Feenzorn
hätte sie eher jemanden ausgesucht, der nicht so gut ist und weniger Erfahrung hat. Sie hätte sicher keinen so hartnäckigen Dummkopf wie Sie genommen.«
Ich sah Murphy finster an. »Ein Dummkopf bin ich nicht«, widersprach ich. »Ich bringe die Dinge nur gern zu Ende.« Murphy schnaubte. »Das Wort ›aufgeben‹ kennen Sie einfach nicht, Sie Trottel. Genau das meinte ich.«
»Ja, das ist wohl einleuchtend.«
»Was ist mit diesem Sommermädchen?«
Ich schnaufte. »Anscheinend hat es sie mitgenommen. Sie war freundlicher als jedes Feenwesen, das ich bisher getroffen habe. Sie hätte auch sehr ungehalten reagieren können, war jedoch ausgesprochen freundlich.«
»Was ist mit dem anderen Sterblichen? Dem Ritter des Winters?«
»Er ist ein gewalttätiger, bösartiger Heroinabhängiger. Ich kann mir gut vorstellen, dass er Reuel die Treppe hinunterwirft, aber er kann vermutlich nicht genug Magie aufbieten, um den Umhang zu stehlen. Er ist eher jemand, der impulsiv zuschlägt und Beute macht und erst hinterher darüber nachdenkt.« Ich schüttelte den Kopf. »Allerdings muss ich noch mit drei Feenwesen reden.«
»Mit der Königin des Sommers und den beiden Müttern.« Murphy nickte. »Wann werden Sie sie treffen?«
»Sobald ich weiß, wie ich es anfangen muss. Die Ladys stehen der Welt der Sterblichen recht nahe, sie sind nicht schwer zu finden. Die Königinnen und die Mütter leben jedoch im Feenland. Ich muss mir einen Führer besorgen und hinübergehen.«
»Einen Führer?«, fragte Murphy mit gerunzelter Stirn.
Darauf schnitt ich eine Grimasse. »Genau. Ich wollte es vermeiden, aber nun sieht es so aus, als müsste ich meiner Patentante einen Besuch abstatten.«
Die Falten auf ihrer Stirn vertieften sich. »Im Ernst? Sie haben eine Patentante im Feenland?«
»Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte ich. »Na schön, ich muss los. Wenn Sie vielleicht inzwischen…«
Auf einen Schlag erloschen alle Lampen im Supermarkt.
Mir blieb fast das Herz* stehen. Einen Moment später flammte die mit Batterien gespeiste Notbeleuchtung auf. Durch die Eingänge wallte silbergrauer Nebel in den Supermarkt. Eine erschrockene Kassiererin wurde als Erste erfasst und brach mit leicht geöffnetem Mund und leerem Blick zusammen.
»Guter Gott«, sagte Murphy leise. »Was ist hier los?«
Ich war schon aufgesprungen und schnappte mir den Salzstreuer von unserem und einen weiteren vom Nachbartisch. »Es gibt Ärger. Kommen Sie.«
19 . Kapitel
Zuerst versuchte ich, in einem Bogen die Ausgänge zu erreichen, doch auch durch sie drang der Nebel herein. »Verdammt! Dort kommen wir nicht hinaus.«
Als ein junger Mann zum Ausgang rannte, wurde Murphys Gesicht noch bleicher, als es ohnehin schon war. Kurz vor den Türen taumelte er und hielt mit verwundertem Gesicht inne, dann sah er sich fassungslos um und brach zusammen. »Guter Gott«, flüsterte sie, »was ist das?«
»Kommen Sie, wir müssen nach hinten.« Ich setzte mich in Bewegung. »Ich glaube, es ist ein Geistnebel.«
»Sie glauben es?«
Leicht ungehalten drehte ich mich zu Murphy um. »Ich habe noch nie einen gesehen, sondern bisher nur davon gehört. So ein Nebel verstopft Ihnen den Kopf, lässt Sie alles vergessen und verwirrt Ihre Gedanken. Es ist illegal.«
»Illegal?«, rief Murphy. »Wer sagt das?«
»Die Gesetze der Magie«, murmelte ich.
»Sie haben mir noch nichts über die Gesetze der Magie erzählt«, wandte Murphy ein.
»Wenn wir lebend hier herauskommen, werde ich es Ihnen erklären.« An Haushaltswaren und Saisonartikeln vorbei rannten wir durch einen langen Gang zum hinteren Teil des Supermarkts. Rechts lagen die Gänge mit Lebensmitteln. Schließlich blieb Murphy abrupt stehen, zerbrach das Glas eines Feuermelders und drückte auf den Knopf.
Hoffnungsvoll sah ich mich um, aber nichts geschah.
»Verdammt«, murmelte sie.
»Es war einen Versuch wert. Die Leute, die der Nebel erfasst hat, kommen übrigens wieder zu sich, sobald es vorbei ist, und wer auch immer dahintersteckt, er hat keinen Grund, ihnen etwas anzutun, wenn wir nicht in der Nähe sind. Wir müssen durch die Hintertür verschwinden.«
»Wohin sollen wir dann gehen?«
»Das weiß ich nicht«, gestand ich, während ich mich wieder in Bewegung setzte. »Aber jeder Ort ist besser als dieser, wenn die bösen Buben uns hier angreifen und hundert Geiseln nehmen können.«
»Okay«, stimmte Murphy zu. »Also sollten wir verschwinden.«
»Ich wette, die bösen Jungs
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