Feenring (German Edition)
«
»Kein Aber. Es ist mir ernst. Die Feen haben Beverley und dich aufs Neue bedroht. Versprochen?«
Sie zögerte. »Versprochen.«
»Danke, Nana. Ich … ich liebe dich.« Ich hatte ihr nicht mal annäherungsweise gesagt, was ich ihr hätte sagen müssen.
»Ich liebe dich auch, Persephone.«
Ich schlief im selben Moment ein, indem ich das Handy zuklappte; den Blutstein behielt ich in der Hand.
* * *
Als ich erwachte, war Johnny bei mir. Die Uhr zeigte neunzehn nach fünf. Mein erster Gedanke war, ihn zu wecken, Menessos zu suchen und beiden von der Seelenteilung zu berichten. Mein zweiter Gedanke erinnerte mich daran, dass Johnny am Vorabend mindestens zwei vollständige Transformationen absolviert hatte. Ich löste vorsichtig seinen Arm von meiner Taille und gelangte, als er sich nicht mal rührte, zu dem Schluss, dass er sich weiter ausruhen musste. Den Blutstein ließ ich auf dem Nachttisch.
In der Badewanne entspannte ich mich, als die Temperatur genau richtig war, im heißen Wasser und Dampf, die mich einhüllten.
Mutter, schließe meinen Kreis,
Heiliger Raum, sei meine Gabe.
Damit ich klar zu denken weiß,
Zu tun, was ich zu schaffen habe.
Ich schaltete auf Meditationsmodus um und erreichte den Alpha-Zustand. Ich stellte mir das Wäldchen alter Eschen neben einem rasch fließenden Fluss vor und näherte mich in Gedanken dem Gewässer.
Meine Haut wirkte blass. Als würde die Sonne hier nicht für mich scheinen.
Ich fuhr fort, methodisch meine Chakren zu reinigen, setzte mich auf einen Stein und tauchte die Zehen ins Wasser. Meine Schutzschilde wollten sich senken, wenigstens für Atemzüge nachlassen dürfen, und hier, ganz allein, konnte ich ihnen sicher nachgeben. Ich ließ locker und versuchte, meinen Schutz auf dieselbe Art zu entspannen, wie man es mit angespannten Muskeln tat. Doch die Schutzschilde schienen festzusitzen und wollten sich nicht senken.
Wie immer, wenn ich bei der Meditation bekleidet war, war ich es auch in meiner Vorstellung. Aber wenn ich, wie jetzt, in der Badewanne meditierte, erschien ich auch in meiner Vorstellung unbekleidet. Also musterte ich meine entblößte Haut. Ich war von Kopf bis Fuß von etwas Trübem umhüllt.
Diese Schicht bestand aus allem, was ich im Leben empfunden hatte. Aus den Emotionen, die ich nicht wollte, wie Bedrücktheit, Panik, Scham, Angst und Trauer. Dieses gefühlsmäßige Auf und Ab war gut, doch ich hatte all diese Gefühle unterdrückt und verdrängt. An diesen Ort, und da ich sie nicht zuließ, konnte ich auch nichts auf natürliche Weise abbauen. Stattdessen stauten sich die Emotionen auf. Ein stehender Pfuhl.
Das Dunkel glich Fäulnis auf überreifen Früchten, dem Verfall dessen, was mich eigentlich nähren sollte. Mit dieser Teilnahmslosigkeit hatte ich mich geschützt und, wie bei einer Art gefühlsmäßiger Anorexie, die Fülle negativer Empfindungen verschmäht, die mir das Leben in letzter Zeit vorgesetzt hatte.
Sicher, ich hatte das Lachen und das Glück in mich hineingeschlungen. Die Befriedigung. Doch wenn ich die Lustrata sein und im Gleichgewicht leben wollte, musste ich mir auch die negativen Gefühle einverleiben. Um mein Leben und mein Schicksal anzunehmen, musste ich den Becher bis zur Neige leeren.
Das war Teil des Preises.
Ich hatte gedacht, dass ich meine Aufgaben besser erfüllen würde, wenn ich meine Gefühle hinter einer Mauer verschloss. Mich hinter meiner zur Schau getragenen Teilnahmslosigkeit verstecken könnte. Ich hatte meine Schutzschilde in den zurückliegenden Wochen errichtet, sie immer seltener fallen gelassen und sie durch unablässigen Gebrauch gestärkt. Während Menessos mich als emotionales Trampolin missbrauchte und ich fern von diesem Ort der Reinigung und der Entspannung weilte, hatte ich mit dem Mörtel aus Schmerz, Schuld, Verleugnung und Trauer meine Brandmauer hochgezogen.
Doch Stärke brauchte Verwundbarkeit. Alles Negative zu verleugnen machte einen unzugänglich für das Positive.
Ich wusste jetzt, was ich getan hatte, doch leicht ließ sich dieser Schaden nicht beheben. Sollte er auch nicht.
Ich beugte mich übers Wasser und betrachtete mein Spiegelbild.
Ich konnte die trübe Schicht ignorieren, zulassen, dass sie immer dicker und schließlich so fest wurde, dass sie nie wieder abgehen würde.
Meine Augen stellten sich darauf ein, hinter das Spiegelbild zu blicken, zu sehen, was sich unter der Oberfläche verbarg: das Flussbett, die Steine …
Nana hatte einmal gesagt, wenn
Weitere Kostenlose Bücher