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Feentod

Feentod

Titel: Feentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Breinl
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Milchkaffees und verließ so zeitig das Haus, dass sie sogar den früheren Bus erwischte.
    Â»Noraya«, rief eine Stimme hinter ihr. Noraya erkannte sie sofort. Reflexartig wanderten ihre Schultern nach oben, mit fest verschränkten Armen lief sie weiter und drehte sich nicht um.
    Â»Hey Noraya, bleib doch mal stehen.« Eine Hand legte sich auf ihre linke Schulter, schnaufend tauchte Staff neben ihr auf. »Du hast ja gar keine Stöpsel in den Ohren«, stellte er überrascht fest.
    Â»Ich ruf dich schon die ganze Zeit.« Staffs Hand war von ihrer Schulter geglitten, ohne sie zu berühren, lief er weiter neben ihr her.
    In Norayas Körper ging es zu wie in einem Kraftwerk. Durch die Adern rauschte das Blut und dröhnte in ihren Ohren. Hinter ihren Augen spürte sie heiße Druckwellen, die sich im ganzen Kopf ausbreiteten.
    Â»Bleib doch mal stehen. Du rennst, als ob der Teufel hinter dir her ist«, bat Staff leise und verlangsamte gleichzeitig seine Schritte, sodass Noraya sich von ihm entfernte. »Scheiße, was ist los?«, rief er so laut, dass sich andere Schüler, die auch auf dem Heimweg Richtung Bahnhof waren, nach ihnen umdrehten.
    Noraya blieb stehen und schaute Staff an. Er trug ein schwarzes Kapuzenshirt. Sofort sah sie die schemenhafte Gestalt, die gestern zu ihrem Fenster hinaufgestarrt hatte, wieder vor sich: groß und schlank mit Kapuze.
    Â»Hat dir schon mal jemand gesagt, was für ein großartiger Schauspieler du bist?
    Â»Hä?« Staffs Augen weiteten sich und glänzten hinter seiner Brille wie graue Edelsteine.
    Noraya riss sich von diesen Augen los, und ehe sich Staff versah, hatte sie ihm eine geknallt. »I don’t belong to you, Mister Schatten!«, sagte sie mit bebender Stimme. Dann wandte sie sich von ihm ab und stürmte davon.
    Ihr Herz klopfte so sehr, dass sie nichts anderes mehr wahrnahm. Weder sah sie die amüsierten Gesichter ihrer Mitschüler, noch bemerkte sie die heißen Tränen, die ihr unentwegt über die Wangen rannen. Erst als sie den Bahnhof erreicht hatte, warf sie einen Blick zurück. Staff war ihr nicht gefolgt – zumindest konnte sie ihn nirgends entdecken. Aber das musste ja nichts heißen. Vielleicht ist er wieder in seine Schattenrolle geschlüpft, formulierte sie stumm den Verdacht, der ihr immer noch nicht richtig in den Kopf wollte. Klar, es sprach alles für ihn. Aber sosehr sie sich auch versuchte vorzustellen, wie Staff sie die ganze Zeit zum Narren gehalten hatte, ein letzter Zweifel blieb.
    Wie gestört muss man sein, um so etwas zu tun? Eine Frage verfolgte Noraya schon die ganze Nacht und hatte sie auch den gesamten Schulvormittag nicht zur Ruhe kommen lassen: Warum hatte Staff das getan? Sein Verhalten schien ihr wie ein einziges großes Rätsel. Und die Wahrheit passte so gar nicht mit dem zusammen, was ihre Gefühle ihr sagten. Ein Teil von ihr sehnte sich so sehr nach seiner Nähe, dass es ihr unmöglich war zu akzeptieren, dass er derjenige gewesen sein sollte, der sie geängstigt, erniedrigt und manipuliert hatte. Aber es lag doch alles auf der Hand: Nur er wusste von dem Lied und …
    Noraya spürte, wie sie wieder wütend wurde. Wütend auf sich selbst. War sie doch in kürzester Zeit zu einer hirnlosen Marionette geworden, die sich von einem gut aussehenden Typen verführen ließ. Staff hatte es im Handumdrehen geschafft, dass sie ihm all ihre Ängste und Sorgen verraten hatte. Wie raffiniert er das angestellt hatte. Noraya wurde übel bei dem Gedanken, wie viel er von ihr wusste und wie wenig sie von ihm. Und wie scheinheilig er gefragt hatte, ob sie in Faris verliebt sei … Noraya schüttelte den Kopf, um ihre Gedanken zu unterbrechen. Aber es half nicht. Kaum hatte sie Staffs Bild aus ihrem Kopf vertrieben, drängte sich Alina in den Vordergrund. Hatten sich eigentlich auf einmal alle gegen sie verschworen?
    Norayas Augen brannten, sie fühlte sich wie in einem schlechten Film. Alles, was ihr etwas bedeutete, löste sich in Angst und Schrecken auf. Wenn Papa mir jetzt ein Flugticket nach Tunesien unter die Nase hält, dann fliege ich ohne Widerworte. Dann mache ich Schluss mit alldem hier!
    Sie schloss die Haustür auf und stieß dabei fast mit ihrem Vater zusammen, der gerade hinaustreten wollte.
    Â»Nicht so stürmisch«, empfing er sie.
    Noraya sagte nichts.
    Â»Wie lange willst du diese alberne Schweigerei

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