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Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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in Augenschein nahm. In der Eile, genügend Baumaterial für die Scheibe und ihre Stützen zu gewinnen, war er zu einer flachen Lehmgrube verkommen. Das war der Ort, an dem sich die Brüter der Tyrathca versammelt hatten; mehrere tausend von ihnen umringten die Außenseite der gigantischen Skulptur. Sie saßen im Lehm auf ihren Hinterbeinen, die kurzen Antennen stolz in die Höhe gereckt, und pfiffen unablässig in einem langsamen Rhythmus die seltsame Melodie, die Kelly schon vorher bemerkt hatte. Es klang herzzerreißend, beinahe flehend – intelligente Wesen, die ohne Not angegriffen worden waren und nun zu ihrer Gottheit beteten.
    Kellys didaktische Erinnerung enthielt keinen Hinweise auf eine Religion der Tyrathca. Ein umfassenderes Suchprogramm in ihrer neuralen Nanonik behauptete, die Tyrathca besäßen keine Religion, und es gäbe auch keinen Hintergrund, der die Scheibe zu erklären vermochte.
    »Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich glatt sagen, sie beten«, verkündete Reza per Datavis.
    »Nun, es könnte sich um die lokale Abart einer Stadtversammlung handeln«, schlug Ariadne vor. »Vielleicht versuchen sie zu entscheiden, was sie wegen uns Wilden unternehmen sollen.«
    »Sie unterhalten sich aber über nichts«, warf Kelly ein. »Es ist eher ein Lied.«
    »Die Tyrathca singen aber nicht«, widersprach Reza.
    »Wozu soll diese Scheibe gut sein? Es gibt nirgendwo einen Eingang, jedenfalls nicht auf dieser Seite, aber die Scheibe ist definitiv hohl. Wenn sie massiv wäre, könnte sie unmöglich auf dieser dünnen Säule stehen. Irgendwie erinnert mich das Ganze an eine Karikatur. Ich kann keinerlei Hinweis finden, daß jemals etwas wie dieses Ding bei den Tyrathca gefunden worden wäre. Und warum bauen sie es ausgerechnet jetzt, bei allen Göttern, wenn sie sämtliche Arbeiter brauchen, um ihre Verteidigungsanlagen zu verstärken? Es muß jede Menge Ressourcen verschlingen, so eine Skulptur zu errichten.«
    Reza legte ihr die Hand auf die Schulter. »Sieht so aus, als könntest du ihnen die Frage in einer Minute selbst stellen.«
    Die Soldaten blieben stehen, als sie den inneren Ring von Wohntürmen erreicht hatten. Sämtliche Gebäude waren verschlossen, die Fenster mit schwarzen Kappen versperrt, die Türbögen mit Zement vermauert. Farbenprächtige Pflanzen hatten die Gärten überwuchert.
    Ein einzelner Brüter kam aus dem Park auf die drei Menschen zu. Kelly wußte nicht, ob männlich oder weiblich, auch nicht, als sie die Bilder in ihrer neuralen Nanonik zu Hilfe zog – weibliche Brüter waren angeblich ein wenig größer als männliche. Das Wesen war gut einen halben Meter größer als die Soldaten, der Schuppenpanzer einige Farbtöne heller, die Rückenmähne sauber gestutzt. Abgesehen von den stummeiförmigen schwarzen Antennen war das deutlichste Unterscheidungsmerkmal von den übrigen Kasten die Reihe kleiner Zitzen, die schlaff an seiner Kehle hingen wie leere Lederbeutel, und aus denen die niederen Kasten ihre chemisch kodierten Befehle tranken wie Kinder die Muttermilch, sowie die schlanken, ausgeprägten Finger, die den geschickten Werkzeugnutzer verrieten.
    Kelly bemerkte einen fast unsichtbaren dunstigen Film, der auf der Straße hinter dem Wesen kurz aufblinkte. Ultrafeiner Bronzepuder, ähnlich dem Staub auf einem irdischen Schmetterlingsflügel, fiel von den Seiten des Tyrathca herunter.
    Neben dem Soldaten mit dem Prozessorblock blieb der Brüter stehen. Sein äußerer Mund stülpte sich zurück, und das Wesen stieß einen langgezogenen Pfiff aus.
    Flötenmusik, dachte Kelly.
    »Ich Waboto-YAU«, übersetzte die synthetische Stimme des Prozessorblocks. »Verhandeln im Namen von Coastuc-RT mit euch.«
    »Mein Name lautet Reza Malin. Ich bin der Anführer des Kundschaftertrupps unter Vertrag der Lalonde-Entwicklungsgesellschaft.«
    »Ihr gekommen um Tyrathca helfen bei Verteidigung?«
    »Zuerst mußt du mir berichten, was geschehen ist, damit wir eine Vorstellung von dem haben, was uns erwartet.«
    »Gestern kommen Raumschiff Santa Clara. Fähre landen und bringen neue Tyrathca und neue Ausrüstung. Lange erwartet. Rygar-Ernte eingeladen. Dann Elementargeist- Menschen greifen an. Laufen Amok, stehlen Raumfähre. Keine Provokation. Kein Grund. Dreiundzwanzig Brüter getötet. Einhundertneunzig Vasallen getötet. Schwere Schäden. Ihr selbst sehen.«
    Reza fragte sich, wie er reagiert hätte, wenn Xenos eine menschliche Siedlung auf diese Weise angegriffen hätten. Würde er einer

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