Feenland
doch leeres
Gequatsche!« Aber er sprach bereits zu einem leeren Schirm. Das
bedeutete, daß ihm nur eine Möglichkeit blieb – die
ganze Nacht durchzuarbeiten und seine Synthese zu einem Ende zu
bringen.
Beim Gedanken an dieses Gespräch wird Alex ernst. »Mit
dieser Sache versucht Billy Rock den Sprung in die ehrenwerte
Geschäftswelt zu schaffen«, sagt er zu Ray.
»Jemand sollte diese miese kleine Ratte umlegen«,
entgegnet Ray mit einer Vehemenz, die Alex überrascht. Im
allgemeinen ist Ray eine sanfte Seele, ein Freak fernöstlicher
Weisheiten, dessen Synapsen durch das ständige Geplätscher
von Frieden, Liebe und Verständnis total ausgefranst sind.
Der Kurzstart-Jet beschleunigt mit einem dumpfen Dröhnen
durch das Hitzeflimmern. Plötzlich ist er in der Luft und fliegt
in einer großen Schleife nach Süden, nach Europa. Ray und
Alex schauen ihm nach, bis er nur noch als kleiner Punkt vor den
weißen Kaminen des Themse-Atomkraftwerks zu erkennen ist.
Ray steht auf und klatscht sich auf die Lastex-Hüften.
»London«, sagt er, »bringt einen irgendwann um, was?
Ich muß jetzt wieder an die Arbeit, Mann. Nochmals vielen Dank
für den Stoff.«
Alex hat bis zuletzt mit seiner Frage gewartet. »Hey,
Ray?« meint er lässig. »Wenn mich nicht alles
täuscht, hast du hier noch zwei alte Kleinbusse rumstehen.
Könntest du vielleicht einen davon für eine Weile
entbehren?«
13 Des Feuers Macht
Alex fährt den von Ray Aziz ausgeliehenen Transit – eine
rostige Klapperkiste, die etwa so alt sein dürfte wie er selbst
– zurück zu seiner Werkstatt und stellt ohne große
Überraschung fest, daß Delbert und Doggy Dog bereits auf
ihn warten. An die weiße Limousine gelehnt, sehen sie zu, wie
er den Bus einparkt und ins Freie klettert.
»Schicker Flitzer!« sagt Delbert. Er trägt schwarze
Leder-Jeans und eine schwarze Lederweste und kaut lässig auf
einem Zahnstocher herum. Kohlefaser-Stachel rasseln, als er die Arme
verschränkt. »Hast du ’ne längere Reise
vor?«
»Ich hatte was abzuliefern.« .
»Blödmann!« Doggy Dog stößt sich
von der Limousine ab. Einen Moment lang ist sein glattes junges
Gesicht unter dem breiten Schirm seines Kappis wutverzerrt. »Du
arbeitest jetzt für uns – und zwar nur für uns! Wo,
zum Henker, bleibt das Zeug? Du hast es uns für heute
versprochen!«
»Es wird inzwischen fertig sein«, sagt Alex.
»Hey, Delbert! Ich schätze, wir stellen dem teigigen
Fettsack die Bude auf den Kopf, um sicherzugehen, daß er uns
nicht bescheißt!«
»Ich habe zu tun. Wenn ihr hergekommen seid, um mir zu
drohen, dann erkläre ich mich hiermit feierlich als bedroht.
Reicht das?«
»Billy Rock schickt uns her. Er läßt dir
ausrichten, daß du heute abend auf seine Party kommen
sollst.«
Doggy Dog wirft ihm einen Umschlag mit Goldrand vor die
Füße, aber Alex denkt nicht daran, sich in seiner
Gegenwart zu bücken und die Einladung aufzuheben.
»Sieh zu, daß du kommst und das Zeug mitbringst!«
sagt Doggy Dog. »Bei diesem Ding, das wir vorhaben, kommt es auf
exaktes Timing an, kapiert?«
»Und wenn das nicht klappt?« fragt Alex mit
Unschuldsmiene.
»Es klappt, wenn du kommst!« entgegnet Doggy Dog, steigt
in den Schlitten und versucht Alex mit einem harten Blick unter dem
Kappi-Schirm hervor einzuschüchtern, ehe er die Tür
zuwirft.
Delbert legt den Rückwärtsgang ein und donnert aus dem
Hof; Hupen kreischen los, als er schwungvoll wendet und sich
rücksichtslos in den Verkehrsstrom drängt. Der alte Frank,
der auf einem kaputten Drehstuhl vor seinem Laden sitzt, klatscht
langsam in die Hände. Alex nickt ihm zu, hebt den Umschlag auf
und geht nach drinnen.
Er hinterläßt eine Nachricht auf dem K-Leben-BB,
schiebt zwei Armee-Rationen in die Mikrowelle und macht sich an die
mühevolle Arbeit, die fertigen Chargen puppenspezifischer
Hormone zu testen. Als er endlich zufrieden ist und, nach
längerem Nachdenken, verschieden hohe Dosierungen in Form von
Lipotropfen abgefüllt hat, bricht der Abend herein, und Milena
hat noch immer nicht angerufen.
Während er darauf wartet, daß das Telefon klingelt,
steigt Alex in das K-Leben-Ökosystem ein, um nach den neuen
Käfer-Organismen zu sehen. Die Veränderung ist
verblüffend. Die Randgleiter beschränken sich nicht mehr
auf die äußeren Grenzen des Habitats, sondern durchwandern
den gesamten, in die Ebene projizierten virtuellen Raum. Als ein
Randgleiter auf einen wirbelnden Derwisch trifft, begreift Alex, was
sich
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