Feenzorn
Helm. Er hatte seine Waffe in der Hand und machte Anstalten, uns abermals anzugreifen.
»Hilf mir«, flehte Fix, der verzweifelt an Meryls Schulter zerrte. Ich wollte gerade mit wackligen Beinen aufstehen, da schoss irgendjemand an mir vorbei. Billy, nackt und mit hellem Feenblut bekleckert, fasste Meryl unter den Achseln und zog sie in den Schutz des Rudels zurück.
»Das wird übel«, sagte er. »Wir waren im Vorteil, ihre Pferde hatten Angst vor uns. Ich weiß nicht, wie gut wir uns in Menschengestalt halten könnten. Fast alle sind verletzt. Wie geht es Harry?«
»Verdammt«, knurrte Meryl mit schwerer Zunge, »lass mich los. So schlimm ist es nicht. Kümmert euch um den Magier. Wenn er ausfällt, kommen wir alle nicht mehr nach Hause.«
»Meryl!«, sagte Fix. »Ich dachte, du wärst schwer verletzt.« Das Wechselbalgmädchen setzte sich mit bleichem Gesicht in seiner blutüberströmten Kleidung auf. »Das meiste ist nicht meins«, sagte sie, und ich wusste, dass sie log. »Wie geht es ihm?«
Billy hatte mich auf dem Boden abgesetzt und tastete meinen Kopf ab. Als es wehtat, zuckte ich zusammen. Es half, eine Weile zu sitzen. Nach und nach klärten sich meine Gedanken.
»Er hat keinen Schädelbruch«, erklärte Billy. »Vielleicht eine Gehirnerschütterung, aber das weiß ich nicht genau.«
»Lass mir einen Moment Zeit, dann bin ich wieder dabei«, sagte ich.
Billy klopfte mir erleichtert auf die Schulter. »Gut. Wir müssen uns beeilen. Die Kämpfer nähern sich.«
Er hatte recht. Ich konnte herangaloppierende Pferde hören, einige tummelten sich ganz in der Nähe im Nebel, und nicht weit entfernt stampften hundert Koboldstiefel im Gleichschritt.
»Wir dürfen nicht weglaufen«, sagte Meryl. »Aurora hat immer noch Lily in ihrer Gewalt.«
»Diskutieren können wir später, da kommen sie!«, rief Billy. Seine Gestalt verschwamm, und er hockte wieder auf allen vieren, um sich als Wolf gegen die Sidhe-Krieger zu stellen, die sich uns näherten.
Hinter ihm brodelte das Wasser, die bislang ruhige Oberfläche explodierte förmlich, und die Kavallerie, dunkelblau, meergrün und dunkel purpurn, stieg aus dem Fluss empor. Auch sie waren Sidhe-Krieger, deren eigenartig geformte Rüstungen mit stilisierten Schneeflocken verziert waren. Nur ein Dutzend von ihnen stellte sich den vielen Sommerkriegern entgegen, doch sie waren beritten und konnten von hinten angreifen. Nun stürmten sie mit blitzenden Klingen in die Reihen der Sommerkrieger hinein, angeführt von einem in Weiß gekleideten Anführer, der eine helle, kalte Klinge trug. Die Angegriffenen wollten sich wehren, wussten aber schon, dass sie hoffnungslos überrumpelt worden waren.
Der Anführer des Winters streckte einen feindlichen Krieger nieder, wandte sich sogleich zum nächsten um und machte einige rasche Gesten. Kalte Energie strömte aus ihm heraus, die einen Sommerkrieger mitten im Laufen innehalten ließ. Ein lautes Knistern ertönte, als Eiskristalle aus dessen Körper und Rüstung hervorbrachen, während der Kämpfer von innen nach außen gefror. Binnen Sekundenbruchteilen war er nur noch ein langsam wachsender Eisbrocken mit einer goldenen und grünen Gestalt im Innern. Fast gelangweilt trieb der weiße Reiter sein Pferd an, damit es kräftig austrat. Das Eis zersprang in tausend Stücke und blieb als wirrer Haufen liegen.
Nun nahm der weiße Reiter den Helm ab und schenkte mir ein strahlendes, mädchenhaftes Lächeln. Es war Maeve, die Winterlady, in deren grünen Augen der Blutdurst schimmerte. Die Dreadlocks hatte sie seitlich am Kopf festgebunden. Genießerisch leckte sie das Blut von ihrer Klinge ab, als ein weiterer Sommerkrieger mit dem Rücken zum Wasser vor dem Ansturm des Winters verzweifelte und mit gehobenem Schwert auf die Knie sank.
Wieder brodelte das Wasser, und bleiche, schöne Arme streckten sich, um von hinten seinen Hals zu umschlingen. Ich konnte einen Blick auf goldene Augen und grüne Zähne in einem lächelnden Mund erhaschen, da brach der Schrei des Kriegers auch schon ab, als er unter die Oberfläche gezerrt wurde. Rasch und wie ein Mann zogen sich die Sommerkrieger zurück, woraufhin die berittenen Kämpfer des Winters die Verfolgung aufnahmen.
»Deine Patentante lässt dich grüßen«, rief Maeve herüber. »Ich hätte schon früher eingegriffen, aber das wäre ein fairer Kampf gewesen, und so etwas vermeide ich tunlichst.«
»Ich muss zum Tisch«, rief ich zurück.
»Das ist mir bekannt«, erwiderte Maeve.
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