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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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weißhaarigen Reuel, der in einem Disneypark vor dem Zauberschloss stand.
    Mehrere junge, sonnengebräunte und anscheinend glückliche junge Menschen umringten ihn. Eine große, stiernackige junge Frau in verwaschenen Jeans hatte sich die Haare schmutziggrün gefärbt. Sie hatte ein offenes, aber hässliches Gesicht und lächelte breit. Neben ihr stand ein Mädchen, das wirkte wie aus einem Unterwäschekatalog entsprungen, nur Kurven und lange Gliedmaßen, dazu Shorts und ein Bikinioberteil. Auch ihre Haare waren grün, allerdings eher wie das Gras im Sommer gefärbt und nicht wie die Algen in einem Teich. Auf der anderen Seite standen zwei junge Männer neben Reuel. Einer war klein und stämmig, er trug einen Schnurrbart und eine Sonnenbrille und hatte hinter seinem Gefährten die Finger zu einem V gespreizt. Der zweite war klein und schlank, er hatte einen Sonnenbrand, der die Haut fast kupfern färbte, und hellblonde, fast weißgebleichte Haare.
    Wer waren sie? Was hatte Reuel mit ihnen zu tun? Und warum war Grum so scharf darauf, dieses Foto aus Reuels Wohnung zu entfernen?
    Die Sirenen näherten sich. Wenn ich nicht von einigen wohlmeinenden Chicagoer Polizisten eingebuchtet werden wollte, musste ich hier schleunigst verschwinden. Ich rieb mir die geschundene Kehle, zuckte zusammen, als ein böser Krampf meinen Rücken lähmte, dachte über das Foto nach und verließ stolpernd das Gebäude.

12. Kapitel
     
     
     
    Ich kehrte zum blauen Käfer zurück, ohne von menschlichen oder nicht menschlichen Angreifern überfallen zu werden. Als ich anfuhr, kam mir ein Streifenwagen mit Blaulicht entgegen. Ich fuhr mit mäßiger Geschwindigkeit davon und hatte Mühe, meine zitternden Hände so weit zu beruhigen, dass der Wagen nicht ruckte oder Schlangenlinien fuhr. Niemand hielt mich an, also hatte ich wohl alles richtig gemacht. Eins zu null für die Guten.
    Jetzt hatte ich Zeit zum Nachdenken, war aber gar nicht so sicher, ob ich das wirklich wollte. Ich war aus Neugierde zu Reuels Wohnung gefahren und hatte im Grunde nicht damit gerechnet, viel herauszufinden, doch ich hatte Glück gehabt und war im richtigen Augenblick am richtigen Ort gewesen. Offensichtlich hatte irgendjemand etwas zu verbergen – entweder ging es um weitere Fotos wie das eine, das ich geborgen hatte, oder um andere Papiere, die sonst irgendwo in der Wohnung gelegen haben mochten. Also galt es jetzt herauszufinden, was Grum dort eingesammelt hatte oder – ebenso wichtig – welche Art von Beweisen er verschwinden lassen wollte. Falls mir das nicht gelang, half es mir möglicherweise auch schon weiter, wenn ich wusste, für wen er arbeitete, denn Oger sind nicht dafür bekannt, von sich aus viel Initiative zu entwickeln. Angesichts der Dinge, die im Land der Feen vor sich gingen, wäre es lächerlich anzunehmen, dass ein Schlägertyp aus dem Feenland rein zufällig in der Wohnung eines kürzlich Verstorbenen aufgetaucht war.
    Oger zählten zu den Wildelfen, sie konnten entweder für den Winter oder den Sommer arbeiten und hatten ganz unterschiedliche Persönlichkeiten und Temperamente, deren Bandbreite von gutmütiger bis zu bösartiger Gewalttätigkeit reichte. Grum war sicher kein besonders fröhlicher Zeitgenosse, aber er war zielstrebig vorgegangen und hatte sich zurückgehalten. Ein normaler wandelnder Berg aus Muskeln aus der Feenwelt hätte nicht gezögert, mich zu Brei zu schlagen, ganz egal, was eine Nachbarin rief. Demnach war Grum klüger als ein durchschnittlicher Bär, und er war gefährlich – selbst wenn ich nicht berücksichtigte, wie leicht er die Sprüche abgeschüttelt hatte, die ich ihm entgegengeschleudert hatte.
    Alle Oger besitzen die natürliche Fähigkeit, in gewissem Maße magische Kräfte zu neutralisieren. Auf Grum hatten meine Sprüche höchstens so stark gewirkt wie die statische Elektrizität auf mich, wenn ich über einen Teppich laufe. Also war er ein alter und starker Oger, wofür auch die Geschwindigkeit und Genauigkeit sprachen, mit der er seine Gestalt verändert hatte. Ein normaler Keulen schwingender Schlägertyp aus dem Feenland hätte nicht so schnell und fließend, noch dazu komplett mit Kleidung ausgestattet, eine menschliche Gestalt annehmen können.
    Klug plus stark plus schnell, das ergab schlechte Karten für mich. Wahrscheinlich war er ein bevorzugter Leibwächter oder ein hochrangiger Vollstrecker.
    Nur für wen?
    An einer roten Ampel starrte ich das Foto an, das ich Grum entwendet

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