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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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»Ich habe schon von ihm gehört. Ich glaube, er hat in Bucktown ein Atelier.«
    Mab nickte. »Man hat ihn als Visionär der amerikanischen Kunst gefeiert. Allerdings glaube ich, dass dieser Begriff viel zu oft benutzt wird.«
    »Ein Schöpfer phantastischer Welten, heißt es hier. Jetzt, da er tot ist, werden sie wohl alle möglichen netten Dinge über ihn sagen.« Ich las den Rest des Artikels. »Die Polizei meinte, es sei ein Unfall gewesen.«
    »Das war es nicht«, erwiderte Mab.
    Ich schaute zu ihr auf. »Woher weißt du das?«
    Sie lächelte.
    »Warum ist dir das überhaupt wichtig?«, fragte ich. »Hinter dir sind doch sicher nicht die Cops her.«
    »Es gibt andere Kräfte außer den Gesetzeshütern der Sterblichen, die für Gerechtigkeit sorgen wollen. Es soll reichen, wenn du weißt, dass ich da für Gerechtigkeit sorgen möchte«, sagte sie. »Ganz einfach.«
    »Ähm«, machte ich mit gerunzelter Stirn. »Du sagtest, ihm sei etwas gestohlen worden. Was denn?«
    »Das wirst du beizeiten erfahren.«
    Ich schob das Foto in den Umschlag zurück und ließ ihn auf dem Schreibtisch liegen. »Ich werde darüber nachdenken.«
    »Du wirst meine Bitte akzeptieren, Magier Dresden«, versicherte Mab mir.
    Finster starrte ich sie an und schob das Kinn vor. »Ich sagte, ich werde darüber nachdenken.«
    Mabs Katzenaugen blitzten, als sie lächelnd ein paar strahlend weiße Zähne entblößte. Dann zog sie eine dunkle Sonnenbrille aus der Jackentasche. »Gebietet es nicht die Höflichkeit, eine Klientin zur Tür zu begleiten?«
    Das alles behagte mir nicht, aber ich stand auf und ging zur Tür. Das schwere Parfüm der Feenkönigin, der berauschende Duft stieg mir ein wenig zu Kopfe. Ich kämpfte das Schwindelgefühl nieder und bemühte mich, weiterhin finster dreinzuschauen. Mit leicht ruckartigen Bewegungen öffnete ich ihr die Tür.
    »Tut die Hand noch weh?«, erkundigte sie sich.
    »Was denkst du denn?«
    Mab legte ihre Hand auf die verletzte Stelle. Trotz ihrer Handschuhe fuhr eine scharfe, böse Kälte durch die Verletzung wie ein eiskaltes Skalpell, breitete sich den Arm hinauf aus und zielte geradewegs auf mein Herz. Ich schnappte nach Luft und hatte das Gefühl, mein Herz setzte ein oder zwei Schläge lang aus, bevor es mühsam wieder zum Leben erwachte. Keuchend und schwankend stand ich da, und nur der Türrahmen, gegen den ich mich lehnen konnte, verhinderte, dass ich völlig zu Boden ging.
    »Verdammt«, murmelte ich mühsam beherrscht. »Wir haben eine Abmachung.«
    »Ich habe eingewilligt, dich nicht zu bestrafen, wenn du dich weigerst. Ich habe eingewilligt, dich nicht durch Dritte bestrafen oder belästigen zu lassen.« Mab lächelte. »Dies hier ist jedoch aus reiner Bosheit geschehen.«
    »Das macht es nicht wahrscheinlicher, dass ich den Fall übernehme«, knurrte ich.
    »Du wirst ihn übernehmen, Botschafter«, erwiderte Mab ungerührt. »Heute Abend wirst du vermutlich deinen Gegenpart kennenlernen.«
    »Was für einen Gegenpart?«
    »Wie du der Botschafter des Winters in dieser Angelegenheit bist, so entsendet auch die Herrin des Sommers jemanden, der ihre Interessen vertritt.«
    »Ich habe heute Abend schon was vor«, knurrte ich. »Außerdem habe ich den Fall noch gar nicht übernommen.«
    Mab zog die dunkle Sonnenbrille ein wenig herunter und beäugte mich mit ihren Katzenaugen. »Kennst du die Geschichte vom Fuchs und dem Skorpion?«
    Ich schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab.
    »Der Fuchs und der Skorpion kamen an einen Bach«, begann sie mit leiser, lieblicher Stimme zu erzählen. »Das Wasser war breit. Der Skorpion bat den Fuchs, auf dessen Rücken klettern zu dürfen. Der Fuchs aber sagte: ›Wirst du mich auch nicht stechen, Skorpion?‹ Der Skorpion erwiderte: ›Wenn ich das täte, würden wir beide sterben.‹ So willigte der Fuchs ein, und der Skorpion kletterte auf seinen Rücken. Der Fuchs schwamm, aber auf halbem Wege stach ihn der Skorpion mit seinem tödlichen Stachel. Da keuchte der Fuchs: ›Du Narr, jetzt sind wir beide dem Tod geweiht. Warum hast du das nur getan?‹ Darauf antwortete der Skorpion: ›Ich bin ein Skorpion, ich kann nicht anders.‹«
    »Das war die Geschichte?«, sagte ich. »Ich habe schon bessere gehört.«
    Mab lachte, und wieder lief es mir kalt den Rücken hinunter, als hätte ich samtweiches Eis berührt. »Du wirst den Fall übernehmen, du kannst gar nicht anders.« Damit wandte sie sich ab und schritt hochnäsig, reserviert und gefühllos den Flur

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