Feierlaune - Eine Facebook-Party
Rettungswagen schoben. Ein dritter Mann, wahrscheinlich der Arzt, hatte noch auf der Straße mit der Behandlung begonnen.
Polizisten hatten die Kreuzung abgesperrt und die Unfallspuren gesichert. Einer hatte mit Kreide die Stelle markiert, an der die Frau auf dem Asphalt gelegen hatte. Zwei andere hatten die sieben oder acht Leute befragt, die sich an der Unfallstelle einfanden. Ein vierter saß in dem Streifenwagen, der zuerst eingetroffen war, und gab Informationen an die Zentrale durch.
Inzwischen war hinter Dutzenden von Fenstern Licht angeschaltet worden. Florian und Mascha hatten hinter einem Gebüsch gekauert. Er hatte sich schrecklich gefühlt. Er hatte seinem Vater am Telefon versprochen, dass er nicht hinging und den Polizisten alles erzählte. Das war seinem Vater wichtig gewesen. » Halt dich einfach raus, Florian. Du kannst jetzt sowieso nichts tun.«
Er war nicht hingegangen. Er hatte sich rausgehalten. Aber jetzt war er sicher, dass das falsch gewesen war.
Ich hätte ihnen alles sagen sollen, dachte er.
Und während er es dachte, kam plötzlich ein kieksendes Geräusch aus seiner Kehle, und bevor er auch nur begriff, was mit ihm passierte, schluchzte er los.
Wegen der schwangeren Frau, dachte er.
Aber das war es nicht allein. Es war all das, was schiefgelaufen war in dieser Nacht. All das, was er nicht hatte verhindern können, weil er einfach nicht gewusst hatte, was er tun konnte, damit es aufhörte.
Er hatte sich so sehr gewünscht, mit Mascha zu schlafen. Aber es ging einfach nicht. Nicht jetzt jedenfalls.
Er lag da und ließ die Tränen einfach laufen. Es war ihm nicht einmal peinlich, dass er heulte. Auch das hätte er sich nun absolut nicht vorstellen können.
Dann merkte er, dass auch Mascha schluchzte. Sie lagen nackt in diesem Hotelbett und hielten sich in den Armen und weinten.
sechsundzwanzig
Dass er nicht allein im Bett lag, dass er Mascha in das Hotelzimmer mitgenommen hatte, schien seine Mutter am allermeisten aufzubringen.
Florian hatte sie nicht hereinkommen gehört. Erst als sie die Bettdecke wegriss, fuhr er hoch, zusammen mit Mascha.
Seine Mutter stand am Fußende des Bettes. So wütend hatte Florian sie noch nie gesehen. Sie war leichenblass und hatte kein Make-up aufgelegt.
» Zieht euch sofort an!«, befahl sie.
Sie redete kein weiteres Wort mit ihnen. Mit eisigem Blick sah sie zu, wie Florian und Mascha sich anzogen. Draußen am Polo wollte sie Mascha einfach stehen lassen. Aber Florian hielt Mascha die Tür auf und ließ sie einsteigen.
» Wer ist das überhaupt?«, fragte seine Mutter, während sie viel zu viel Gas gab.
» Meine Freundin«, sagte Florian. » Mascha.«
» Hat sie dir das alles eingebrockt?«
» Nein, hat sie nicht. Sie hat mir geholfen, dass es nicht noch schlimmer wird.«
» Nicht noch schlimmer…?« Seine Mutter lachte auf, aber es klang eher wie ein Krächzen. Ihre Augen waren stark gerötet und voller Wasser. Sie war völlig fertig.
Sein Vater war nicht da, als sie zu Hause ankamen. Florians Mutter schloss die Haustür auf. Sie schluchzte laut, als sie den Vorraum betraten. Oder das, was davon übrig geblieben war.
Jetzt bei Tageslicht sah alles noch viel schlimmer aus als in der Nacht.
Erschrocken starrte Florian auf das Lattengerüst an der Wand gegenüber der Eingangstür. Zwischen den Scherben auf dem Marmorboden befanden sich wimmelnde schwarze Haufen. Ganze Schwärme von Fliegen flogen auf, als Florians Mutter die Halle durchquerte, kehrten aber sofort wieder auf die Kotzflecken zurück. Die ganze Zeit schüttelte seine Mutter heftig den Kopf, als könne sie nicht wirklich glauben, was sie da sah.
Stumm folgten Florian und Mascha ihr in das total verwüstete Wohnzimmer. Vom Pool her wehte ein säuerlicher Gestank durch die weit geöffnete Glastür herein.
Er sah, wie Mascha sich mit offenem Mund umschaute. Sie war genauso erschrocken wie er.
Draußen hupte jemand.
Sie gingen wieder hinaus. Vor dem Büroeingang stoppte ein weißer Lieferwagen ohne jede Aufschrift. Florians Vater stieg aus.
Florian hob unwillkürlich die Arme, um sein Gesicht zu schützen. Er war sicher, dass sein Vater ihm eine feuern würde. Er hätte das sogar verstanden. Vielleicht wäre er ihm sogar dankbar gewesen. Manchmal war eine Ohrfeige besser als alles andere. Ein Schlusspunkt eben. Man musste nicht länger darauf warten, was passieren würde.
Aber sein Vater schlug ihn nicht. Er schien überhaupt nicht daran zu denken. Er wirkte nicht einmal
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