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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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am Ende herein.
    »Na gut«, sagte ich. »Ich höre.«
    »Drei Aufgaben«, flüsterte sie und hielt drei Finger hoch, damit ich es auch verstand. »Hin und wieder werde ich dich um etwas bitten. Wenn du die drei Bitten erfüllt hast, sind deine Verpflichtungen mir gegenüber abgegolten.«
    Schweigen senkte sich über den Raum, ich blinzelte unsicher. »Was… das ist alles?«
    Mab nickte.
    »Beliebige Aufgaben? Beliebige Bitten?«
    Mab nickte.
    »So einfach ist es? Wenn du es so sagst, dann könntest du mich dreimal bitten, dir das Salz zu reichen, und damit wäre es erledigt.«
    Ihre blaugrünen Gletscheraugen ruhten unverwandt auf mir. »Nimmst du mein Angebot an?«
    Ich rieb mir langsam über den Mund und überlegte fieberhaft. Es war im Grunde ein einfacher Handel. Diese Feen konnten durchaus schwierig werden und sich alle möglichen Nebenbedingungen einfallen lassen. Mab hielt mir da ein hübsches großes Päckchen Süßigkeiten wie ein Weihnachtsgeschenk vor die Nase.
    Daher wäre es idiotisch gewesen, nicht nach Fallgruben und Hintertürchen Ausschau zu halten.
    »Ich entscheide, welche Bitten ich erfülle und welche nicht?«
    »Ganz recht.«
    »Wenn ich eine Bitte verweigere, dann gibt es keine Vergeltung oder Bestrafung von deiner Seite?«
    Sie legte den Kopf schief, schloss wie in Zeitlupe die Augen und öffnete sie wieder. »Einverstanden. Du bist derjenige, der entscheidet, welche Bitten du erfüllen willst.«
    Es gab eine Landmine, die ich endlich doch noch gefunden hatte. »Außerdem wird meine Hypothek nicht weiterverkauft, und du darfst auch keine Lakaien herbeipfeifen, die mich als deine Stellvertreter strafen und belästigen. Dies bleibt ausschließlich zwischen dir und mir.«
    Sie lachte, und es klang fröhlich, klar und lieblich wie Glockengeläut, obschon es sich anfühlte, als hätte mir jemand die Glocken an die Zähne gehalten. »Im Gegensatz zu deiner Patentante, die du mehr als einmal hereingelegt hast. Aber meinetwegen.«
    Ich leckte mir über die Lippen und dachte angestrengt nach.
    Hatte ich noch irgendein Schlupfloch übersehen? Konnte sie mich auf irgendeine andere Weise unter Druck setzen?
    »Nun, Magier?«, fragte Mab. »Haben wir eine Abmachung?« Einen Moment lang wünschte ich, ich hätte weniger Schmerzen und wäre nicht so müde. Die Ereignisse des Tages und die am Abend bevorstehende Sitzung des Rats lenkten mich ab, und ich war, was Verhandlungen mit Feen anging, nicht gerade in Höchstform. Eines aber wusste ich genau. Wenn ich aus dem Bund mit Mab nicht bald herauskäme, dann wäre ich tot oder noch Schlimmeres. Also besser handeln und sich irren, als nicht handeln und beiläufig zerquetscht werden.
    »Na gut«, sagte ich, »wir haben eine Abmachung.« Als ich es aussprach, lief mir ein kleiner Schauder den Nacken und die Wirbelsäule hinunter, und meine verletzte Hand zuckte schmerzhaft.
    Mab schloss die Augen, verzog die dunklen Lippen zu einem katzenhaften Lächeln und nickte. »Gut, ja.«
    Erinnern Sie sich an das Gesicht des Kojoten im Zeichentrickfilm, der mit Höchstgeschwindigkeit über die Klippe rennt und zu spät erkennt, was er getan hat? Er blickt nicht nach unten, sondern tastet mit einer Pfote umher, und bevor er stürzt, schneidet er eine entsetzte Grimasse.
    Ungefähr so muss ich ausgesehen haben. Jedenfalls weiß ich, wie es sich anfühlte. Das nützte aber alles nichts. Vielleicht konnte ich ewig weiterschweben, wenn ich ständig unter mir nach festem Boden tastete. Daher wandte ich den Blick von Mab ab und kümmerte mich, so gut es ging, um meine verletzte Hand. Sie pochte immer noch, und wenn ich die Wunde desinfizierte, würde es erst richtig wehtun. Nähen war vermutlich nicht nötig. Ein kleiner Segen, immerhin.
    Ein brauner Umschlag landete auf meinem Tisch. Mab zog bereits ihre Handschuhe an.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Meine erste Bitte«, erwiderte sie. »Da drin stehen die Einzelheiten über den Tod eines Mannes. Du sollst mich entlasten, indem du die Identität des Mörders aufdeckst und zurückholst, was dem Toten gestohlen wurde.«
    Ich öffnete den Umschlag. Drinnen steckte ein großes Schwarzweißfoto einer Leiche. Ein alter Mann lag am Fuß einer Treppe, sein Kopf war unnatürlich abgeknickt. Er hatte krauses weißes Haar und trug eine Tweedjacke. Zu dem Bild gehörte ein Artikel aus der Tribune mit der Überschrift: KÜNSTLER STIRBT BEI MITTERNÄCHTLICHEM UNFALL.
    »Ronald Reuel«, sagte ich, nachdem ich den Artikel überflogen hatte.

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