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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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in San Filomento
in der Toskana, und jetzt eben Spanien! Drei Wochen in der Sonne, und er sähe
aus wie ein Neger, glauben Sie mir!“
    Es war wie ein Schlag ins Genick. Unwillkürlich griff Chris mit einer
Hand an den Türrahmen, um zu verhindern, dass er die Stufen nach unten taumelte.
„Wir haben Hundehaare auf ihrer Kleidung gefunden. Schwarze Hundehaare!“ Von
irgendwoher kam Susannes Stimme wie ein Echo. „Sie waren beide so um die
sechzig. Halbglatze und Bauchansatz“, hörte er Karin aus einer anderen Ecke.
Ihm brach der Schweiß aus allen Poren, während sich in seinem Magen Müsli und
Obst vom Frühstück miteinander verknoteten. Einen Moment lang hatte er das
Gefühl, der Boden würde ihm unter den Füßen weggezogen.
    „San Filomento?“, echote er blöd.
    Der junge Eickboom schien nichts zu bemerken. „Ja!“, rief er fröhlich.
„Mein Vater liebt dieses Nest!“
    Müsli und Obst wurden zu einem schmerzenden Klumpen, als Chris den
Alten ansah. Er war wie versteinert. Eine Statue mit maskenhaftem Gesicht.
Starrte Chris an, wie der ihn anstarrte. Und in beider Augen stand eine
schreckliche Erkenntnis.
    Chris gab die Unterlagen hastig ab und verabschiedete sich überstürzt.
Ging steifbeinig die mit Kies belegte Einfahrt hinunter zu seinem Auto. Spürte
den Blick von Eickboom zwischen seinen Schulterblättern brennen.
    Er schaffte es mit dem Wagen bis zur übernächsten Kreuzung. Dann hielt
er an, öffnete die Fahrertür und kotzte Obst und Müsli auf die Straße.
    So sehr er sich auch später darum bemühte, er hatte nicht die
geringste Ahnung, wie er zum Gerichtsgebäude an der Luxemburger Straße gekommen
war. Er konnte sich nicht ein einziges Detail der Strecke ins Gedächtnis rufen,
keine rote Ampel und schon gar keinen Gedanken.
    Er fand sich auf dem Herrenklo des Amtsgerichts wieder, spülte sich
den Mund und hielt seine Handgelenke unter kaltes Wasser, bis es wehtat.
Fassungslosigkeit und Entsetzen rotierten in seinem Gehirn wie ein kreiselndes
Ungeheuer. Das konnte einfach nicht sein! Johannes Eickboom! Das war unmöglich,
ganz und gar unmöglich! Der Vorstandsvorsitzende und Hauptaktionär eines der
größten Arbeitgeber der Stadt! Einer, der eiskalt Mordaufträge erteilte? Der
seinen eigenen Anwalt umbringen lassen wollte? Warum? Was hatte ihn dazu
bewogen? Was hatte Chris getan vor ein paar Wochen, dass man ihm Viego auf den
Hals hetzte? Was hatten Lautmann und Tönnessen getan? Warum war deren
Todesurteil gefällt worden? War Eickboom der Liebhaber von Inge gewesen? Der
Vater ihres ungeborenen Kindes? Gleichzeitig ein fanatischer Sammler alter
Kameras?
    In Sekundenabständen wurde ihm heiß und kalt. Nein, er irrte sich.
Ganz sicher irrte er sich! Wenn nur dieser Blick nicht gewesen wäre. Genauso
erschüttert und bestürzt wie der seine. Das Wissen in diesen Augen.
    Weil sein Handy mal wieder zu Hause schlummerte, rannte Chris zwei
Minuten vor Prozessbeginn ins Foyer des Gerichtsgebäudes und enterte einen der
wenigen öffentlichen Fernsprecher, die es dort noch gab. Er wählte Susannes
Nummer, hörte nur das Besetztzeichen und kam völlig atemlos im Gerichtssaal an.

Vierunddreißig
     
    Karin hatte
nicht die geringste Chance.
    Sie suchte gerade alles zusammen, was sie für einen Tag im Fotoladen
brauchte, als es schellte. Sie rechnete mit dem Postboten oder der Nachbarin,
der sie gestern mit zwei Eiern ausgeholfen hatten, nicht aber mit einem  Mann,
der neben der Wohnungstür an der Wand gestanden haben musste, jetzt vorsprang
und ihr eine Pistole an die Kehle hielt.
    Seltsamerweise schien er beinahe so erschrocken wie sie selbst. Aber
er fasste sich schnell, schob sie rückwärts in die Wohnung und schloss die Tür
mit der linken Hand. Mit der rechten drückte er die Waffe hart an Karins Hals.
    Sie erkannte ihn sofort. In Sekundenbruchteilen setzte ihr
fotografisches Gedächtnis verschiedene Mosaiksteine zusammen. — Der zweite Mann
aus der Toskana! Sie wagte kaum zu schlucken, spürte das kalte Metall an ihrem
Kehlkopf.
    „Wo ist er?“, zischte er. „Wo ist Doktor Sprenger?“
    Als sie nicht antwortete, drückte er den Pistolenlauf noch ein wenig
fester an ihren Hals. „Er war vor einer Stunde bei mir. — Wo ist er jetzt?“
    „Bei Gericht“, würgte Karin heraus. Ihr Atem ging flach und stoßweise.
Sie konnte nicht ausweichen, fühlte im Rücken die Wand, vorn das kalte Metall.
Obwohl die Angst sie zu überfluten drohte, schaltete sie schnell. Wenn Chris bei
ihm gewesen

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