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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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sondern auch gehetzt, wie ich erst jetzt bemerkte. Ich ging zu ihr und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Unter dem T-Shirt spürte ich ihre warme Haut. »Reden Sie mit mir. Bitte.«
    Sie entzog sich mir. »Es ist nichts Schlimmes, es ist nur die einzige Art, wie ich Schlaf finde.«
    »Was meinen Sie damit?«
    Sie holte tief Luft. »Ich meine damit, dass ich ohne Hilfe nicht schlafen kann. Der Alkohol allein half nicht, die Tabletten auch nicht. Ich muss beides benutzen, sonst komme ich nicht zur Ruhe.«
    »Das verstehe ich nicht. Warum können Sie nicht schlafen? Ist es wegen Greg?«
    Murphy ging zur Couch, möglichst weit weg von mir, verkroch sich in einer Ecke und verschränkte die Hände vor den Knien. »Ich hatte Alpträume. Nächtliche Angstzustände, wie die Ärzte es nennen. Angeblich ist das etwas anderes, als nur schlecht zu träumen.«
    Meine Wange zuckte nervös. »Und Sie können nicht durchschlafen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich wache jede Nacht schreiend auf.« Sie ballte die Hände zu Fäusten. »Verdammt, es gibt keinen Grund dafür. Ich sollte mich von ein paar miesen Träumen nicht beeindrucken lassen. Ich sollte nicht wegen eines Mannes zerbrechen, mit dem ich seit Jahren kein Wort mehr gewechselt habe. Ich weiß einfach nicht, was mit mir los ist.« Ich schloss die Augen. »Sie träumen vom letzten Jahr, nicht wahr? Von dem, was Kravos Ihnen angetan hat.«
    Als ich den Namen erwähnte, schauderte sie und nickte. »Ich habe es lange nicht aus dem Kopf bekommen. Immer wieder versuchte ich herauszufinden, was ich falsch gemacht hatte. Warum er mich überhaupt erwischen konnte.«
    Das tat mir weh. »Dagegen konnten Sie überhaupt nichts tun.«
    »Glauben Sie, das wüsste ich nicht?«, erwiderte sie leise. »Ich konnte unmöglich wissen, dass Sie es nicht waren. Ich hätte ihn nicht aufhalten können, selbst wenn ich es geahnt hätte. Ich hätte nichts tun können, um mich zu verteidigen. Um das zu verhindern, w-was er mir angetan hat, sobald er in meinem Kopf war.« Wieder traten ihr die Tränen in die Augen. Sie blinzelte heftig und schob das Kinn vor. »Ich hätte überhaupt nichts tun können. Genau das macht mir solche Angst, genau davor fürchte ich mich.«
    »Murph, er ist tot. Tot und fort. Wir waren dabei, als sie ihn beerdigt haben.«
    »Das weiß ich doch«, knurrte Murphy. »Ich weiß, dass er tot ist. Ich weiß, dass er mir nichts mehr tun kann. Ich weiß, dass er niemandem mehr etwas tun wird.« Sie hob den Kopf und wagte einen kurzen Blick in meine Augen. In den ihren schimmerten die Tränen. »Die Träume lassen mich trotzdem nicht los. Ich weiß das alles, aber es ändert nichts.«
    O Gott, die arme Murphy. Sie hatte spirituelle Prügel bezogen, ehe ich aufgetaucht war und sie retten konnte. Ein Geistwesen hatte sie angegriffen und innerlich zerfetzt, ohne äußerlich irgendeine Spur zu hinterlassen. In gewisser Weise glich es einer Vergewaltigung. Es hatte ihr jegliche Kraft geraubt, jemand hatte sie zu seinem Vergnügen missbraucht. Kein Wunder, dass sie seelische Narben davongetragen hatte. Wenn dann noch ein tragisches Erlebnis hinzukam, war das, als würde man ein Streichholz in eine Benzinlache werfen.
    »Harry«, fuhr sie leise fort. »Sie kennen mich doch. Ich bin wirklich keine Heulsuse, das verabscheue ich. Was dieses Wesen mir allerdings angetan hat, was ich sehen und fühlen musste…« Wieder blickte sie mich gequält an. »Es lässt mir einfach keine Ruhe. Ich wollte es hinter mir lassen, aber es weicht nicht von mir, und es zerfrisst mich innerlich.«
    Sie wandte sich ab und griff gereizt nach einer Packung mit Papiertaschentüchern. Ich trat unterdessen an den Kamin und betrachtete die Schwerter auf dem Sims, um Murphy nicht anzustarren.
    Es dauerte einen Augenblick, ehe sie sich etwas gefasst hatte und wieder sprechen konnte. »Was wollen Sie so spät am Abend eigentlich hier?«
    Ich drehte mich wieder zu ihr um. »Ich möchte, dass Sie mir einen Gefallen tun. Ich brauche Informationen.« Ich gab ihr Mabs Umschlag.
    Murphy öffnete ihn, betrachtete die beiden Fotos und runzelte die Stirn. »Die Aufnahmen stammen aus der Akte über Ronald Reuels Tod. Von wem haben Sie die bekommen?«
    »Eine Klientin gab sie mir, und ich weiß nicht, woher sie die Unterlagen hat.«
    Sie rieb sich die Augen. »Was wollte sie denn von Ihnen?«
    »Ich soll den Mörder finden.«
    Murphy schüttelte den Kopf. »Ich dachte, es sei ein Unfall gewesen.«
    »Wie ich hörte, trifft das

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