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Feenkind

Feenkind

Titel: Feenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
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gut standen. Auf jeden Fall würde er an Ort und Stelle warten, bis sie wieder herauskam oder bis er sich sicher sein konnte, dass sie nie wieder herauskommen würde.

Kapitel 3

    Ein heftiger Wind klatschte Jonah ein Stück fettiges Papier direkt ins Gesicht. Fluchend riss er es weg. Nie hatte man seine Ruhe. Aber andererseits roch es gar nicht so schlecht, schoss es ihm durch den Kopf, als er sich die Reste der fettigen Soße von den Wangen wischte. Brathähnchen. Er hatte schon lange nicht mehr etwas so Leckeres gehabt.
Jonah rappelte sich auf, um nach der Ursache des plötzlichen Windes zu sehen, und taumelte aus der kleinen Wandnische, die ihm Wohnung und Arbeitsplatz zugleich war.
Im nächsten Augenblick wünschte er sich, er wäre ruhig sitzen geblieben und hätte lieber die Soßenreste von dem Papier abgeleckt. Eine große dunkle Wolke hob sich bedrohlich von dem Abendrot des Himmels ab und kam schnell näher.
Passanten blickten sich kurz um und beeilten sich dann, schnell und unauffällig weiterzugehen. Wahrscheinlich wussten sie, was da auf sie zukam und waren klug genug, sich in Sicherheit zu bringen. Doch Jonah wusste es nicht. Er duckte sich und hielt sich einen Arm vor die Augen zum Schutz gegen den nun schon stürmischen Wind, von seiner Angst und seiner Neugier gleichsam an Ort und Stelle festgehalten.
Die Wolke kam immer näher und fing dann an, sanft zur Erde zu schweben. Jonah hatte noch nie etwas so Schönes und so Furchterregendes gesehen. Niemals in seinem gesamten Leben, bis er nun sie erblickte.
Zuerst sah er nur einen Fuß, als sie den Saum ihres langen schwarzen Kleides hob, um von der schwarzen Wolke herunterzusteigen. Bei der Bewegung glitt der tiefe Schlitz an dem glänzenden, fast fließenden Kleid auseinander und zeigte für einige Sekunden ein makelloses, weißes, leicht bläulich schimmerndes Bein. Überhaupt schien ihre gesamte Haut hauchdünn, fast durchsichtig zu sein, was den Effekt des Zauberhaften und Fremdartigen ihrer gesamten Erscheinung noch betonte. Ihr ebenmäßiges Gesicht war von einer Fülle tiefschwarzen Haars umrahmt, das in wallenden Locken auf die entblößten Schultern fiel und nur von einem Diadem auf ihrem Haupt leicht gebändigt wurde. Hätte Jonah jetzt noch irgendwelche Zweifel an ihrer Herkunft oder ihrer Art gehabt, so wären diese durch die zwei irisierenden, in allen möglichen Blautönen schimmernden Flügel, die über ihren Schultern und ihrem Kopf empor ragten, beseitigt.
Doch Jonah brauchte weder die Flügel noch das Diadem oder die zwei Menschen, die mit gezogenen Schwertern hinter ihr von der Wolke stiegen, zu sehen, um zu wissen, dass er eine der gefürchteten Dunkelfeen des Herrschers vor sich hatte. Die sie umgebende Aura der Macht war dafür vollkommen ausreichend gewesen.
Jonah schluckte schwer und verbeugte sich tief, als der Blick ihrer unergründlichen, fast lila glänzenden Augen auf ihn fiel. Sie sagte nichts und mit seinem gesenkten Blick sah er nicht den Finger, mit dem sie ihn zu sich rief, doch er spürte, wie eine unsichtbare Kraft, verlockend und erschreckend zugleich, ihn zu ihr führte. Ihn zwang, sie anzusehen. Gehorsam hob Jonah seinen Kopf.
Der Blick ihrer kalten, befehlsgewohnten Augen traf ihn unbarmherzig und mit voller Wucht. "Vor zwei Tagen ist hier verbotene Magie ausgeübt worden", sagte sie mit einer volltönenden melodischen Stimme, die jeden Widerstand, selbst wenn er genug Mut aufgebracht hätte, welchen zu leisten, aussichtslos machte. "Und du wirst mir alles erzählen, was du darüber weißt, nicht wahr?"
"Ja, Herrin", flüsterte Jonah heiser. Wenn er geschickt war, würde ihn dieses so zauberhaft grausame Wesen, dem er auf vielerlei Arten nun völlig ausgeliefert war, vielleicht sogar am Leben lassen.

Jonah führte sie auf ihr Geheiß hin zu einer Gaststätte ganz in der Nähe. Auf dem Weg dorthin genoss Eliza die Blicke, die ihr Erscheinungsbild auf sich zog. Darin lag genau die richtige Mischung aus Furcht und Bewunderung, die ihr große Macht über die Menschen verlieh. Häufig musste sie gar nicht erst bis zum Äußersten gehen, damit sie alles taten, was sie von ihnen verlangte. Die Angst vor dem, was Eliza möglicherweise tun könnte, reichte dafür schon aus.
Dennoch war es hier anders. Die Menschen sahen sie an, als hätten sie noch nie eine Dunkelfee gesehen, auch wenn sie instinktiv errieten, dass Eliza eine war. Sie hatte es nicht für möglich gehalten, dass es noch Gegenden gab, die dermaßen hinter

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