Fehlfunktion
auf einer Bahre von Bord, während zwei Kinderschwestern sich um den plärrenden Shafi Banaji kümmerten. Wartungsfahrzeuge schoben Schläuche und Kabel in die Nabelanschlüsse des Besatzungstoroids und fluteten die Gänge und Kabinen mit frischer Luft. Der Lebenserhaltungstechniker der Ilex, Resenda, ließ die faule Luft, die sie während der Reise geatmet hatten, einfach ins All entweichen, und graue Gaswolken schossen aus dem Toroid, durchsetzt mit winzigen Wasserkristallen, die im Licht der starken Scheinwerfer funkelten und glitzerten, mit denen der Krater ausgeleuchtet wurde.
Nachdem der erste Bus davongefahren war, schob sich ein zweiter an die Luftschleuse heran. Eine Gruppe aus zehn Marines in Kampfanzügen, bewaffnet mit chemisch betriebenen Projektilgewehren, marschierte an Bord. Rhodri Peyton, der Captain der Schwadron, salutierte vor einem grenzenlos erschöpften, ungewaschenen und unrasierten Lieutenant Murphy Hewlett.
»Und das soll sie sein?« fragte er skeptisch.
Jacqueline Couteur stand in der Mitte des Korridors draußen vor der Luftschleuse, und Jeroen van Ewyck sowie Garrett Tucci hielten sie mit ihren Bradfields in Schach. Sie war noch schmutziger als Murphy, und das Karomuster ihres Hemds war unter der dicken Schicht aus getrocknetem Schlamm aus dem Dschungel fast nicht mehr zu sehen.
»Ich würde Ihnen gerne demonstrieren, zu was sie in der Lage ist«, entgegnete Murphy.
Kelven Solanki trat vor. »Schon gut, Murphy.« Er wandte sich zu dem Captain der Marines. »Ihre Männer werden sie ununterbrochen mit wenigstens zwei Waffen in Schach halten, Captain. Sie ist imstande, einen Effekt zu erzeugen, der ähnlich unserer elektronischen Kriegführung wirkt, und sie kann außerdem eine Art weißer Blitze schleudern. Versuchen Sie nicht, sie im Nahkampf zu besiegen. Sie ist durchaus imstande, Ihre Leute in Stücke zu reißen.«
Einer der Marines kicherte überheblich. Kelven besaß nicht mehr genügend Energie, um eine Diskussion mit dem Mann anzufangen.
»Ich gehe mit«, erbot sich Jeroen van Ewyck. »Ich muß meine Leute sowieso unterrichten, und ich gebe dem wissenschaftlichen Offizier die Informationen, die er braucht.«
»Und was braucht er?« fragte Jacqueline Couteur.
Rhodri Peyton drehte sich um und zuckte erschrocken zusammen. Anstelle der untersetzten, schmutzigen Kolonistin im mittleren Alter stand mit einemmal eine großgewachsene, schöne, zwanzigjährige Frau in einem Cocktailkleid vor ihm. Sie schenkte ihm einen stummen, flehentlichen Blick: die Jungfrau, die im Begriff steht, dem Drachen geopfert zu werden. »Helfen Sie mir«, hauchte sie. »Bitte! Sie sind nicht wie die da. Sie sind keine gefühllose Maschine. Sie wollen mich in ihre Labors verschleppen und mir dort weh tun. Lassen Sie das nicht zu!«
Garrett Tucci stieß ihr die Bradfield zwischen die Rippen. »Hör schon auf damit, Hexe!« befahl er.
Sie verdrehte sich wie eine AV-Projekion, die den Fokus verloren hatte, und dann stand wieder die alte Jacqueline Couteur vor ihnen, ein spöttisches Grinsen im Gesicht. Ihre Jeans und die karierte Bluse waren jetzt sauber und frisch gebügelt.
»Mein Gott!« ächzte Rhodri Peyton.
»Verstehen Sie jetzt, was Murphy gemeint hat?« fragte Kelven Solanki.
Die nervös gewordenen Marines eskortierten ihre Gefangene durch den Verbindungsschlauch in den Bus. Jacqueline Couteur setzte sich an eins der Fenster, und fünf Waffen waren auf sie gerichtet. Sie starrte regungslos auf die nackten Wände aus sterilem Fels, während der Bus durch den Krater zurück und in einen nach unten führenden Tunnel rollte, tief ins Innere des Asteroiden.
Der Leitende Admiral Samuel Aleksandrovich hatte seit dreiundfünfzig seiner dreiundsiebzig Jahre den Fuß nicht mehr auf seinen russisch-ethnischen Geburtsplaneten Kolomna gesetzt. Er war weder im Urlaub noch bei der Beerdigung seiner Eltern dort gewesen. Regelmäßige Heimatbesuche wären möglicherweise als unangemessen betrachtet worden, vor allem wegen der Tatsache, daß von den Berufsoffizieren der Konföderierten Navy erwartet wurde, sämtliche nationalen Bindungen abzulegen, sobald sie durch das Tor der Akademie marschierten. Für einen Leitenden Admiral jedoch hätte ein übermäßiges Interesse an seiner Heimat einen absolut inakzeptablen Bruch der diplomatischen Etikette bedeutet. Die Menschen hätten vielleicht noch verstanden, wenn er zu den Beerdigungen nach Kolomna geflogen wäre, aber das war auch schon alles. Und weil er
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