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Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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mit den taumelnden Wrackteilen.
    Die Geschosse benötigten acht Sekunden, um die vier Lebenserhaltungskapseln der Gramine zu erreichen. Für ein paar dürftige Sekunden flammte eine Reihe von Punkten oberhalb des Ringes auf, bevor das Vakuum sie genauso mühelos absorbierte, wie es das mit jeglichem menschlichem Müll tat.
     
    Im Innern des Haupthauses herrschten schlimmere Zustände, als Jay sie sich selbst in der Hölle vorgestellt hätte. Sie wollte keines der anderen Kinder mehr nach draußen lassen, deswegen mußten sie Eimer im kleinen zweiten Schlafzimmer benutzen, wenn sie auf die Toilette wollten. Der Geruch war gräßlich, und er wurde jedesmal schlimmer, wenn eines der Kinder die Tür öffnete. Was die Sache noch schlimmer machte war die Hitze, die einen Zenit erreicht hatte, der selbst für die Verhältnisse auf Lalonde beispiellos war. Sie hatten sämtliche Fensterläden sowie die Tür weit aufgerissen, doch die Luft stand bewegungslos im Raum. Die Balken des Blockhauses knarrten und knackten, als sie sich unter der Hitze dehnten.
    Die physischen Qualen waren schlimm genug, doch Jay fühlte sich außerdem elend allein und verlassen. Es war dumm; sie waren siebenundzwanzig Kinder, die so dicht an dicht in der Hütte untergebracht waren, daß sie sich nicht bewegen konnte, ohne eines von ihnen anzustoßen. Doch Jay wollte keine anderen Kinder, Jay wollte Vater Horst. Er war noch nie vorher so lange weggeblieben, hatte sie noch nie länger als einen halben Tag allein gelassen, und ganz bestimmt nicht über Nacht. Jay vermutete, daß Vater Horst sich genausosehr vor der Nacht fürchtete wie sie.
    All dieses Elend hatte angefangen, als die Raumschiffe im Orbit aufgetaucht waren und mit ihnen die rote Wolke. Gestern war das gewesen. Erst gestern.
    Eigentlich hätten sie sich freuen müssen. Die Rettung war endlich eingetroffen, die Marines der Konföderierten Navy würden kommen und sie von hier fortbringen und dafür sorgen, daß alles wieder war wie früher. Die langen, mühsamen, elenden Tage hier draußen in der Savanne waren vorüber.
    Die Vorstellung hatte ihr ein wenig Angst eingeflößt, weil sie wie jeder Mensch Trost in der Routine verspürte, selbst wenn es eine so schwere war wie hier in dem Siedlergehöft. Doch es spielte keine Rolle, das wichtigste war, daß sie Lalonde verlassen würde. Und niemand auf der Welt würde sie je wieder hierher zurückbringen, nicht einmal Mami!
    Sie hatten einen fröhlichen Morgen draußen im Freien verbracht und in der Savanne nach den ersten Anzeichen ihrer Retter Ausschau gehalten. Obwohl die rote Wolke ihnen nicht wenig Angst einflößte.
    Dann hatte Russ etwas beobachtet, von dem er behauptete, es sei eine Explosion gewesen, und Vater Horst war davongeritten, um sich die Sache anzusehen.
    »Ich bin in ein paar Stunden wieder zurück«, waren seine letzten Worte zu ihr gewesen, als er aufbrach.
    Sie hatten gewartet und gewartet. Und die rote Wolke war über den Himmel über ihnen geglitten und hatte diesen schrecklichen Donner mitgebracht, als würde sie eine Lawine von großen Felsbrocken vor sich herschieben.
    Jay hatte getan, was in ihrer Macht stand. Sie hatte Dienstpläne für die Kinder aufgestellt und das Essen organisiert. Dinge, die erledigt werden mußten, Dinge, um die anderen abzulenken und zu beschäftigen.
    Und immer noch war Vater Horst nicht wieder zurückgekehrt.
    Sie hatte nur an ihrer Uhr erkannt, daß es Nacht war. Sonst hätte sie es nicht gewußt. Sie hatten die Läden und die Tür geschlossen und verbarrikadiert, doch das Licht der roten Wolke war durch jeden Spalt und jede Ritze gedrungen. Es gab keine Flucht. Das Schlafen war schwierig; das Dröhnen und Grollen des Donners hatte ununterbrochen angehalten und die leiseren, höheren Geräusche der weinenden Kinder übertönt.
    Selbst jetzt noch hatten die Jüngeren Tränen in den Augen, und die Stimmung der Älteren war gedrückt. Jay lehnte am Fensterbrett und starrte auf die Savanne hinaus, in die Richtung, in der Vater Horst verschwunden war. Wenn er nicht sehr bald zurückkam, dann würde Jay die eigenen Tränen nicht mehr halten können, das wußte sie. Und dann wäre alles verloren.
    Ich darf nicht weinen.
    Doch dann, als das rote Licht vor neunzig Minuten verschwunden war, hatte sie ein eisiger Schrecken erfaßt. Jetzt trieben geisterhaft schwarze Wolken niedrig und lautlos über die Savanne dahin und überzogen alles mit einem traurigen Grau. Zuerst hatte Jay noch versucht, aus

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