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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Herz. Du weißt
nicht, was sie mitgemacht hat, als du im Knast warst.«
    Alex trinkt den letzten Schluck Tomatensaft. »Ich muß
jetzt weg. Hör zu, mach dir keine Sorgen! Und beunruhige Lexis
nicht, okay? Ich schwöre dir, daß ich nichts Verbotenes
mache. Vertrau mir, Leroy!«
    »Das habe ich schon mal getan!« ruft der alte Mann ihm
nach.
    Leroy ist immer noch stocksauer, aber Alex weiß, daß
er sich bald beruhigen wird. Leroy hat sich im Gegensatz zur Welt
nicht verändert, denkt Alex, und deshalb geht er ständig
hoch. Deshalb versteckt er sich hier unten in einem Keller, wo jede
Nacht wie die vorherige abläuft und die Zeit sich
zurückdrehen läßt zu jenen alten Tagen in der Brixton
Road, als das Jahr 2000 noch nicht erreicht und er selbst ein
angesehener Kneipier war, kein Knastbruder, der wegen zweifachen
Totschlags im Bau gesessen hatte.
    Nachdem sie ihm das Commercial Arms abgefackelt hatten, tat Leroy
nämlich etwas, das ihm zu einiger Berühmtheit verhalf: Er
machte die beiden Yardies ausfindig, die sie als Brandstifter
angeheuert hatten, schlug sie bewußtlos, sperrte sie in ihren
silbernen Mercedes SL500 und zündete den Schlitten an. Leroy hat
einen geraden, biblischen Sinn für Gerechtigkeit.

 
11    Dr. Luther
     
     
    Alex kann jetzt nur Anweisungen befolgen. Das kleine Mädchen
alias Alfred Russel Wallace ließ ihm in dieser Hinsicht keine
andere Wahl. Es ist fast elf, und an der Sicherheitsschranke des
U-Bahn-Ausgangs von Charing Cross wartet eine Menschenschlange. Zwei
gelangweilte Posten mit kugelsicheren Westen über den
kurzärmeligen Hemden kontrollieren die Ausweise. Ein dritter
steht hinter dem Maschendraht, ein blitzendes kleines Automatikgewehr
im Anschlag.
    Alex, in seiner Biedermann-Kluft aus schlottriger Bundfalten-Hose
und einem mit großen Vögeln bedruckten Hemd, reicht den
Wachtposten einen seiner gefälschten Ausweise (heute ist er Evan
Hunter) und schaut genauso gelangweilt drein wie sie, während
sie das Ding überprüfen und ihn dann durchwinken.
Samstagabend, und auf dem bewachten Abschnitt der Strand herrscht
reges Leben inmitten grell flackernder Neonreklamen. Menschen
schlendern von einem Elektronikladen zum anderen. Der Geruch nach
Bratfett hängt schwer in der feuchtheißen Luft. Wolken von
Moskitos wirbeln um die Leuchtschilder. Über den Eingängen
der meisten Warenhäuser ist das violette Flimmern elektrischer
Insektenfallen zu erkennen; das stete, eher vom Unterbewußtsein
aufgenommene Zischen verbrannter Blutsauger vermischt sich mit dem
Lärm der Passanten und dem rhythmischen Dröhnen der
Soundanlagen, das aus den Kaufhallen quillt.
    Alex geht an der Rückseite von St. Martin-in-the-Fields
entlang und gelangt über die Charing Cross Road zum Leicester
Square. Feenlichter glitzern in den Platanen des kleinen Parks.
Menschen reihen sich vor den Metalldetektoren der Kinos und Clubs
auf. Auf großen Videoschirmen wechseln Ausschnitte der neuesten
Filme mit Werbeblöcken ab. Rudel von spießigen kleinen
Angestellten wanken pfeifend und johlend an Prostituierten aller
fünf Spielarten vorbei. Ein untersetzter Glatzkopf im
Nadelstreifen-Anzug kniet im Rinnstein und kotzt laut
röchelnd.
    Die Wachtposten privater Sicherheitsdienste patrouillieren in
Zweiergruppen, bewaffnet mit klobigen Haftschaum-Pistolen, die ihnen
von der Hüfte baumeln. Die Hitze ist hier noch drückender,
unter Kaskaden von goldenem, weißem und rosa Neonlicht,
geschwängert von Abfallgestank, der aus schwarzen
Plastiksäcken dringt. Eine Gruppe kreischender
Sekretärinnen macht sich halbherzig an die Verfolgung eines geil
aufgestylten Transvestiten, der mitsamt Stiletto-Absätzen an die
zwei Meter groß sein dürfte. Er dreht sich um, hebt den
Rock und zeigt ihnen sein Ding, ehe er die Warteschlange vor einem
Kino durchbricht und hinter seinen Freunden herläuft. Ein
Helikopter knattert über den Platz, und sein Suchscheinwerfer
spießt die Menge auf wie der Finger eines unbarmherzigen
Gottes. Leroy hinter seiner Bar, beharrlich und selbstgerecht. Trotz
seiner großen Worte hat er weit weniger Ahnung von der Welt als
Alex.
    An der Ecke der Gerrard Street, unter dem roten Gittertor am
Eingang zur Chinatown, hat sich ein dichter Kreis Neugieriger um zwei
Männer mit nackten Oberkörpern geschart, die ihren Streit
mit Messern austragen. Einer hat bereits ein paar böse Wunden
davongetragen; Blut, vermischt mit Schweiß, rinnt ihm den Bauch
entlang. Er täuscht erschöpft einen Hieb an, und

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