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Fehlfunktion

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Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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fast unangenehm war. Plötzlich verspürte Marjorie – trotz aller Sorgen wegen Boston – geradezu Freude. Ihre Tochter war also nicht mehr länger die lammfromme, unterwürfige Maus. Marjorie hätte am liebsten laut gejubelt. Ich frage mich nur, wo dieses unabhängige Selbstbewußtsein seinen Anfang genommen hat. Obwohl mir da ein ziemlich merkwürdiger Gedanke durch den Kopf geht. Joshua Calvert, wenn du auch nur einen Finger an meine Tochter gelegt hast …
    Grant Kavanagh stapfte energisch am Zug entlang und überzeugte sich, daß seine Truppen untergebracht und die Ausrüstungsgegenstände ordnungsgemäß verstaut waren. Seine Frau und die älteste Tochter warteten pflichtschuldig am Ende des Bahnsteigs. Beide waren traumhafte Frauen, insbesondere Marjorie.
    Warum nur gebe ich mich mit diesen kleinen Zigeunernutten ab?
    Louises Gesichtsausdruck war melancholisch. Verängstigt, aber bemüht, es nicht zu zeigen. Bemüht, es tapfer zu ertragen wie eine richtige Kavanagh. Was für eine wundervolle Tochter. Was für ein Vergnügen, sie heranreifen zu sehen. Obwohl sie ihm in den letzten Tagen ein wenig traurig erschienen war. Wahrscheinlich vermißt sie Joshua, dachte er vergnügt. Eine neuerliche Erinnerung, daß er wirklich bald darüber würde nachdenken müssen, wer von der Blutlinie her für sie der geeignete Ehemann war. Aber jetzt noch nicht. Nicht dieses Jahr. Ihr Lachen würde dieses Weihnachten noch durch Cricklade Manor hallen und sein Herz erwärmen.
    Er umarmte sie und sie schlang die Arme um seinen Leib. »Geh nicht, Daddy«, flüsterte sie.
    »Ich muß, Kind. Es ist nicht für lange.«
    Louise schniefte ergeben und nickte dann. »Ich verstehe.«
    Grant küßte seine Frau und ignorierte die Pfiffe und Hochrufe, die hinter seinem Rücken in den Waggons am Ende des Zuges erschallten.
    »Versuch bitte nicht, irgend etwas zu beweisen«, sagte sie in diesem gelangweilten, halb tadelnden Tonfall, der bedeutete, daß sie bis in ihr tiefstes Inneres verängstigt war. Also erwiderte er: »Selbstverständlich nicht, Liebes. Ich sitze einfach nur in meinem Kommandozelt und lasse die Jüngeren die Arbeit machen.«
    Marjorie legte den Arm um Louise, während sie dem ausfahrenden Zug hinterherwinkten. Der gesamte Bahnsteig wimmelte vor Frauen, die ihre Taschentücher schwenkten. Sie mußte fast lachen bei der Vorstellung, wie albern es für die Männer in den Waggons aussehen mußte. Aber sie lachte nicht, weil sie eine Kavanagh war, und weil sie mit gutem Beispiel vorangehen mußte. Außerdem hätte sie sonst vielleicht noch angefangen zu weinen, weil das alles so entsetzlich dumm und unsinnig war.
    Im klaren Himmel über ihr blitzten silberne Lichter auf. Das Geschwader der Konföderierten Navy änderte seine Formation und die orbitale Flugbahn, so daß Boston stets für mindestens eines ihrer Schiffe in Reichweite war.
     
    Dariat raffte seinen Mut zusammen, um Selbstmord zu begehen.
    Es war nicht leicht. Selbstmord war das ultimative Zugeständnis des Versagens und der Verzweiflung. Und seit der Rückkehr der Toten aus dem Reich der Leere war sein Leben richtiggehend inspiriert geworden.
    Er beobachtete das Pärchen auf seinem vorsichtigen Weg die stinkende Treppe des Sternenkratzers hinunter. Kiera Salter hatte es geschafft, den fünfzehnjährigen Knaben zu verführen. Andererseits – welcher junge Mann hätte Marie Skibbows Körper schon widerstehen können? Kiera hatte nicht einmal die Physiognomie verändern müssen, über die Maries Körper verfügte. Sie hatte lediglich einen malvenfarbenen Pullunder und einen kurzen himmelblauen Rock anziehen müssen und dann der Natur ihren freien Lauf gelassen, die das ihre mit den Hormonen des Jungen angestellt hatte. Genau wie bei Anders Bospoort.
    Die beobachtende Subroutine der Habitat-Persönlichkeit, die mit der Überwachung Horgans betraut war, floß durch die neuralen Zellen hinter den Polypwänden des Treppenhauses und breitete sich durch die umliegenden Sektoren aus, um mit den bereits existierenden Subroutinen des Habitats zu interferieren. Ein unsichtbarer, alles umfassender Schutzengel. Sie suchte nach möglichen Gefahren, nach einer Bedrohung. Horgan war ein weiterer der unzähligen Nachkommen Rubras. Verhätschelt, privilegiert und umsorgt, der Verstand leise und unauffällig in die richtigen akademischen Interessensphären dirigiert – und von einer Arroganz beseelt, die für einen so jungen Menschen schier atemberaubend war.
    Horgan besaß alle

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