Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
Vom Netzwerk:
in bester Ordnung. Er lächelte, als sie durch den großen Torbogen am Fuß des Turms gingen.
    Sie starrte ihn erschrocken an. Er hatte tatsächlich auf dem allgemeinen Affinitätsband geantwortet! Was für ein grober Verstoß gegen die Etikette!
    Mosul bemerkte ihren Gesichtsausdruck und fragte wortlos nach dem Grund.
    – Das ist … begann sie, doch dann hielt sie erschrocken inne. Oenone! Sie hatte keine Verbindung zur Oenone! »Mosul! Sie ist verschwunden! Nein, warte – ich kann sie spüren, aber nur ganz schwach. Mosul, irgend etwas versucht die Affinität zu blockieren!«
    »Tatsächlich?« Sein Lächeln verwandelte sich in etwas, das sie konsterniert zurückschrecken ließ. »Keine Angst, kleine Syrinx. Zarte, wunderschöne kleine Syrinx, so weit weg von zu Hause. Ganz allein. Aber wir wissen das Geschenk zu schätzen, das du uns gebracht hast. Wir werden dich willkommen heißen in einer Bruderschaft, die den Edeniten unendlich überlegen ist.«
    Sie wirbelte herum, bereit zu fliehen – doch hinter ihr standen plötzlich fünf Männer. Einer von ihnen – sie ächzte erschrocken auf – sein Kopf war doppelt so groß, wie er eigentlich sein sollte. Seine Gesichtszüge waren eine ordinäre Karikatur: tief eingefallene, faltige Wangen, riesige, vogelähnliche Augen, eine gewaltige Nase mit einer messerscharfen Spitze, die bis über seine schwarzen Lippen herabhing, und spitz zulaufende Ohren, die bis über den Schädel hinausragten.
    »Wer bist du? Was bist du?« zischte Syrinx.
    »Stör dich nicht an dem alten Kincaid«, sagte Mosul. »Er ist unser Troll. Ein Maskottchen.«
    Es wurde heller. Flüssiges rotes Licht kroch über den Polyp der Insel, von der Sorte, die Syrinx mit der Duchess-Nacht auf Norfolk assoziierte. Ihre Beine fingen an zu zittern. Es war erbärmlich, sicher, aber sie fühlte sich so schrecklich allein. Niemals zuvor in ihrem Leben war sie aus der Gemeinschaft der Seelen ausgeschlossen gewesen, die das eigentliche Wunder des Edenitentums ausmachte. – Oenone! Der verzweifelte Hilferuf hallte in den Grenzen ihres Schädels wider, ohne ihn zu verlassen. – Oenone, meine über alles Geliebte! Hilf mir!
    Niemand antwortete. Nichts Zusammenhängendes, nichts, das sie wahrnehmen konnte, nichts Entzifferbares. Doch irgendwo auf der anderen Seite des blutig roten Himmels schrie ihr Voidhawk in gleicher Qual nach ihr. »Komm, Syrinx«, sagte Mosul. Er streckte die Hand nach ihr aus. »Komm mit uns.«
    Es war nicht Mosul, soviel wußte sie inzwischen.
    »Niemals!«
    »So tapfer!« sagte er mitleidig. »Und so grenzenlos dumm.«
    Sie war physisch stark, dafür hatten ihre Gene Sorge getragen – doch sie hatte es mit sieben Gegnern zu tun. Halb trugen und halb stießen sie Syrinx voran.
    Die Wände veränderten sich auf merkwürdige Weise. Nicht mehr Polyp, sondern Stein. Große Würfel, die in irgendeinem Steinbruch gehauen worden waren, und alt. Uralt, genauso, wie Syrinx es bei ihrem Anflug durch die Sensoren gesehen hatte. Wasser leckte aus dem kalküberkrusteten Mörtel und hinterließ Ablagerungen auf dem Stein.
    Sie stiegen eine Wendeltreppe hinunter, die immer schmaler wurde, bis nur noch einer von ihnen neben Syrinx gehen konnte. Der Ärmel von Syrinx’ Bordanzug war bald mit Wasser vollgesogen und fleckig von kaffeefarbenem Schimmel. Sie wußte, daß es nicht real war. Es konnte nicht real sein. Es gab kein »Unten« auf einer Atlantis-Insel. Nichts außer dem Meer. Und trotzdem rutschten ihre Füße auf der schlüpfrigen Treppe aus und schmerzten ihre Oberschenkel von der ungewohnten Anstrengung.
    Das rote Leuchten war hier in den tiefen Eingeweiden der Insel verschwunden. Knisternde, rußende Fackeln erhellten den Weg. Ihr beißender Rauch trieb Syrinx die Tränen in die Augen.
    Die Treppe endete in einem kurzen Korridor. Eine massive Eichentür wurde aufgerissen, und Syrinx wurde in den Raum dahinter gestoßen. Sie befand sich in einer mittelalterlichen Folterkammer.
    Im Zentrum des Raums stand ein großes hölzernes Gestell mit Eisenketten, die an jedem Ende um eine Walze gewickelt waren, mit offenen, wartenden Eisenringen an den Enden. Eine Streckbank. In einer Ecke stand ein eisernes Kohlenbecken, dessen Inhalt Hitzewellen aussandte. Langstielige Metallinstrumente waren hineingesteckt und glühten ebenfalls rot.
    Der Folterknecht selbst war ein riesiger Mann in einem ledernen Wams. Haarige Speckfalten quollen über den Bund seiner Schürze. Er stand neben dem Kohlenbecken und

Weitere Kostenlose Bücher