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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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legte auf.
    Als ich zwanzig Minuten später auf den Parkplatz fuhr, dachte ich darüber nach, dass in einem Walmart-Einkaufszentrum vermutlich noch nicht viele konspirative Treffen stattgefunden hatten, in denen es um geheimnisvolle Morde, den Diebstahl übernatürlicher Kräfte und das Gleichgewicht der Macht zwischen Feenreichen gegangen war. Andererseits – wer wusste das schon? Immerhin benutzten die Maulwurfsmenschen die Umkleideräume, um sich mit der telepathischen Qualle vom Planeten X und den körperlosen, in Einmachgläsern umgehenden Gehirnen aus dem Klaatuu-Nebel zu treffen. Dort rechnete natürlich niemand mit ihnen.
    Nach Mitternacht war der Walmart nicht besonders voll, aber der Parkplatz war auch nicht so verlassen, wie man es zu dieser Stunde erwartet hätte. Der Supermarkt war rund um die Uhr geöffnet, und in Chicago gab es eine Menge Leute, die mit Vorliebe mitten in der Nacht einkauften. Ich musste ungefähr in der Mitte einer Reihe parken und ein ganzes Stück durch die kühle Abendluft laufen, ehe ich in die Eiseskälte des riesigen Supermarkts treten konnte. Es lohnte sich wohl nicht, die gewaltige Klimaanlage für die paar Stunden Dunkelheit herunterzufahren.
    Ein Türsteher nickte mir verschlafen zu, als ich eintrat. Ich schlug sein Angebot aus, mir einen Einkaufswagen zu besorgen. Nach wenigen Schritten war Murphy neben mir. Sie trug eine Jacke von den Chicago Cubs, Jeans und flache Schuhe. Die blonden Haare hatte sie unter eine neutrale Baseballmütze gesteckt. Sie hatte die Hände in die Hosentaschen geschoben, und ihr kriegerischer, gereizter Gesichtsausdruck passte nicht recht zu jemandem, der so klein war. Wortlos gingen wir an den Franchiseläden in den Nischen vorbei, die allesamt geschlossen waren, und ließen uns im Cafe in der Nähe der Feinkostabteilung nieder.
    Murphy hatte sich für einen Tisch entschieden, von dem aus sie die Tür im Auge behalten konnte, und ich setzte mich ihr gegenüber, um ihren Rücken zu decken. Sie holte uns zwei Becher Kaffee, gesegnet sei ihr edles Herz. Ich kippte Zucker und Kondensmilch in meinen Kaffee, bis Bröckchen an der Oberfläche schwammen, rührte um und trank einen Schluck, mit dem ich mir fast die Zunge verbrühte.
    »Sie sehen nicht gerade gut aus«, sagte Murphy.
    Ich nickte.
    »Wollen Sie darüber reden?«
    Zu meiner eigenen Überraschung wollte ich es. Ich stellte den Kaffee ab und begann ohne Einleitung: »Ich bin wütend, Murph. Ich kann nicht mehr richtig denken. Ich bin stocksauer.«
    »Warum?«
    »Weil ich erledigt bin, deshalb. Ganz egal, was ich tue, ich werde die Arschkarte ziehen.«
    Zwei Furchen erschienen zwischen ihren Augenbrauen. »Was meinen Sie damit?«
    »Es ist dieser Auftrag«, sagte ich. »Ich soll Reuels Tod untersuchen. Dabei stoße ich auf eine Menge Widerstand, und ich weiß nicht, ob ich mich dagegen durchsetzen kann. Aber wenn ich es nicht bis morgen Abend geschafft habe, dann geht es mir erst richtig an den Kragen.«
    »Ist der Klient nicht hilfsbereit?«
    Ich stieß ein bitteres Lachen aus. »Soweit ich weiß, tut die Klientin das mit mir, damit ich auf möglichst schreckliche Weise ums Leben komme.«
    »Dann trauen Sie ihr nicht.«
    »Nicht einmal so weit, wie ich sie mit einem Tritt befördern könnte. Die Leute, die mit mir zusammenarbeiten sollen, machen mich wahnsinnig.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich komme mir vor, als steckte ich in der Kiste eines Magiers, kurz bevor er die vielen Schwerter hineinstößt. Nur, dass es kein Trick ist, und die Schwerter sind echt und werden mich jeden Augenblick zerfetzen. Die bösen Jungs geben sich die allergrößte Mühe, mich auszulöschen oder hereinzulegen. Die guten dagegen glauben, ich sei eine Art psychische Zeitbombe, die jeden Augenblick hochgehen kann, und ich muss ihnen fast sämtliche Zähne ziehen, um auch nur eine klare Antwort zu bekommen.«
    »Sie glauben also, Sie sind in Gefahr.«
    »Ich weiß es«, bekräftigte ich. »Die Sache ist eine Nummer zu groß für mich.« Ich schwieg einen Moment und nippte an meinem Kaffee.
    »Na schön«, sagte Murph. »Warum wollten Sie mit mir sprechen?«
    »Weil die Leute, die mich eigentlich unterstützen sollten, drauf und dran sind, mich den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen. Und weil der Einzige, der mir wirklich hilft, so unerfahren ist, dass er ohne Babysitter ums Leben kommen könnte.« Ich stellte den leeren Becher ab. »Als ich mich dann fragte, wem ich überhaupt noch vertrauen kann, war die Liste verdammt

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