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Feentod

Feentod

Titel: Feentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Breinl
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Frühstück hatte Noraya es bemerkt. Mama war total einsilbig gewesen und ihre Augen waren stark gerötet. Als Helia sie darauf angesprochen hatte, hatte sie mit einem energischen Kopfschütteln geantwortet. Anlass genug für Noraya, um in Alarmbereitschaft zu sein. Wenn Mama schon nicht mehr darüber reden wollte, dann war es ganz schlimm.
    Am Ende hat Papa schon alles für Tunesien in die Wege geleitet, schoss es ihr durch den Kopf.
    Noraya krallte ihre Schultasche fest an sich und fasste einen Entschluss. Heute würde sie sich nach der ersten Stunde krankmelden. Allein die Vorstellung, Alinas eiskalte Durch-sie-hindurch-Blicke auch nur einen Tag länger aushalten zu müssen, verursachte ihr Bauchschmerzen. So miserabel, wie sie sich gerade fühlte, würde sie sich gar nicht groß verstellen müssen.
    Â»Hey du«, begrüßte sie Anton vor der Schule und grinste schief. »Siehst müde aus. Schlecht geschlafen?«
    Â»Geht so«, antwortete Noraya und strengte sich an zurückzulächeln. Auf dem Weg ins Klassenzimmer ertappte sie sich dabei, wie sie sich fragte, ob hinter Antons harmloser Frage eine boshafte Absicht gesteckt hatte. Vor ihrem inneren Auge verzog sich sein sommersprossiges Gesicht zu einer bösen Fratze: Nette Post bekommen gestern? Hast du deinen Luxuskörper schon in Rot gehüllt und wirst deinem Schatten gehorchen? Auch deine Nächte werden ihm bald gehören!
    Jetzt drehe ich aber langsam durch, stoppte Noraya ihre Fantasien und versuchte angestrengt, ihr Augenmerk auf etwas ganz Reales zu richten: Alina.
    Es musste doch einen Weg geben, einmal ein vernünftiges Wort mit ihr zu reden. Aber als Noraya in die Klasse kam, saß die Freundin schon auf ihrem Platz in der ersten Reihe und ignorierte sie wie gehabt.
    Noraya setzte sich und starrte auf Alinas Rücken, während sie sich zum gefühlt tausendsten Mal fragte, wieso ihre beste Freundin sich so unglaublich verhielt. Aber sosehr sie sich auch das Hirn zermarterte – Alinas Verhalten schien ihr genauso unerklärlich wie die Aktionen des Schattens.
    Als ob sie verhext wäre, dachte Noraya und musste über das Bild, das sich augenblicklich in ihre Gedanken drängte, wider Willen schmunzeln. Alina hatte sich früher gerne als böse Fee verkleidet – mit stark geschminktem Gesicht, viel schwarzem Tüll und einem Zauberstab. In diesem Aufzug hatten sie zusammen Fastnacht am liebsten kleine Kinder erschreckt. Und das sollte jetzt alles vorbei und vergessen sein?
    Noraya spürte, wie die Tränen in ihr aufstiegen. Als ob Alina es bemerkt hätte, drehte sie sich plötzlich herum – und dieses Mal sah sie Noraya an. Alinas Augen spiegelten nichts als Abscheu wider und ihr Mund bildete einen geraden Strich. Sie hätte nicht ablehnender wirken können. Noraya verursachte ihr Blick Schmerzen.
    Als sie die Schule verließ, war es erst kurz nach neun. Das Schulsekretariat hatte bei ihrer Mutter im Kindergarten angerufen und die Erlaubnis eingeholt, dass Noraya nach Hause fahren durfte.
    Â»Hallo Mama«, meldete sich Noraya, als ihr Handy ein paar Minuten später klingelte.
    Â»Kommst du alleine klar?« Sorge schwang in der Stimme ihrer Mutter mit.
    Â»Denke schon. Mir ist schlecht. Vielleicht ein Virus.«
    Â»Kauf dir Cola und Salzstangen. Ich komme gegen zwei Uhr nach Hause.«
    Â»Okay.« Noraya hätte sie gerne noch gefragt, was heute in der Früh los gewesen war. Ob der Zoff mit Papa was mit ihr zu tun hatte. Aber Mama hatte das Telefonat schnell wieder beendet.
    Langsam trottete Noraya zum Bahnhof. Dort angekommen überlegte sie es sich anders und stieg in die Straßenbahn Richtung Zentrum. Der Gedanke, den ganzen Vormittag lang alleine im Haus zu sitzen, behagte ihr auf einmal gar nicht mehr. Der Schatten wusste schließlich, wo sie wohnte. Am Ende verfolgte er sie, in genau diesem Augenblick, schon wieder.
    Unruhig ließ Noraya ihren Blick schweifen. Ein Herr mit Halbglatze, der schräg gegenüber Platz genommen hatte, erwiderte ihren Blick. Sie zuckte zusammen und drehte ihren Kopf schnell zum Fenster. Das ist vielleicht ein Lehrer, der sich fragt, warum ich nicht in der Schule bin, versuchte sie, sich zu beruhigen. Aber sie konnte sich einfach nicht entspannen. Unaufhörlich kreisten ihre Gedanken um den Schatten. Die ganze Zeit hatte sie das Gefühl, beobachtet zu werden.
    In der Innenstadt machte sie sich deshalb

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