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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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nicht gemeint“, gab er verärgert zurück. „Sie ist
absolut nicht mein Typ!“
    Anne sagte nichts mehr dazu, sondern lud sich noch eine Portion
Pudding auf.

Elf
     
    Karin
versank beinahe an Achims Brust. Er war einen Kopf größer als sie und
entsprechend breit gebaut. Sein Geschäftspartner und Lebensgefährte Klaus stand
neben den beiden und trippelte nervös von einem Fuß auf den anderen. Er wollte
seine beste Freundin auch endlich umarmen. Als es dann soweit war, reckte er
sich und schmatzte ihr zwei dicke Küsse links und rechts auf die Wange. Er war
das genaue Gegenteil von Achim: Ein eher untersetzter Typ, der mit seinem
vollen, dunklen Haar ein wenig südländisch wirkte. Er war ganz eindeutig das
„Mädchen“ in der Beziehung, die „Tucke“. Und er tat nichts lieber, als mit
dieser Tuckigkeit zu kokettieren. Manchmal ging er Karin — und wahrscheinlich
nicht nur ihr — etwas auf die Nerven damit.
    „Ach, Mäuschen“, hauchte er zwischen den Küssen, „ist das schön, dich
zu sehen! Du musst uns gleich von den Plöner Seen erzählen! Ich bin ja so
neugierig, wie es war!“
    Achim Hagedorn und Klaus Pietsch waren die einzigen Menschen in Karins
Leben, die es wagen durften, sie „Mäuschen“ oder auch „Bernie“ zu nennen, ohne
sich ihren Zorn zuzuziehen. Sie hatten ihre Freundin vor ihrem
Lieblingsitaliener an der Berrenrather Straße erwartet, und Klaus hielt ihr nun
galant die Tür auf.
    „Morgen kommt die neue Trockenpresse“, erklärte er beim Hineingehen, „
und du darfst sie als erste ausprobieren, Bernie!“
    Karins Augen leuchteten auf. Die neue Presse! Das würde bei den vielen
Handabzügen, die sie trotz Digitalisierung noch machte, eine große
Arbeitserleichterung und Zeitersparnis sein. Sie hatte den halben Keller, der
zum Fotoladen der Jungs gehörte, gemietet, teilte sich mit ihnen die
Laborgeräte und löste sie alle ein, zwei Wochen für einen Tag im Geschäft ab,
damit sie mal Zeit für sich hatten.
    „Also, unsere Bernie sieht heut ein bisschen derangiert aus, findest
du nicht?“, fragte Klaus seinen Lebensgefährten, nachdem sie ihren reservierten
Tisch eingenommen hatten. Das kleine Lokal mit den rau verputzten Wänden und
den dunklen schweren Möbeln war jetzt bis auf den letzten Platz besetzt.
    Karin grinste müde. Derangiert — so konnte man es nennen, ja. Seit
dieser seltsame Anwalt gestern Mittag bei ihr aufgetaucht war, hatte sie keine
Ruhe mehr gefunden. Erst war sie wütend gewesen, denn ihr war nicht entgangen,
dass er ihr hinterherfuhr. Aber dann fragte sie sich, wie viel dieser Anwalt
wohl wusste. Auf dem Weg zur Kirche dachte sie immer nur: So ist das also!
Einmal in die Kacke getreten, und du stinkst dein Leben lang!
    Später jedoch setzte die Vernunft ein. Woher hätte dieser Sprenger es
wissen sollen? So schnell? Nie und nimmer! Wahrscheinlich war ihm wirklich nur
der Name in Inges Telefonregister aufgefallen. Dass sie in diesem Register
stand, konnte Karin ja noch nachvollziehen. Aber dass Inge nach ihr gerufen
hatte, war völlig daneben. Erst klaute sie die Hasselblad und dann das! Und wer
auch immer Inge so zugesetzt hatte, sie wollte damit nichts zu tun haben. Nein,
falsch! Sie steckte schon mitten drin. Das war ihr sofort klar gewesen, als
dieser Anwalt aufgetaucht war.
    Christian Sprenger. Oh ja, er sah verteufelt gut aus. Diese lässige
Eleganz, mit der er sich bewegte. Diese dunkelgrünen Augen, aus denen das Leben
nur so zu sprühen schien, die Funken schlugen. Sein verschmitztes Lachen. Wie
rot er geworden war, wie über und über rot!
    Doktor Christian Sprenger. Wie er wohl gerufen wurde? Chrissie? Oder
Chris? Chris, das klang gut. Irgendwie passte das zu ihm. Sie hätte ihn nicht
einfach so gehen lassen dürfen. Sie hätte fragen sollen, ob sie sich mal auf
einen Wein treffen oder sonst was. Aber sie war zu schüchtern gewesen. Teufel
auch: Karin Berndorf und schüchtern!
    Den ganzen Sonntag lang ertappte sich Karin immer und immer wieder
dabei, wie sie an ihn dachte. Und auch der Besuch der beiden Polizisten am
Morgen lenkte sie nur kurz ab. Sie stellten beinahe die gleichen Fragen, wie
Chris am Tag zuvor. Erwähnten mit keinem Wort die Vergangenheit von Karin. Sie
wussten es wohl nicht. Noch nicht! Aber bald würden sie auf ihre Akte stoßen,
und sie würden wiederkommen, das war so klar wie Kloßbrühe.
    Karin verdrängte ihre Befürchtungen schnell. Es war auch viel
angenehmer, an Chris zu denken, an seine Verlegenheit, an funkelnde

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