es ein Problem damit, Wirt?" fragte sie kalt. Ab und zu machte es ihr einfach Spaß, den geistig beschränkten Menschen Angst einzujagen.
"Nein, natürlich nicht", stammelte der Mann und eilte davon, froh, den Blicken seiner gefährlichen Gäste zu entgehen.
Kurze Zeit später servierte er das bestellte Essen. Jonah, der alles mit hungrigen Augen verfolgt hatte, ging leer aus. Eliza tat, als bemerkte sie die Blicke des Bettlers gar nicht, und nahm einen Bissen von ihrem Salat. Sie kaute lange und nachdenklich darauf herum, bevor sie sich traute, ihn herunterzuschlucken. Sie hatte keine Ahnung, was für ein Kraut der Wirt dafür verwendet hatte, aber selbst wenn es genießbar war, gehörte es definitiv nicht zu ihren Favoriten. Sie strecke ihre Hand nach dem Wasser aus und nahm vorsichtig einen Schluck. Angewidert verzog sie das Gesicht: Regenwasser. Sie konnte noch das faulige Holz der Regentonne, aus der es geholt wurde, schmecken. Sie schob ihre Mahlzeit wieder von sich - sie war nicht von Belang - und wandte sich endlich dem wartenden Jonah zu.
"Dann fang mal an zu erzählen", sagte sie mit einem Lächeln, das ihn nicht über den stählernen Unterton in ihrer Stimme hinwegtäuschen konnte.
Jonah schluckte. "Was wollt Ihr denn wissen, Herrin?"
"Alles, was dir in den letzten zwei Tagen Ungewöhnliches zu Ohren gekommen ist."
"Ungewöhnliches ..." Der Bettler dachte kurz nach.
"Nein, wenn ich es mir recht überlege, erzähl mir einfach alles", unterbrach ihn die Dunkelfee. "Alle Neuigkeiten, ich werde dann selbst entscheiden, ob etwas von Interesse für mich dabei ist."
"Wie Ihr wünscht, Herrin." Er dachte kurz nach. "Die Witwe Jenkins hat vor zwei Tagen ein Baby bekommen, obwohl ihr Mann seit über einem Jahr tot ist."
Eliza lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Das wird ja richtig spannend werden, dachte sie sarkastisch. "Weiter", unterbrach sie Jonah, bevor er sich mehr in die Familiengeschichte der Witwe vertiefen konnte.
"Ein zweiköpfiges Kalb ..."
"Weiter."
"Prinzessin Dhalia soll von zu Hause ausgerissen sein. Ihre Eltern lassen nach ihr suchen..."
"Weiter." Eine ganze Weile ging es so weiter. Jonah fing an zu erzählen und wurde jedes Mal fast augenblicklich von der Dunkelfee unterbrochen.
Allmählich gingen ihm schon die Ideen aus. So ereignisreich waren die letzten zwei Tage nun auch nicht gewesen. Als er Elizas immer düster werdende Miene bemerkte, fiel ihm zum Glück noch etwas ein. "Eine junge Frau ist von einer Bande angegriffen worden und hat den Anführer recht übel zugerichtet."
"Weiter", sagte die Fee gelangweilt. Ihr Blick fiel auf den Wirt, der schon seit einigen Minuten dienstbeflissen im Hintergrund stand und auf eine Gelegenheit wartete, sich nach weiteren Wünschen zu erkundigen.
Durch ihren Blick ermutigt trat er näher. "Die junge Frau hat nicht nur den Anführer geschlagen, sie hat sich auch regelrecht in Luft aufgelöst", fügte der der Mann hinzu, da er gemerkt hatte, dass seine Kundin sich für den neuesten Klatsch interessierte.
"Was meint Ihr damit?" Ruckartig richtete sie sich auf und sah den Wirt gespannt an.
"Nun, die Bande hat nach ihr gesucht, konnte sie aber nirgends finden, obwohl sie alle schworen, dass sie nicht hätte entkommen können."
"Woher wisst Ihr
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