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Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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und der Lufthauch ließ das zerbrechliche Gefährt bedenklich wanken, bevor das Geschoß dreißig Meter weiter in die Schneelilien krachte. Purpurner Rauch und zehn Meter hohe Magnesiumflammen schossen in den Himmel wie gigantische römische Kerzen.
    Chas drehte sich auf den Ellbogen um und blickte ungläubig auf das farbenprächtige Schauspiel. Die Schneelilien schienen rings um das kleine Boot zu schmelzen, und zum ersten Mal seit langer Zeit trieb es wieder auf klarem blauem Wasser. Jubelrufe und Pfiffe ertönten von dem am Ufer versammelten Mob. Er drehte sich erneut herum.
    Dort lag Durringham, oder das, was aus der Stadt geworden war. Weiße Türme und Zwiebelspitzen und erhabene Schlösser inmitten prächtiger hängender Gärten bildeten einen wunderbaren Hintergrund für die Armada, die vom Ufer her unterwegs war, um ihn einzusammeln. Er sah polynesische Kanus voller mit Blumengirlanden geschmückter Krieger, die ihre Paddel in das klare, saubere Wasser stießen, Ruder-Achter voller junger, kräftiger Männer, die unter den gebellten Befehlen des Schlagmanns schwitzten, Triremen, deren zahllose Riemen in makellosem Einklang arbeiteten, Wikingerboote in prächtigem Purpur und mit goldenen Segeln, Dhaus mit Lateinsegeln, die sich in der frischen Brise blähten, Dschunken, Sampans, Ketsche, Slups … und in vorderster Reihe stolz und schneller als alle anderen ein großer dreimastiger Freibeuter mit einer Besatzung in gestreiften Hemden, die sich an der Reling drängte. Ein Viertel von Durringhams Einwohnerschaft drückte sich an den Kais der runden Hafenbecken (die jetzt nicht mehr mit Polyp, sondern mit alten Steinen eingefaßt waren) und feuerten ihre Mannschaften in ausgelassener Stimmung an.
    Chas stockte der Atem beim Anblick dieses Schauspiels; der Alptraum, der tief in jedem menschlichen Gehirn schlummerte, war Wirklichkeit geworden: Die ganze Welt ist hinter mir her! Die ganze Stadt machte Jagd auf ihn, wollte ihn fangen, haßte ihn. Er war ihr neues Spielzeug, die Sensation des Tages.
    Sein Körper zuckte und bebte; die Implantate arbeiteten nur noch fehlerhaft. Unerträgliche Schmerzen aus seinem Bein durchbrachen die zusammenbrechenden analgetischen Blocks. »Ihr Bastarde!« brüllte er. »Ihr scheißefressenden Bastarde! Ihr werdet nicht mit mir spielen! Ich bin euer Feind, ich bin kein verdammter Witz! Ihr sollt mich fürchten! Fürchtet mich, gottverdammt!«
    Ein zierlicher Rauchring erschien vor dem Lauf einer der Kanonen des Freibeuters. Chas brüllte vor Wut und Angst und Schmerz.
    Die Kugel traf zehn Meter von seinem klapprigen Boot entfernt das Wasser und sandte eine kochende weiße Fontäne in die Höhe. Wellen breiteten sich ringförmig aus und brachten sein Boot ins Wanken.
    »Ihr Bastarde!« Es war nicht einmal mehr ein Flüstern. Adrenalin und Nerven waren nicht länger hilfreich. Chas hatte sämtliche Kraft verausgabt. »Ich werd’s euch zeigen! Ihr verdammten Freaks! Zombies! Mit mir ist nicht zu spaßen!« Irgendwo in weiter Ferne sang ein Sopranchor schwarze Hohelieder.
    Chas sandte per Datavis den Aktivierungskode in die Kilotonnen-Bombe, die an seinem Harnisch festgezurrt war. Die gute alte Bombe. Die ganze Zeit über hatte er die Bombe bei sich gehabt. Das wird ihnen das verdammte Lachen versalzen.
    Nichts geschah. Seine neurale Nanonik hatte sich abgeschaltet. Schmerz brannte in seinem Körper und hinterließ nichts als Taubheit. Seine Finger tasteten zittrig über das kleine manuelle Kontrollpaneel der Bombe und öffneten die Abdeckklappe. Sein Kopf fiel auf eine Seite, um der Bewegung zu folgen. Schließlich schaffte er es irgendwie, einen seiner optischen Sensoren zu fokussieren. Das Paneel der Bombe war dunkel. Tot. Es hatte versagt. Chas hatte versagt.
    Fast vergessene natürliche Tränendrüsen schütteten ihre letzten Tropfen aus, als er in äußerster Verzweiflung mit der Faust langsam auf den Boden schlug.
    Zwei der Triremen holten langsam auf den Freibeuter auf. Die ganze Sache schien sich zu einem Rennen zwischen den drei Führungsbooten zu entwickeln, obwohl eins der Kriegskanus nicht aufgeben wollte. Die Kämpfer hämmerten mit ihren Ruderblättern in das Wasser, und ihre Haut glänzte, als schwitzten sie Öl. Am Ufer, bei den Hafenbecken, durchmischten sich Lieder und Sprechgesänge aus fünf Jahrtausenden mit den anfeuernden Rufen der Zuschauer.
    Der Freibeuter feuerte eine weitere Kanonenkugel ab, um sein geschlagenes Opfer noch weiter zu demütigen.
    »Ihr

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